Christophe Castaner
APA/AFP/Eric Feferberg
Messerattacke in Paris

Innenminister gerät unter Druck

Nach dem Messerangriff in der Pariser Polizeipräfektur gerät nun Frankreichs Innenminister Christophe Castaner unter Druck. Einige Oppositionspolitiker warfen ihm zuletzt Vertuschung vor. Auch eine Befragung von Parlamentariern kommende Woche steht im Raum. Konkret geht es um die Frage, wie Sicherheitsdienste die Radikalisierung des Täters übersehen konnten. Castaner räumte diesbezüglich nun Fehler ein.

Es habe offensichtlich Schwachstellen gegeben, sagte Castaner am Sonntag in einem Interview mit dem Fernsehsender TF1. Forderungen nach seinem Rücktritt als Minister wies er zurück. Diese Frage stelle sich nicht, so Castaner. Es müsse nun daran gearbeitet werden, wie Radikalisierung besser erkannt werden könne. Der Innenminister betonte, dass es in der Akte des 45 Jahre alten Polizeimitarbeiters keine Hinweise auf Verhaltensauffälligkeiten gegeben habe.

Oppositionspolitiker hatten dem Innenminister zuvor vorgeworfen, kurz nach der Tat am Donnerstagnachmittag nicht die Wahrheit über eine bekannte mögliche Radikalisierung des Tatverdächtigen gesagt zu haben. Er habe nach dem Bekanntwerden weiterer Details um Erklärungen gebeten, sagte Castaner im Interview.

Christophe Castaner
AP/Kamil Zihnioglu
Castaner wird vorgeworfen, die Wahrheit zurückgehalten zu haben

„Wenn es Fehler gab, müssen sie geahndet werden“

Der mutmaßliche Angreifer hatte sich den Anti-Terror-Ermittlern zufolge 2015 gegenüber einem Kollegen zustimmend zu dem islamistischen Attentat auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ geäußert, bei dem zwölf Menschen getötet wurden. Das sei aber nicht gemeldet und vermerkt worden, sagte Innenminister Castaner. „Wenn es Fehler gab, müssen sie korrigiert werden. Wenn es Fehler gab, müssen sie geahndet werden.“

Innenminister Castaner schlug in dem Interview zudem eine Erhöhung der Sicherheitsmaßnahmen in der Polizeipräfektur vor. Polizisten würden nicht durchsucht, wenn sie in das Präsidium zurückkehrten, so der Minister. Das müsste verstärkt werden.

Der Minister werde in den kommenden Tagen von vier Abgeordneten der Nationalversammlung und vier Senatoren zu der Messerattacke befragt, berichtete unterdessen der Fernsehsender BFM TV am Sonntag in Berufung auf Parlamentskreise. Die Anhörung soll unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden.

Geheimdienste werden geprüft

Auch Premierminister Edouard Philippe schaltete sich am Sonntag in der Causa ein. Er habe die Geheimdienstaufsicht gebeten, eine eingehende Überprüfung der Aufdeckung und Behandlung von Radikalisierungsprozessen in allen an der Terrorismusbekämpfung beteiligten Geheimdiensten durchzuführen, erklärte Philippe auf Twitter.

Die Prüfung solle zeigen, ob die Erkennungs- und Meldewerkzeuge in der Geheimdienstabteilung der Polizeipräfektur vorhanden waren und funktionierten, so Philippe. Ein „Nullrisiko“ gebe es nie, schrieb der Premier. „Aber wir müssen immer die Maschen des Netzes enger machen.“

Angreifer war Anhänger des radikalen Islam

Der Polizeimitarbeiter hatte am Donnerstag vier seiner Kollegen in der Polizeipräfektur der französischen Hauptstadt mit einem Messer getötet und war dann erschossen worden. Laut Ermittlern hatte der 45-Jährige Kontakt zu mutmaßlich salafistischen Kreisen und war vor rund zehn Jahren zum Islam konvertiert. Auch habe er den Wunsch geäußert, Kontakte zu Frauen einzuschränken, und vor einigen Monaten seine Bekleidungsgewohnheiten geändert.

In den Stunden vor der Tat habe er zudem 33 religiöse Nachrichten mit seiner ebenfalls muslimischen Ehefrau ausgetauscht, wie am Samstag bekannt wurde. Die Attacke erwähnte der Mann, der nach Angaben des Chefermittlers bei der Tat mit extremer Gewalt vorgegangen war, jedoch nicht explizit in den Nachrichten.

Die Ehefrau des Tatverdächtigen ist am Sonntag nach drei Tagen in Polizeigewahrsam wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Gegen die Frau würden zunächst keine weiteren rechtlichen Schritte eingeleitet, hieß es seitens der Polizei. Die 38-Jährige war am Donnerstag kurz nach der Messerattacke festgenommen worden.