US-Botschafter bei der EU Gordon Sondland
APA/AFP/Daniel Mihailescu
Ukraine-Affäre

Maulkorberlass für US-Spitzendiplomaten

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hat die Aussage eines Topdiplomaten in der Ukraine-Affäre blockiert. Der US-Botschafter bei der EU, Gordon Sondland, war für Dienstag unter anderem von dem Vorsitzenden des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus für eine Anhörung vorgeladen worden. Die Begründung für den Maulkorberlass lieferte Trump auf dem Kurznachrichtendienst Twitter.

Sondland würde leider vor einem „komplett korrupten Gericht“ aussagen, das den Republikanern ihre Rechte genommen habe und wo wahre Tatsachen für die Öffentlichkeit nicht zugänglich seien, verteidigte Trump die Entscheidung. Die oppositionellen Demokraten, die derzeit Untersuchungen für ein mögliches Amtsenthebungsverfahren gegen Trump durchführen, bewerten das als Behinderung ihrer Ermittlungen.

„Zentraler Zeuge“

Sondland sei ein „zentraler Zeuge“ bei der Aufklärung der Vorwürfe gegen Trump, sagte der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, der Demokrat Adam Schiff, in Washington. Das Außenministerium halte auch Textnachrichten und E-Mails Sondlands zurück. Die Verweigerung der Aussage und der Dokumente werde „als weiterer starker Beweis für die Behinderung der verfassungsmäßigen Aufgaben des Kongresses“ gewertet. Schiff kritisierte, Trump und Außenminister Mike Pompeo würden die Kongressabgeordneten daran hindern, die Fakten zu recherchieren, die zum Schutz der nationalen Sicherheit notwendig seien.

US-Präsident Donald Trump und der US-Botschafter bei der EU Gordon Sondland
AP/Pablo Martinez Monsivais
Trump und Sondland bei einem Besuch in Brüssel im Vorjahr

„Tief enttäuscht“

Der Botschafter selbst nahm zur Entscheidung der Trump-Regierung über seinen Anwalt Stellung: Sondland sei „tief enttäuscht“ darüber, dass das US-Außenministerium ihm die (…) Aussage verwehrt habe, teilte Sondlands Anwalt Robert Luskin in New York mit. Sondland hatte sich zu einer freiwilligen Aussage in der Kongresskammer bereiterklärt.

Zu den Gründen für die Absage des Termins durch das State Department äußerte sich Sondlands Anwalt nicht konkret. Laut Luskin will Sondland aber nach Möglichkeit zu einem späteren Zeitpunkt aussagen. Der Botschafter hoffe, dass die vom Außenministerium genannten „Angelegenheiten“, die eine Aussage zum jetzigen Zeitpunkt verhinderten, „bald gelöst“ werden könnten.

Die kurzfristige Absage von Sondlands Aussage verschärft die Konfrontation zwischen der Trump-Regierung und den Demokraten – bereits in den vergangenen Tagen hatten sich das Weiße Haus und das Außenministerium geweigert, Unterlagen zur Ukraine-Affäre an die mit der Untersuchung befassten Ausschüsse des Repräsentantenhauses herauszugeben.

Trump wollte kompromittierendes Material über Biden

In der parlamentarischen Untersuchung geht es um Trumps Bestrebungen, sich aus der Ukraine möglicherweise kompromittierendes Material über seinen innenpolitischen Rivalen Joe Biden zu beschaffen. Sondland war an diesen Bestrebungen beteiligt, wie in der vergangenen Woche veröffentlichte Textnachrichten dokumentieren. Er kommunizierte darüber mit dem inzwischen zurückgetretenen Ukraine-Sondergesandten Kurt Volker und dem US-Geschäftsträger in Kiew, Bill Taylor.

Sondlands Anwalt erklärte nun, der Botschafter sei überzeugt, „jederzeit im besten Interesse der Vereinigten Staaten“ gehandelt zu haben. Er sei vor der Absage seiner Aussage bereits aus Brüssel nach Washington gereist, um im Repräsentantenhaus zu erscheinen. Der Botschafter sei weiterhin bereit, dort auch zu einem kurzfristig angesetzten Termin auszusagen. Die Fragen des Ausschusses wolle er „vollständig und wahrheitsgemäß“ beantworten.

Demokraten orten Amtsmissbrauch

Die Demokraten beschuldigen Trump, durch seine Bemühungen um ukrainisches Material über den demokratischen Präsidentschaftsbewerber und früheren Vizepräsidenten Biden sein Amt missbraucht zu haben. Biden führt seit Monaten die Umfragen zu den Anwärtern auf die Kandidatur gegen Trump bei der Wahl im November 2020 an.

Trump verdächtigt Biden und dessen Sohn ohne Präsentation irgendwelcher Belege, in Korruptionsvorgänge verwickelt gewesen zu sein. Biden soll als Vizepräsident seinen Sohn vor ukrainischen Korruptionsermittlungen geschützt haben, indem er die Absetzung des damaligen ukrainischen Generalstaatsanwalts betrieb.

Bidens Sohn Hunter saß jahrelang im Verwaltungsrat einer ukrainischen Gasfirma. Die ukrainische Justiz hat Hunter Biden aber nie unter Korruptionsverdacht gestellt. Die Absetzung des Generalstaatsanwalts Viktor Schokin erfolgte nicht nur auf Drängen Bidens, sondern auch anderer europäischer Regierungen und des Internationalen Währungsfonds (IWF) – mit der Begründung, dass dieser nicht entschlossen genug gegen die Korruption vorgegangen sei.