Macron erhöht nach Goulard-Debakel Druck auf von der Leyen

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erhöht nach dem Debakel um seine EU-Kommissionskandidatin Sylvie Goulard den Druck auf Ursula von der Leyen: Macron sagte heute in Paris, die EU sei in eine „politische Krise“ geraten und brauche nun eine „starke Kommission“. Der Präsident hatte die künftige deutsche Kommissionspräsidentin zuvor für das Scheitern Goulards im Europaparlament verantwortlich gemacht.

„Ich halte eine starke Kommission für unerlässlich, die ehrgeizige Projekte voranbringen kann“, sagte Macron vor einem Treffen mit dem ungarischen Regierungschef Viktor Orban im Elysee-Palast. Macrons frühere Verteidigungsministerin Goulard sollte das Ressort Industrie und Binnenmarkt in der EU-Kommission übernehmen, die zuständigen Ausschüsse im Europaparlament lehnten die 54-Jährige jedoch gestern ab.

Macron gibt von der Leyen Schuld

Macron machte daraufhin von der Leyen für die Niederlage verantwortlich. Er gab an, sie selbst habe auf Goulard bestanden, die sie aus ihrer Zeit als Verteidigungsministerin kannte, und ihm die Zustimmung des Parlaments versichert. In Brüssel und Paris laufen Ermittlungen gegen Goulard in einer Scheinbeschäftigungsaffäre, in Frankreich musste sie ihren Ministerposten deshalb niederlegen.

Macron will von der Leyen mit den Worten gewarnt haben: „Achtung, (…) das gibt Diskussionen.“ Eine Kommissionssprecherin in Brüssel sagte dazu, sie könne die Angaben des Präsidenten „weder bestreiten noch bestätigen“.

Presse: Schwere Niederlage für Macron

Die französische Europastaatssekretärin Amelie de Montchalin warnte von der Leyen, dass die neue Kommission ihre Arbeit nun womöglich nicht wie geplant zum 1. November aufnehmen könne. „Ursula von der Leyen muss uns sagen, was sie von Frankreich erwartet“, forderte de Montchalin.

In der französischen Presse wird das Aus für Goulard als schwere Niederlage für Macron gewertet. Die konservative Zeitung „Le Figaro“ schrieb von einer „kalten Dusche“ für den Präsidenten, die linksgerichtete „Liberation“ von einer „Schmach“ für Macron. Es ist das erste Mal, dass ein französischer Kommissionskandidat im Europaparlament durchfällt. Als Alternative zu Goulard wird in Paris die amtierende Verteidigungsministerin Florence Parly gehandelt.