Umbettung des General Francisco Franco
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Spanischer Diktator

Franco im „Tal der Gefallenen“ exhumiert

Der spanische Diktator Francisco Franco ist fast 45 Jahre nach seinem Tod und unter den Protesten Hunderter Anhänger aus dem Grab geholt worden. Die streng abgeschirmte Exhumierung Francos (1892–1975) fand am Donnerstag im Mausoleum im „Tal der Gefallenen“ nordwestlich von Madrid statt.

Der Leichnam wurde per Hubschrauber zum Friedhof El Pardo-Mingorrubio am Nordrand der Stadt gebracht, die Exhumierung von Demonstrationen von Anhängern und Anhängerinnen des faschistischen Diktators begleitet. Viele Menschen riefen immer wieder „Viva Franco!“ und hoben den rechten Arm zum faschistischen Gruß.

Auf Livebildern des spanischen Fernsehens war zu sehen, wie acht Angehörige den mit einem Blumenkranz und einem Banner mit dem Familienwappen geschmückten Sarg des verstorbenen Diktators zu einem Bestattungswagen trugen. „Es lebe Spanien, es lebe Franco!“, riefen die Angehörigen. Unter ihnen befand sich auch sein Urenkel Louis de Bourbon, ein entfernter Cousin des spanischen Königs Felipe VI.

22 Familienmitglieder Francos anwesend

Bei der Exhumierung durften 22 Mitglieder der Familie Franco und Justizministerin Dolores Delgado anwesend sein. Zunächst musste dafür eine 1,5 Tonnen schwere Steinplatte gehoben werden, unter der der Machthaber begraben war. Der marode Sarg wurde dann zunächst gesichert und anschließend hochgewuchtet. Auf Wunsch der Angehörigen sollte Franco trotz Schäden im gleichen Sarg umgebettet werden, in dem er seit November 1975 ruhe, hieß es unter Berufung auf Regierungskreise.

Auf dem Friedhof El Pardo-Mingorrubio wurde Franco dann unter Ausschluss der Öffentlichkeit in einem Familiengrab neben seiner 1988 verstorbenen Frau Carmen Polo beerdigt – nach einer Messe unter Leitung des Priesters Ramon Tejero. Der Geistliche ist der Sohn des Oberleutnants Antonio Tejero, der 1981 einen fehlgeschlagenen Putsch in Spanien angeführt hatte.

Umbettung zugestimmt

Die Umbettung wurde von Francos Familie heftig bekämpft und von rechtsgerichteten Kreisen scharf kritisiert. Sie fand zu einem heiklen Zeitpunkt statt, wird doch am 10. November in Spanien ein neues Parlament gewählt. Beobachter und Beobachterinnen erwarten, dass die rechtspopulistische Partei Vox (Stimme), die bereits durch die jüngste Eskalation im Katalonien-Konflikt im Aufwind ist, durch die Kontroverse um Franco weiteren Zulauf erhalten könnte.

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Umbettung des General Francisco Franco
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Die Überreste des spanischen Diktators Francisco Franco wurden am Donnerstag exhumiert
Umbettung des General Francisco Franco
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Der Sarg wurde mit einem Hubschrauber zum Friedhof El Pardo-Mingorrubio am Nordrand von Madrid transportiert
Umbettung des General Francisco Franco
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Der Sarg wurde von Familienmitgliedern getragen
Umbettung des General Francisco Franco
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Die Familie hatte sich zuvor juristisch gegen die Umbettung gewehrt
Angehörige des General Francisco Franco
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Über Jahre zog sich die Debatte. Schon 2011 sprachen sich Experten für eine Umbettung aus.
Vorbereitungen für die Umbettung
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Die Sicherheitsvorkehrung vor dem Mausoleum Francos wurden verstärkt
Mausuleum im Tal der Gefallenen
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Mit der Umbettung will die Regierung den Wallfahrten von Rechtsextremen zum Mausoleum ein Ende bereiten
Mausuleum im Tal der Gefallenen
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Francos Grab befand sich unter einem 155 Meter hohen Betonkreuz in einem gigantischen Mausoleum

Der sozialistische Ministerpräsident Pedro Sanchez hatte nach seiner Amtsübernahme im Juni 2018 angekündigt, die Gebeine an einen anderen Ort bringen zu lassen. Francos Familie wollte nur einer Bestattung in einem familieneigenen Grab in der Madrider Almudena-Kathedrale zustimmen. Das lehnte die Regierung strikt ab, weil sie das Gotteshaus nicht zum Pilgerort für Franco-Anhänger und -Anhängerinnen machen wollte. Das Oberste Gericht in Madrid stimmte der Umbettung im September zu.

Mausuleum im Tal der Gefallenen
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Das Mausoleum im „Tal der Gefallenen“: Francos Grab wurde im Beisein seiner Familie geöffnet

Franco hatte Spanien nach dem Sieg gegen die legitime Regierung im Bürgerkrieg (1936–1939) fast vier Jahrzehnte mit harter Hand regiert. Der von ihm zum Nachfolger eingesetzte König Juan Carlos II. leitete ab 1975 den Übergang zur Demokratie ein. Ein radikaler Bruch mit der faschistischen Vergangenheit wurde dabei um des Friedens willen vermieden. So blieb das „Tal der Gefallenen“ bis heute zum Ärger vieler Opfer der Franco-Herrschaft eine Pilgerstätte für Ewiggestrige.

Angehörige des General Francisco Franco
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Die Nachfahren Francos, die juristisch gegen die Umbettung vorgingen, vor der Exhumierung der Überreste des Diktators

Francos Grab befand sich unter einem 155 Meter hohen Betonkreuz in einem gigantischen Mausoleum. Dieses war nach dem Sieg Francos im Spanischen Bürgerkrieg in einer Bauzeit von fast zwei Jahrzehnten von 20.000 republikanischen Zwangsarbeitern in den Fels getrieben worden. Neben Franco sind dort Zehntausende Kämpfer und Soldaten beider Seiten begraben.

Jahrelanger Streit um Exhumierung

Die Umbettung ist ein Ergebnis jahrelanger Debatten. Schon 2011 gab eine Expertenkommission die Empfehlung ab, Franco aus dem „Tal der Gefallenen“ zu entfernen. Die Anlage nördlich von Madrid solle in eine Gedenkstätte für die Opfer des spanischen Bürgerkriegs umgewandelt werden, hieß es in einem extra dafür veröffentlichten Bericht. Die damalige Regierung hatte in Aussicht gestellt, sich an die Empfehlungen der Kommission zu halten. Doch der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy lehnte die Umbettung ab.

Vorbereitungen für die Umbettung
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Für die Exhumierung wurden einige Sicherheitsvorkehrungen getroffen

Richtig Schwung nahm die Causa 2017 wieder auf. Das Parlament hatte einen Entschließungsantrag der Sozialisten (PSOE) zur Umbettung angenommen. Die Abgeordneten der konservativen Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Rajoy enthielten sich der Stimme. Zwar war die damalige Minderheitsregierung nicht verpflichtet, dem Antrag Folge zu leisten, aber das Thema war wieder an der Tagesordnung. 2018 kündigte die neue sozialistische Regierung die Umbettung an.

Weiterhin dauerte es Monate, bis der Vorgang offiziell in die Wege geleitet wurde. Man gab der Familie Francos 15 Tage lang Zeit, um zu entscheiden, wo die Gebeine nach der Entfernung aus dem Mausoleum beerdigt werden sollen. Eine Familiengruft in der Madrider Almudena-Kathedrale lehnte die Justizministerin Delgado ab. Zu groß sei die Gefahr, dass eine neue Pilgerstätte für Rechtsextreme und damit ein Sicherheitsrisiko entstehe.

Scharfe Kritik und keine Aufarbeitung

Aber nicht nur Rechtsextreme und die Enkel des Diktators zogen in den vergangenen Jahren gegen die Pläne von Sanchez zu Felde. Auch Vertreter der Kirche und konservative Politiker erhoben Protest. Pablo Casado, Chef der Volkspartei (PP), bezeichnete es als „unverantwortlich, bereits geheilte Wunden wieder aufzureißen“. Die einflussreiche rechte Tageszeitung „ABC“ sprach von „Revanchismus“.

General Francisco Franco
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Diktator Francisco Franco regierte Spanien vier Jahrzehnte lang. Eine richtige Aufarbeitung gibt es bis heute nicht.

Eine echte Aufarbeitung der Vergangenheit, der Unterdrückung großer Bevölkerungsteile während der Diktatur hat es in Spanien bis heute nicht gegeben. Auch nach dem Tod des Generals im November 1975 war es in Spanien nahezu tabu, über Franco und die Diktatur zu sprechen. Es war eine Art stillschweigender Pakt, der dazu beitragen sollte, den Prozess der Demokratisierung möglichst konfliktlos zu bewältigen. Nach dem Amnestiegesetz von 1977 blieben die schrecklichen Verbrechen der Diktatur ungestraft.

Den 43. Todestag des „Caudillo“, des „Führers“, begingen Anhänger am 20. November vorigen Jahres unter anderem mit zahlreichen katholischen Messen im ganzen Land. Vor einer Kirche an der Madrider Nobel-Shoppingmeile Calle Serrano hoben viele ungeniert den rechten Arm zum Nazigruß und sangen Hymnen des Regimes. Dabei erklangen Rufe wie „Viva Franco!“ und „Viva Espana!“.