Van der Bellen nahm in seiner Rede auch auf die seit Monaten beklagte Unterfinanzierung des Bundesheeres Bezug. Das Heer trage wesentlich zur Gewährleistung der staatlichen Souveränität, zum Schutz der Bevölkerung und zur staatlichen Handlungsfähigkeit bei. „Diese Fähigkeiten müssen durch ausreichende Ressourcenzuweisung gewährleistet werden.“ Die Soldaten würden die bestmögliche Ausrüstung verdienen.
Der längere Teil seiner Rede drehte sich aber um die aktuelle Innenpolitik. „Wir haben ein ereignisreiches politisches Jahr hinter uns“, sagte er mit Blick auf den „Ibiza-Skandal“, den Misstrauensantrag und die Einsetzung der Expertenregierung. Die Situation sei eine „Prüfung der Bundesverfassung“ gewesen, die allerdings den Weg aus der Krise gewiesen habe. „Heute am Nationalfeiertag können wir ein wenig stolz darauf sein“, so Van der Bellen.
Gemeinsame Lösung
Der neuen Bundesregierung stehe eine Handvoll von Herausforderungen bevor, so Van der Bellen – etwa die Klimakrise, ein sorgfältiger Umgang mit Sicherheit und Justiz, innovationsfördernde Maßnahmen und Weltpolitikfähigkeit Europas und die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau. Im Licht der Regierungsverhandlungen forderte er die Parteien dazu auf, „eine im besten Sinne des Wortes österreichische Lösung“ zu finden – nämlich eine gemeinsame.
„Wir leben in einer unruhigen Welt, auch in unserer Nachbarschaft. Ein Blick in den Osten genügt“, so Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein in ihrer Rede. Das Heer komme seinen Aufgaben seit Jahrzehnten nach. Sie bat die Rekrutinnen und Rekruten aber, sich nicht nur für die Sicherheit des Landes einzusetzen, sondern auch für die „Vitalität unserer Demokratie“. „Hören Sie einander zu und gehen Sie aufeinander ein“, so Bierlein, die auch die verbindenden Werte der EU lobte. Nur ein starkes Europa könne ein Garant für den Frieden sein.
Warnung vor Cyberangriffen, Blackouts und Co.
Ein erneuter Ruf nach einer besseren Finanzierung kam von Verteidigungsminister Thomas Starlinger. Er warnte vor zeitgenössischen Bedrohungen wie Cyberangriffen, Blackouts im Stromnetz, einen militärisch organisierten Terrorangriff und Drohnenangriffen. Doch: „Das Bundesheer ist schon heute nicht mehr in der Lage, die Österreicherinnen und Österreicher entsprechend zu schützen.“
Traditionelle Feierlichkeiten am Nationalfeiertag
Die Leistungsschau des Bundesheeres hat zahlreiche Besucher auf den Wiener Heldenplatz gelockt. Viele nutzten auch den Tag der offenen Tür im Parlament, im Bundeskanzleramt und in der Präsidentschaftskanzlei.
Auch der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig betonte die Relevanz des Bundesheers zur Erhaltung des Friedens und im Katastrophenschutz. Der Nationalfeiertag sei eine gute Gelegenheit, den Soldatinnen und Soldaten Danke zu sagen. Auch er äußerte einen Appell für bessere Finanzierung: „Die Politik hat auch die Verantwortung, die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung zu stellen“, so Ludwig.
Festansprache des Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen
Der Bundespräsident resümierte am Nationalfeiertag das „ereignisreiche politische Jahr“ und appellierte für eine „gemeinsame Lösung“.
Nach einem Marsch der Militärmusik und einem Segen der Vertreter der Religionen und Glaubensgemeinschaften legten die Rekruten und Rekrutinnen dann endlich ihr Gelöbnis ab. Erstmals lasen ein Rekrut und eine Rekrutin gemeinsam den Text vor. „Ich gelobe“ hallte es als Antwort der mehr als 1.000 Rekruten über den Heldenplatz. Die jungen, neuen Mitglieder des Bundesheeres schworen, das Land Österreich und die Bevölkerung zu schützen, mit der Bundeshymne und der Europahymne wurde die Zeremonie beendet.
Anwesend waren auch die zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) sowie Bundesratspräsident Karl Bader (ÖVP) sowie Vertreter der Glaubensgemeinschaften. „Wir weisen daraufhin, dass das Bundesheer bereits jetzt nur sehr eingeschränkt in der Lage ist, seine Aufgaben zu erfüllen“, warnte das Militärkommando Wien schon in der Eröffnung. Auch die aus Kostengründen verkleinerte Leistungsschau steht heuer unter dem Motto „Was wir heute noch können, was wir morgen nicht mehr können“ – mehr dazu in wien.ORF.at.
Auftakt mit „Ostarrichi“-Urkunde
Begonnen hatten die Feierlichkeiten im Haus der Geschichte, wo Bierlein und Mitglieder der Regierung die berühmte „Ostarrichi“-Urkunde begutachteten. Anschließend legte die Regierungsspitze ebenso wie Van der Bellen im Gedenken an die gefallenen Soldaten einen Kranz beim Äußeren Burgtor nieder.
Die „Ostarrichi“-Urkunde wird für eine Woche im Haus der Geschichte in Wien ausgestellt. Am Nationalfeiertag ist der Eintritt für alle interessierten Besucher frei. In dem berühmten Original ist „Österreich“ im Jahr 996 zum ersten Mal urkundlich erwähnt worden. Normalerweise wird das Dokument im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München aufbewahrt.
Die traditionellen Kranzniederlegungen fand bei bestem Herbstwetter statt. Zu Beginn schritt Van der Bellen begleitet von Verteidigungsminister Thomas zur Weihehalle im Äußeren Burgtor. Am Ehrendenkmal für verunglückte und gefallene Soldaten legten sie im Gedenken einen Kranz ab. Wenig später taten das auch Kanzlerin Bierlein, die gesamte Bundesregierung und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka. Die Militärmusik spielte die Bundeshymne. Anschließend trugen sich die Regierungsmitglieder ins Ehrenbuch ein.
Tag der offenen Tür
Die Leistungsschau des Bundesheeres bietet den ganzen Tag über Unterhaltung für die Besucher auf dem Heldenplatz. Zahlreiche kamen dazu auf den Heldenplatz, das Heer stellte diverse Gefährte aus und informierte bereitwillig darüber. Im Inneren Burghof stand das „Österreich-Fest“ auf dem Programm. Höhepunkt war der Auftritt des österreichischen Perkussionisten Martin Grubinger mit seinem Percussive Planet Ensemble und der Jazzcombo der Militärmusik Niederösterreich – mehr dazu in wien.ORF.at.
Bis zum Abend standen zudem in zahlreichen Institutionen – darunter auch der Hofburg, dem Parlament und dem Bundeskanzleramt – für Besucherinnen und Besucher die Türen offen. Die Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP), Doris Bures (SPÖ) und Norbert Hofer (FPÖ) empfingen in den Übergangsräumlichkeiten des Parlaments die Menschen, die schon seit der Früh Schlange standen. Auch die Chefs von FPÖ, Grünen und SPÖ nutzten die Gelegenheit, um mit der Bevölkerung ins Gespräch zu kommen.
Großer Andrang herrschte auch vor der Präsidentschaftskanzlei, wo sich schon Stunden vor Einlass die Massen versammelten. Kurz nach 12.00 Uhr traten Van der Bellen und seine Frau Doris Schmidauer schließlich vor die Menge. „Danke fürs Warten“, begrüßte Van der Bellen die Besucher.
Dank und Stolz
Auch abseits der Angelobung feierte die Politik den Nationalfeiertag. ÖVP-Obmann Sebastian Kurz bezeichnete Österreich als „das schönste Land der Welt“. Er dankte allen, „die ihren Beitrag leisten“. Die Bedeutung des Zusammenhalts in der Gesellschaft betonte SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner: „Wir ÖsterreicherInnen können stolz sein auf unser Land – unser schönes, lebenswertes und erfolgreiches Zuhause.“
Für den Dritten Nationalratspräsidenten und FPÖ-Obmann Norbert Hofer stehen am Nationalfeiertag die Souveränität und die Neutralität Österreichs sowie die Grundwerte und Grundrechte im Vordergrund. All das gelte es zu schützen, sagte Hofer in einer Aussendung. Kardinal Christoph Schönborn hat den Nationalfeiertag als Anlass zu Dankbarkeit für Österreich bezeichnet. „Ein großes Danke für Österreich, für die Freiheit die uns geschenkt ist, auch für den inneren Frieden dieses Landes.“
Seit 1965 Nationalfeiertag
Österreich feiert mit seinem Nationalfeiertag die „immerwährende Neutralität“, die der Nationalrat am 26. Oktober 1955 beschlossen hat. Als Nationalfeiertag gilt der 26. Oktober seit 1965. Im „Bundesgesetz über den österreichischen Nationalfeiertag“ wird die Wahl des Termins erstmals mit dem Beschluss des Neutralitätsgesetzes begründet. 1967 wurde der Nationalfeiertag auch zum arbeitsfreien, gesetzlichen Feiertag.