Mike Mohring und Annegret Kramp-Karrenbauer (beide CDU)
AP/Markus Schreiber
Keine Koalition mit Linken

CDU macht in Thüringen Rückzieher

In Thüringen wird die Regierungsbildung nun wohl noch schwieriger. Am Montagabend gab die Thüringer CDU bekannt, dass sie eine Koalition mit der Linken ausschließe, auch mit der AfD, die stark zugelegt hatte, werde man nicht koalieren. Damit ist man nun wieder auf Linie der Bundespartei – die prinzipielle Gesprächsbereitschaft mit der Linken hatte für interne Streitereien gesorgt.

Thüringens CDU-Chef Mike Mohring kündigte am Tag nach der Wahl an, dass man eine Koalition mit der Partei des bisherigen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow ausschließe. Er kündigte nach einer Sitzung des Landesvorstands in Erfurt jedoch erneut an, dass er einer Einladung von Ramelow zu einem Gespräch folgen werde. „Wir wollen der Einladung des Ministerpräsidenten aus staatspolitischer Verantwortung nachkommen – nicht mehr und nicht weniger“, so Mohring.

Der Thüringer CDU-Chef bekräftigte zugleich: „Ich kann mir keine Situation vorstellen, dass die abgewählte rot-rot-grüne Landesregierung durch die Unterstützung der CDU in eine neue Regierungsverantwortung gehoben wird. Das schließt sich aus.“

Wogen in CDU offenbar geglättet

Der Landesverband schloss damit nach dem schlechten Abschneiden bei der Wahl wieder die Reihen. Denn am Vormittag hatte sich CDU-Landesvize Mario Voigt „irritiert“ über Gesprächsangebote Mohrings in Richtung Linkspartei geäußert. Zudem hatte der stellvertretende CDU-Fraktionschef Michael Heym eine Zusammenarbeit mit der AfD und der FDP ins Gespräch gebracht.

Einige Mitglieder von Landesvorstand und -präsidium hätten auf eine Klarstellung gepocht, hieß es nach der Sitzung der Parteigremien. Darauf habe unter anderem der Ehrenvorsitzende Bernhard Vogel bestanden. Mohring sei zudem von einigen Teilnehmern wegen seines Alleingangs kritisiert worden.

Große Zugewinne für Linke und AfD

Schon am Wahlsonntag in Thüringen war schnell klar: Leicht wird eine Regierungsbildung nicht. Die Linke gewann fulminant, ihre bisherigen Koalitionspartner SPD und Grüne aber verloren, teilweise stark. Auch die CDU, bei der Wahl 2014 noch stärkste Partei und in Thüringen mehr als 20 Jahre an der Macht, stürzte ab.

Grafik zeigt vorläufiges Ergebnis der Landtagswahl in Thüringen
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Rechnerisch wären nun für eine Mehrheit von 46 Mandaten zwar drei Optionen möglich, doch keine davon schien am Sonntag realistisch. Rot-Rot-Grün, die bisherige Koalition unter dem linken Ministerpräsidenten Ramelow, käme nur zusammen mit der FDP auf eine knappe Mehrheit. Die FDP hatte aber zuvor ausgeschlossen, mit der Linken zu koalieren. Zudem ist noch nicht einmal sicher, ob sie es in den Landtag geschafft hat. Das steht laut Thüringer Landesamt für Statistik erst fest, wenn das endgültige Wahlergebnis vorliegt, also am 7. November.

Linke will Gespräche mit allen – außer der AfD

Am Montagabend kündigte die Linke in Thüringen an, mit allen Parteien außer der AfD zu sprechen. Das beschloss der Landesvorstand bei einer Sitzung in Erfurt. Erste Gespräche mit der SPD und den Grünen soll es bereits in dieser Woche geben. „Wir haben uns auf kein Modell festgelegt und wir können das auch erst ernsthaft fokussieren, wenn wir die Gespräche geführt haben“, sagte Linke-Chefin Susanne Hennig-Wellsow. Man wolle zuerst ausloten, was geht. Ihrer Meinung nach wären Gespräche mit der CDU mit Blick auf das äußerst knappe vorläufige Ergebnis der FDP sinnvoller, wenn das amtliche Ergebnis feststehe, hieß es. Der Beschluss der CDU stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest.

Streit in Erfurt und Berlin

Vor der Landespartei hatte auch der CDU-Bundesvorstand zum weiteren Vorgehen der CDU getagt. Generalsekretär Paul Ziemiak hatte bereits am Sonntag auf den Parteitagsbeschluss verwiesen, der eine Koalition sowohl mit der Linkspartei als auch der AfD ausschließt.

CDU-Vize Julia Klöckner hatte gesagt: „Wenn wir mit Linkspartei und AfD koalieren würden, dann braucht es uns nicht mehr. Es gibt Momente, da ist Haltung gefragt.“ Der Thüringer Bundestagsabgeordnete Mark Hauptmann nannte die Offenheit Mohrings für ein Gespräch mit Ramelow einen „schweren Fehler“. Hauptmann sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag-Ausgaben) mit Blick auf eine mögliche Koalition mit der Linken: „Wir würden als CDU völlig unglaubwürdig.“

Bodo Ramelow
AP/Michael Sohn
Ministerpräsident Ramelow von der Linken gewann die Wahl, verlor aber die Koalition

Landeschef Mohring wollte aber Gespräche mit der Linken nicht verweigern. Mohring habe im Bundesvorstand betont, dass es gar nicht darum gehe, eine Koalition in Erfurt zu bilden, so Teilnehmer der Sitzung. Aber Mohring hatte zuvor auch gesagt, dass er Gespräche führen wolle, „ohne etwas auszuschließen“.

CDU nimmt Gesprächswunsch „zur Kenntnis“

Mohring holte sich schließlich grünes Licht für ein Gespräch mit Ramelow. Das CDU-Präsidium in Berlin habe ihm dafür das „volle Vertrauen“ ausgesprochen, sagte Mohring am Montag. Es gehe um „nicht mehr und nicht weniger“, als für solche Gespräche bereitzustehen. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte, die Partei nehme „zur Kenntnis“, dass es einen Gesprächswunsch Ramelows gebe und dass Mohring das Gespräch führen wolle. Das sei eine „parlamentarische Selbstverständlichkeit“.

Die Querelen der CDU in Thüringen ziehen ihre Kreise bis nach Berlin. Parteichefin Kramp-Karrenbauer wurde von der eigenen Jugendorganisation als Vorsitzende infrage gestellt. Ihre innerparteilichen Kritiker forderte sie heraus, aus der Deckung zu kommen. Kramp-Karrenbauer verwies auf die „Unruhe, die wir im Moment in der Partei haben“. Diese Situation erfordere „ein Höchstmaß an Verantwortung“. Sie fügte hinzu: „Dieser Verantwortung stelle ich mich. Jeder andere, der in einem Führungsgremium der CDU ist, hat seine eigene Verantwortung und muss sich entscheiden, ob er dieser Verantwortung gerecht wird.“

Warnung vor Folgen für Regierung in Berlin

Die Debatte über die Führung der Partei sei ein Grund für das schlechte Abschneiden bei der Landtagswahl gewesen. „Beide Regierungsparteien sind im Moment mit Interna beschäftigt“ – die SPD mit der Kandidatenkür und die CDU mit „Diskussionen, die hinlänglich bekannt sind“. Die Verluste von SPD und CDU hätten „vor allem etwas damit zu tun, dass die Zusammenarbeit in der Großen Koalition nicht als positiv wahrgenommen wird, unabhängig davon, was in der Sache in der Regierung erreicht wird“, sagte sie am Montag in Berlin.

CSU-Chef Markus Söder warnte bereits, dass das schlechte Abschneiden von CDU und SPD nicht die Arbeit der Großen Koalition im Bund belasten dürfe. „Thüringen ist nicht Deutschland, aber es sind natürlich Entwicklungen, die man sehr ernst nehmen muss.“ Union und SPD stünden in der Verantwortung, Ergebnisse zu liefern und nicht nur sich selbst zu „beweihräuchern“ oder gar zu streiten.

Bis eine Lösung gefunden ist, bleibt Ramelows rot-rot-grüne Regierung vorerst im Amt. Das sieht die Landesverfassung so vor. Er will sich im neuen Landtag bald der Wahl zum Ministerpräsidenten stellen, eine Frist dafür gibt es aber nicht.