Kassa in einem Supermarkt
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Handels-KV

Einigung weiter nicht in Sicht

Die zweite Runde der Verhandlungen über den Handelskollektivvertrag ist am Dienstag ergebnislos verlaufen. Nach Ende der Gespräche übten Arbeitergeber und Arbeitnehmer wechselseitige Kritik. Die Gewerkschaft kündigte erste Aktionen in den Betrieben an.

Die Arbeitgeber seien abermals nicht bereitgewesen, über die Forderungen der Arbeitnehmer zu diskutieren, kritisierte das Verhandlungsteam der GPA-djp, Anita Palkovich und Martin Müllauer, in einer Aussendung. Ab Mittwoch werde man in allen Bundesländern Konferenzen der Handelsbetriebsräte einberufen und die weitere Vorgehensweise beschließen.

Die Arbeitgeberseite wiederum kritisierte die Gewerkschaft als „unbeweglich“. Man habe ein „solides Angebot“ auf den Tisch gelegt, so Peter Buchmüller, Obmann der Bundessparte Handel der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) und Chefverhandler der Arbeitgeber. „Es beinhaltet einerseits eine spürbare Gehaltserhöhung von 1,9 Prozent für alle Handelsangestellten sowie eine satte Steigerung der Lehrlingsentschädigungen von 4,54 bis 9,75 Prozent“, so Buchmüller. „Deswegen ist das Beharren der Gewerkschaft auf ihren überzogenen Forderungen unverständlich.“

Kärntner Straße
ORF.at/Christian Öser
Die Gewinnentwicklung des Handels würde das geforderte Gehaltsplus zulassen, so die Gewerkschaft

Irritiert zeigte sich die Arbeitgeberseite zudem über Aussagen der Gewerkschaft zu Klein- und Mittelbetrieben, wonach diese nur wenige Arbeitnehmer beschäftigen und daher im Lohnfindungsprozess nur wenig relevant seien. „Das ist aus unserer Sicht eine Verfehlung der Sonderklasse, das können wir nicht hinnehmen“, so Buchmüller. Die dritte Verhandlungsrunde ist für 12. November angesetzt.

„Es schaut nicht rosig aus“

Die Arbeitnehmerseite fordert 100 Euro Entgelterhöhung auf Vollzeitbasis für die 413.000 Angestellten im Einzel-, Groß- und Kfz-Handel, das wäre ein durchschnittliches Plus von 4,4 Prozent. Gestiegene Mieten und Lebenshaltungskosten würden eine derartige Erhöhung rechtfertigen, argumentiert die Gewerkschaft. Die Gewinnentwicklung der Handelsbetriebe würde ein derartiges Gehaltsplus erlauben. Außerdem fordert die Gewerkschaft im Rahmen der KV-Verhandlungen drei Freizeittage sowie 130 Euro Schulstartgeld für Lehrlinge.

Der Arbeitgeberseite gehen die Forderungen der Gewerkschaft zu weit. Es sei „unrealistisch, auf dieser Basis zu verhandeln“, sagte Buchmüller nach der ersten Gesprächsrunde vergangene Woche. Allein die drei freien Tage würden den Handel mit mehr als 150 Mio. Euro pro Jahr belasten. „Diese Mehrausgaben müssen ja auch verdient werden“, so der Arbeitgebervertreter. Buchmüller erwartet schwierige und lange Verhandlungen. „Es schaut nicht so rosig aus.“

Bereits vor Beginn der Verhandlungen nannte Buchmüller die Forderungen der Gewerkschaft „überzogen und realitätsfremd“. Dass die Gewerkschaft ihre Forderungen bereits vor der ersten Verhandlungsrunde der Öffentlichkeit präsentierte, sorgte bei den Arbeitgebern für zusätzliche Verärgerung.

2,7 Prozent mehr Gehalt für Metaller

Beim Metaller-KV gab es indes eine überraschende Einigung. Die Löhne in der Metalltechnischen Industrie steigen ab 1. November gestaffelt nach Beschäftigungsgruppen zwischen 2,6 Prozent und 2,8 Prozent, im Schnitt um 2,7 Prozent, gaben Vertreter der Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Nacht auf Dienstag nach der fünften Verhandlungsrunde bekannt.

Stahlwerk
voestalpine AG
In der fünften Runde erfolgte eine Einigung über den Metaller-KV

Arbeitgebervertreter Christian Knill sprach von einer „deutlichen Reallohnsteigerung für unsere Beschäftigten. Das haben sie sich auch verdient.“ Gewerkschaftsvertreter Rainer Wimmer verwies auf die derzeit „sehr angespannte wirtschaftliche Situation.“ Die „wirtschaftlichen Voraussetzungen werden eher schlechter denn besser“, sagte Wimmer.

Die Arbeitnehmerseite war mit der Forderung nach einem Gehaltsplus von 4,5 Prozent in die Verhandlungen gegangen. Mit dem nun erzielten Ergebnis könnte die Gewerkschaft aber dennoch gut leben, sagte Thomas Leoni vom WIFO gegenüber dem Ö1-„Mittagsjournal“. Der Wert liege „einen Prozentpunkt“ über der Inflation und könne auch für die Konjunktur einen positiven Impuls setzen, so Leoni.

Signale für den Handel

Im Vorjahr hatten sich die Verhandlungen über den Metaller-KV bis weit in den November gezogen. Am Ende lag das Gehaltsplus bei 3,5 Prozent – weit höher als im Handel (plus 2,5 Prozent) und auch bei den Beamten (2,76 Prozent). Für heuer dürfte der Abstand zwischen den Branchen nicht so hoch ausfallen, so WIFO-Experte Leoni.

Die Industrie sei „stärker konjunkturabhängig, insbesondere weil sie durch die Exportwirtschaft beeinflusst ist“. Österreichs Wirtschaft läuft derzeit nicht mehr ganz so rund wie noch im Vorjahr. Das WIFO erwartet eine „Abschwung, aber keine Rezession“, wie Leoni gegenüber Ö1 sagte – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Leoni erwartet, dass die Abstände zwischen den Branchen heuer nicht so hoch ausfallen wie vergangenes Jahr. Der Abschluss im Handel werde jenen in der Metallindustrie nicht überschreiten, die Abschlüsse im Handel und im öffentlichen Dienst würden sich jenen der Metaller aber annähern, so Leoni.

Zwei Drittel der Handelsangestellten sind Frauen

Aktuell liegt das kollektivvertragliche Mindestgehalt für Vollzeitangestellte im alten Handels-KV bei 1.634 Euro brutto pro Monat, das sind 1.307 Euro netto laufender Bezug, und im neuen KV bei 1.677 brutto oder 1.334 Euro netto. Seit Dezember 2017 gilt der neue, reformierte Handels-KV. Die rund 80.000 Handelsbetriebe haben allerdings bis Ende 2021 Zeit, auf das neue Schema umzusteigen. Die großen Handelsketten haben laut Gewerkschaftsangaben noch nicht auf den neuen Handels-KV umgestellt. Laut WKÖ-Angaben verwenden aber schon zahlreiche kleine und mittlere Händler sowie neu gegründete Handelsbetriebe den reformierten Handels-KV.

Knapp zwei Drittel der Angestellten im Handel in Österreich sind Frauen, im Einzelhandel liegt der Frauenanteil noch etwas höher. Viele Frauen arbeiten Teilzeit. Im vergangenen Dezember hatten sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nach fünf Verhandlungsrunden für 2019 auf ein Gehaltsplus zwischen 2,5 Prozent und 3,2 Prozent geeinigt. In der ersten Runde der KV-Verhandlungen fixieren die Sozialpartner üblicherweise die heranzuziehende Inflationsrate.