Feuerwehr vor einem Waldbrand in Brasilien
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Brasilien

Brände wüten in weltgrößtem Sumpfgebiet

Brasilien kämpft mit der nächsten Umweltkatastrophe: Im brasilianischen Pantanal, dem größten Sumpfgebiet der Welt, lodern die schlimmsten Brände seit Jahren. Die Lage in dem artenreichen Feuchtgebiet sei „kritisch“, warnte die Regierung des Bundesstaats Mato Grosso do Sul heute. Die Brände seien „gewaltig“, erklärte Paulo Barbosa de Souza vom Zentrum für Risikomanagement nach einem Überflug. Fast 50.000 Hektar seien betroffen.

Nach Angaben des brasilianischen Instituts für Weltraumforschung (INPE) wurden auf Satellitenbildern vom Pantanal seit Jahresbeginn schon 8.479 Brände registriert – das war die höchste Zahl seit zwölf Jahren. Allein im Oktober gab es 2.427 Brände – mehr als 20-mal so viel wie im Vorjahresmonat, als nur 120 Feuer gezählt wurden. Schlimmer war die Lage nur im Oktober 2002, als 2.761 Feuer registriert wurden.

„Das Feuer zerstört Tausende Hektar“, teilte ein Sprecher des Bundesstaats mit. Ursache seien „Dürre und kriminelle Aktivitäten“ – vermutlich illegale Brandrodung. Wie im Amazonas-Gebiet wird auch das Pantanal durch Landnahme für Sojaanbau, Rinderweiden und Zuckerrohrplantagen bedroht. Mit den Bränden drohe nun ein „Szenario der Verwüstung“. Angeheizt werden die Flammen durch Wind und trockene Vegetation, wie ein Sprecher des Bundesstaats der Nachrichtenagentur AFP sagte. Die je nach Gebiet bis November andauernde Trockenzeit in Brasilien war heuer besonders regenarm.

Waldbrand in Brasilien
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Die Brände wüten in einem der artenreichsten Gebiete der Welt

Bekämpfung „extrem schwierig“

Die Bekämpfung des Feuers sei neben dem Wind auch durch hohe Temperaturen und die niedrige Luftfeuchtigkeit „extrem schwierig“. Betroffen seien auch die drei Ortschaften Corumba, Miranda und Aquidauana, über die Touristen ins Pantanal kommen. Am Mittwoch musste bereits eine Straße gesperrt werden. Der Bundesstaat forderte die Hilfe der Regierung in Brasilia an.

Das aus einem verzweigten Kanalsystem aus Flüssen, Salz- und Süßwasserseen bestehende Pantanal ist ein einzigartiges Naturparadies: In ihm leben etwa Jaguare, Pumas, Riesenotter, Sumpfhirsche und Capybaras, die größten Nagetiere der Welt. Auch Hunderte Vogelarten – darunter auch der gefährdete Hyazinth-Ara – und gewaltige Fischpopulationen sind in dem Gebiet beheimatet.

Satellitenbild, aufgenommen über dem Pantanal in Brasilien

Nächste Krise neben Amazonas-Bränden

Die Brände in den Sümpfen sind die nächste Umweltkrise für die brasilianische Regierung. Im August und September hatten bereits im Amazonas-Gebiet verheerende Waldbrände gewütet. Wie das Forschungsinstitut INPE Mitte Oktober mitteilte, gab es zwischen Jänner und September im Amazonas-Gebiet 66.750 Brände und damit fast so viele wie im gesamten Jahr 2018. In den vergangenen Monaten erhöhte sich die Zahl der Brände im größten Tropenwald der Welt somit um 41 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Fachleute machen die Umweltpolitik des ultrarechten brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro für den Anstieg der Waldbrände und die Verringerung der Waldfläche verantwortlich. Der seit Jahresbeginn amtierende Bolsonaro ist eng mit der Agrarlobby verbündet und hat Umweltschutzauflagen gelockert.

Lockerere Auflagen für Brandrodung

Brasilianische Bauern durften zuletzt nicht mehr fünf, sondern 20 Hektar Fläche abbrennen, um Platz für Ackerbau und Viehzucht zu machen. Die Behörden, die illegale Rodungen verhindern sollen, wurden unter Bolsonaro geschwächt. Brandstiftung beziehungsweise illegale Brandrodungen gelten als Hauptursache für die Brände.

Waldbrand in Brasilien
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Die Bekämpfung der Brände gestaltet sich schwierig

Umweltschützer werfen Bolsonaro zudem vor, Landwirte, Holzfäller und Goldsucher mit seiner Rhetorik zur Brandstiftung zu ermutigen und die Zerstörung des Regenwalds stillschweigend zu tolerieren. Seit Bolsonaro Präsident ist, seien laut einem Bericht der BBC fast um ein Drittel weniger Strafen verhängt worden als im Vergleichszeitraum des letzten Jahres.

Heuer womöglich Rekord bei Entwaldung

Ergo schreitet auch die Vernichtung des Regenwalds rasant voran: Die Entwaldung sei in den vergangenen neun Monaten im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 93 Prozent gestiegen. In diesem Jahr könnte somit erstmals die Schwelle einer jährlichen Verringerung der Waldfläche um insgesamt 10.000 Quadratkilometer erreicht werden. Laut INPE wurden von Januar bis September 2019 mehr als 7.800 Quadratkilometer entwaldet, im Vorjahreszeitraum waren es gut 4.000 Quadratkilometer. Im gesamten Jahr 2018 seien knapp 5.000 Quadratkilometer Wald vernichtet worden.

Auch die brasilianischen Gewässer sind bedroht. Seit mehr als zwei Monaten wird das Land von einer mysteriösen Ölpest heimgesucht. An mehr als 200 Stränden im Nordosten des Landes wurde Öl angeschwemmt. 600 Tonnen wurden bereits eingesammelt – zu einem Gutteil von Privatpersonen und NGOs. Es ist vollkommen unklar, woher das Öl stammt. Auch in diesem Fall wird Bolsonaro Untätigkeit vorgeworfen.