Jubelnde Unterstützer der US-Demokraten
AP/Steve Helber
Wahlen in USA

Rückenwind für Demokraten

Rund ein Jahr vor der US-Präsidentenwahl feiern die Demokraten Erfolge bei Wahlen in den Bundesstaaten Kentucky und Virginia. Die Aussagekraft für die Präsidentschaftswahl 2020 ist beschränkt, doch die Ergebnisse werden jedenfalls für Auftrieb sorgen. Die große Entscheidung steht aber noch bevor.

In Virginia gelang es den Demokraten, bei der Parlamentswahl des Bundesstaates die Mehrheit in beiden Kammern zu erobern. Den vorläufigen Ergebnissen zufolge unterlagen in mindestens zwei Bezirken republikanische Senatoren des Bundesstaates ihren jeweiligen demokratischen Herausforderern. Im Unterhaus erlangten die Demokraten mindestens fünf zusätzliche Mandate. Und das, obwohl die Demokraten seit Jahresbeginn von mehreren Skandalen erschüttert wurden. Wie bei den Midterm-Wahlen im Vorjahr zeigte sich aber auch hier, dass „Obamacare“ und der Kampf für den Erhalt der Krankenversicherung Wählerinnen und Wähler besonders motiviert, demokratisch zu wählen.

Der Parteichef der Demokraten, Tom Perez, sprach von einem „historischen Sieg“, der den republikanischen Präsidenten Donald Trump „und alle Republikaner bis ins Mark erschüttern“ sollte. Die Demokraten würden nunmehr „in jedem Wahlgang in jedem Bundesstaat“ mit „nie da gewesener Energie“ um den Sieg ringen. Und so würden sie Trump im kommenden Jahr schlagen, fügte Perez hinzu.

Grafik zur US-Wahl
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: NY Times/BBC

Frau mit Mittelfinger für Trump gewählt

Fast schon symbolisch in diesem Zusammenhang: Jene Frau, die Trumps Autokonvoi vor zwei Jahren den Mittelfinger zeigte und dabei von einem Journalisten fotografiert wurde, wurde nun für die Demokraten bei einer Lokalwahl in Virginia gewählt. Sie bedankte sich – mit einem Retweet des Fotos, das damals um die Welt ging.

Demokrat erklärt sich zu Sieger in Kentucky

Bei der Gouverneurswahl in der republikanischen Hochburg Kentucky erklärte der demokratische Herausforderer Andy Beshear seinen Wahlsieg, wie US-Medien am Dienstag (Ortszeit) berichteten. Er lag mit einigen tausend Stimmen vorne. Der republikanische Amtsinhaber Matt Bevin, der als Unterstützer von Trump gilt, erklärte postwendend, er werde „auf keinen Fall“ eine Niederlage einräumen.

US-Demokrat Andy Beshear jubelnd
Reuters/Harrison McClary
Andy Beshear liegt in Kentucky voran

Er deutete an, dass er das Ergebnis anfechten werde, und sprach von „mehr als nur einigen Unregelmäßigkeiten“. Das offizielle Ergebnis steht noch aus. Laut CNN wird es keine automatische Nachzählung in Kentucky geben. Ein Kandidat könnte aber einen „Recanvass“ beantragen. Im Wesentlichen handelt es sich dabei um eine Überprüfung der Stimmensummen in jedem Bezirk. Sowohl Briefwahlstimmen als auch die Belege bei den Wahlgeräten werden dabei nochmals überprüft, um sicherzustellen, dass die an die staatliche Wahlbehörde gesendeten Zahlen korrekt sind. Die Frist dafür gehe bis 12. November.

Dennoch löste Bevins schwaches Abschneiden US-Medien zufolge Besorgnis unter seinen Parteikollegen aus. Bei der Präsidentenwahl 2016 hatte der Republikaner Trump in Kentucky knapp 30 Prozent mehr Stimmen erhalten als seine demokratische Rivalin Hillary Clinton.

Trumps vergeblicher Appell

Zudem hatte Trump Kentucky am Tag vor der Wahl besucht, um dem Gouverneur den Rücken zu stärken. Bei einem Wahlkampfauftritt forderte Trump, dass die Bürger und Bürgerinnen Bevin wiederwählen. Täten sie das nicht, würden Politikbeobachter nämlich sofort sagen, „dass Trump die größte Niederlage der Weltgeschichte erlitten hat“. „Ihr könnt mir das nicht antun“, appellierte der Präsident.

Kentucky gilt als republikanisches Kernland. Die „Grand Old Party“ hat im Geburtsstaat von Abraham Lincoln eine satte Mehrheit im Regionalparlament, auch die beiden US-Senatoren Kentuckys sind Republikaner. Trump war es bei der Präsidentenwahl 2016 gelungen, die ohnehin schon starke konservative Wählerbasis in Kentucky um vom Strukturwandel betroffene Arbeiter und Bergleute zu erweitern. Mit 62,5 Prozent der Stimmen erzielte er in Kentucky sein landesweit fünftbestes Ergebnis.

Kentucky Gouverneur Matt Bevin mit seiner Frau Glenna
AP/Timothy D. Easley
Der amtierende Gouverneur von Kentucky, Matt Bevin, steht vor einer Niederlage

Vertreter der Republikaner wiesen aber darauf hin, dass sich bei den Wahlen anderer Spitzenposten durchgehend Republikaner durchsetzten. Zudem unterscheide sich Beshear deutlich vom demokratischen Establishment in Washington. Tatsächlich vermied der Sohn von Ex-Gouverneur Steve Beshear (2007–2015) offene Kritik an Trump und hielt sich auch in der Frage eines Amtsenthebungsverfahrens bedeckt.

Wie steht’s um Trump?

ORF-US-Korrespondentin Hannelore Veit analysiert die Lage Trumps durch die Vorwürfe in der Ukraine-Affäre und das schlechte Ergebnis seiner Republikaner bei der Wahl in Kentucky.

Mississippi allein in republikanischer Hand

In Mississippi, wo Trump die Präsidentenwahl mit knapp 58 Prozent gewonnen hatte, konnte sich der republikanische Vizegouverneur bei der Gouverneurswahl mit 54,4 zu 44,3 Prozent gegen den Demokraten Jim Hood durchsetzen – aber weniger eindeutig als in dem tiefrepublikanischen Staat zu erwarten war. Letztlich gingen aber in Mississippi alle zur Wahl stehenden Ämter an republikanische Kandidaten. Zuvor war nur ein Amt, das des Generalstaatsanwalts, von einem Demokraten besetzt, allerdings von dem bei der Gouverneurswahl unterlegenen Hood.

Trump selbst äußerte sich in gewohnter Manier auf Twitter zu den Wahlausgängen in Kentucky und Mississippi – nicht aber zu Virginia, wo die Republikaner beide Häuser verloren. In einem Tweet gratulierte er Mississippi-Sieger Reeves, in einer anderen Nachricht betonte er, dass es in Kentucky „vielleicht nicht gereicht“ habe. „Fake News werden Trump dafür verantwortlichen machen“, schrieb er weiter.

Entscheidende Frage für Demokraten weiter offen

Die Ergebnisse in Kentucky und Virginia sind jedenfalls ein Dämpfer für Trump, der bei einer Großveranstaltung in Florida im Juni formell seine Bewerbung um eine zweite Amtszeit verkündet hatte. Vor den aktuellen Wahlen hatte er sich in Mississippi und Kentucky in den Wahlkampf eingeschaltet, in Virginia jedoch nicht. Für die Demokraten lösen die jüngsten Wahlen trotz Erfolgen die entscheidende Frage nicht: Sie sind derzeit zerrissen zwischen Zentristen und einem linken Flügel – wer sich bei der Präsidentschaftskandidatur durchsetzt, ist so offen wie zuvor.