Gorbatschow wirft Westen „Siegergehabe“ vor

Der frühere sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow hat dem Westen vorgeworfen, sich zum „Sieger des Kalten Krieges“ aufgeschwungen zu haben. Es sei ein Fehler gewesen, dass Europa nach dem Ende der Konfrontation zwischen Ost und West keine eigene, moderne Sicherheitsarchitektur geschaffen habe, sagte Gorbatschow den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitag-Ausgaben) anlässlich des 30. Jahrestags des Falls der Berliner Mauer.

Michail Gorbatschow
Reuters/Tatyana Makeyeva

Eine solche Sicherheitsinfrastruktur sei mit dem damaligen französischen Präsidenten Francois Mitterrand, dem deutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher und US-Sicherheitsberater Brent Scowcroft abgesprochen gewesen, dann aber in Vergessenheit geraten.

Ruf nach mehr Diplomatie

„Stattdessen erklärte der Westen, er habe den Kalten Krieg gewonnen. Dieses Siegergehabe war ein großer Fehler des Westens“, so Gorbatschow. Russland und die USA müssten sich wieder an den Verhandlungstisch setzen, forderte Gorbatschow.

In Deutschland und Österreich genießt Gorbatschow, der einst mit seiner Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) Reformen anstieß und damit die Voraussetzungen für die Wiedervereinigung schuf, bis heute großen Respekt. In Russland jedoch gilt er vielen als Totengräber der Sowjetunion.