Füße auf einem roten Teppich
APA/Helmut Fohringer
Koalitionssuche

Sondierungen heuer relativ flott

ÖVP-Chef Sebastian Kurz ist beim Sondieren bisher recht flott. 1999 und 2002 wurde viel länger sondiert – und die Koalitionen standen erst drei bzw. vier Monate nach der Wahl. Es kam jeweils etwas anderes heraus, als anfangs offiziell angepeilt war. Für eine Angelobung im Durchschnitt muss die Koalition am 6. Dezember in die Hofburg.

Nach der Wahl 2002 führten die Grünen ihre bisher einzigen Koalitionsverhandlungen – mit der ÖVP. Insgesamt war die Lage sehr ähnlich: Weil die schwarz-blaue Koalition an FPÖ-Turbulenzen scheiterte, rief die ÖVP die Neuwahl aus – und feierte am 24. November einen Triumph. Die Blauen, damals noch mit Jörg Haider als fädenziehendem Landeshauptmann, stritten auch nach der Wahl heftig weiter – und bestärkten die vielen in der ÖVP, die gegen die Fortsetzung von Schwarz-Blau waren. Aber SPÖ und Grüne lehnten es zunächst ab, kleiner Partner von Kanzler Wolfgang Schüssel zu werden.

So sondierte Schüssel fast zwei Monate lang mit SPÖ, FPÖ und Grünen – um am 10. Februar 2003 Koalitionsverhandlungen mit den Grünen aufzunehmen. Diese wurden in dichtem Zeitplan intensiv geführt – und endeten schon am 16. Februar mit einem Nein der Grünen. Schüssel sondierte noch einmal mit der SPÖ – um am 23. Februar doch mit der FPÖ zu verhandeln. Schon nach fünf Tagen war man sich dann einig. Aber insgesamt waren 96 Tage seit der Wahl vergangen, bis Bundespräsident Thomas Klestil die „alte“ neue Regierung angelobte.

Klima sondierte 39 Tage

Das hatte er – sehr widerwillig – schon nach der Wahl 1999 tun müssen, und zwar nach sehr viel längeren, nämlich 124 Tage dauernden Verhandlungen. Sie waren die kompliziertesten der Zweiten Republik – von der Konstellation her. Denn Erster war die SPÖ, aber von Anfang an war eigentlich klar, dass FPÖ und ÖVP – also Zweite und Dritte – zusammengehen wollen. Klestil bemühte sich dennoch intensiv um eine Regierung unter Führung der SPÖ.

Dafür übernahm er die damals nur in Bundesländern (allen voran Vorarlberg) üblichen Vorgespräche: Er erteilte SPÖ-Chef Viktor KIima zunächst den Auftrag zu „sondieren“, welche Koalitionen möglich sind. Diese Sondierungen (in die Klima auch die Sozialpartner einband) dauerten 37 Tage, am 9. Dezember bekam der SPÖ-Chef dann den Auftrag zur Regierungsbildung.

Klima verhandelte mehr als einen Monat mit der widerstrebenden ÖVP. Das scheiterte erwartungsgemäß, aber Klestil beauftragte Klima (samt „Erlaubnis“ für eine Minderheitsregierung) am 21. Jänner 2000 noch einmal – während parallel ÖVP und FPÖ (die von Anfang an „Zukunftsgespräche“ geführt hatten) ihren Pakt fixierten. Am 4. Februar gab Klestil nach und gelobte Schüssel als Kanzler und die erste schwarz-blaue Koalition an.

Koalitionsverhandlungen im Durchschnitt 58 Tage

Einmal hatte es allerdings noch länger gedauert: Nach der Wahl 1962 vergingen 129 Tage, bis die damals schon tief zerstrittene Große Koalition ein letztes Mal – vor der einen schwarzen und den vier SPÖ-Alleinregierungen – zusammenfand.

Im Durchschnitt dauerten Koalitionsverhandlungen – die es bisher 17-mal gab – 58 Tage, vom Auftrag zur Regierungsbildung bis zur Angelobung. Da die Bundespräsidenten den Auftrag in der Regel erst nach Auszählung aller Wahlkarten erteilen, kommen im Durchschnitt noch zehn Tage dazu – womit zwischen Wahl und Angelobung im Schnitt 68 Tage liegen. Nimmt man auch die fünf Alleinregierungen dazu, reduziert sich die Durchschnittsdauer auf 52 Tage – weil diese naturgemäß flotter gebildet werden.

Um den Durchschnitt der Koalitionsbildungen (also 68 Tage) zu halten, müsste Kurz bis 6. Dezember einen Partner gefunden und ein Regierungsprogramm ausgehandelt haben. Fällt wie erwartet die Entscheidung für Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen am Sonntag, wären noch fast vier Wochen Zeit, um einen Pakt zu fixieren.