Michael Schickhofer
APA/Georg Hochmuth
Steiermark-Wahl

Schickhofer tritt nach SPÖ-Schlappe zurück

Nach der heftigen Wahlschlappe der SPÖ bei der steirischen Landtagswahl am Sonntag hat Landeshauptmann-Stellvertreter und SPÖ-Chef Michael Schickhofer seinen Rücktritt verkündet. Es habe ein „massives Minus“ gegenüber der letzten Landtagswahl gegeben, für das er die Verantwortung übernehmen wolle. Die SPÖ kam auf 22,9 Prozent und musste ein minus von 6,4 Prozentpunkten hinnehmen.

Wie Schickhofer am Montag in Graz sagte, wolle er alle landes- und bundespolitischen Parteifunktionen mit sofortiger Wirkung zurücklegen und auch kein Landtagsmandat annehmen. Mit knapp 40 wolle er, der „mehr Unternehmer und Manager als klassischer Politiker“ sei, einen neuen Lebensweg beginnen. Parteimitglied wolle er aber bleiben.

Er bedankte sich bei seinen Mitstreitern: „Ich bedanke mich für neun Jahre, der letzte Abschnitt war ein schwieriger.“ Nun gelte es, Verantwortung zu übernehmen. Am Montag werde der Parteivorstand tagen und über das weitere Vorgehen entscheiden. Er habe seinen Vizelandesparteichef Jörg Leichtfried mit der Führung der Geschäfte betraut. Finanzlandesrat Anton Lang soll für die SPÖ die Regierungsverhandlungen in der Steiermark führen. Über seine Nachfolge wollte er nicht spekulieren, es seien nun die Parteigremien am Zug – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Michael Schickhofer
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Schickhofer hatte 2015 von seinem Vorgänger Franz Voves übernommen

Dank von Rendi-Wagner und Schützenhöfer

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner dankte Schickhofer für „seinen Einsatz und seine engagierte Arbeit“. Es sei ihm gelungen, „viele wichtige sozialdemokratische Meilensteine zum Wohle der Steirerinnen und Steirer umzusetzen“. Schickhofer habe die Partei „in einer schwierigen Zeit übernommen“, so Rendi-Wagner.

SPÖ-Chef Schickhofer tritt zurück

Nach der Niederlage bei der steirischen Landtagswahl legte der SPÖ-Parteivorsitzende Michael Schickhofer alle Ämter zurück.

Dank kam auch vom steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP): „Wir haben gemeinsam einige Reformen für die Steiermark umgesetzt. Er hat sich in vielen Bereichen engagiert, und auch wenn wir in einer Frage, nämlich jener des Wahltermins, nicht einig waren, haben wir gemeinsam viel weitergebracht.“ Er respektiere Schickhofers Entscheidung und wünsche ihm viel Erfolg für die Zukunft. Auch vom FPÖ-Spitzenkandidaten Mario Kunasek, der KPÖ-Klubchefin Claudia Klimt-Weithaler und NEOS-Landessprecher Nikolaus Swatek kamen Glückwünsche.

„Schmerzliches Ergebnis“

Ein Rücktritt war von Schickhofer selbst und steirischen SPÖ-Spitzenpolitikern am Wahlabend noch weitgehend ausgeschlossen worden, man hatte auf die am Montagnachmittag tagenden Gremien verwiesen. In seinem ersten Statement hatte Schickhofer gefasst gewirkt. Mit dem Ergebnis könne man nicht glücklich sein, sagte er. Das vorläufige Ergebnis sei aber besser als die Umfragen, die die SPÖ bei 19 Prozent gesehen hätten. Auch habe man besser abgeschnitten als bei der Nationalratswahl im September.

Rendi-Wagner und Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch bezeichneten in einer gemeinsamen Aussendung das Resultat als „ein schmerzliches Ergebnis für die SPÖ Steiermark“. Als einen Grund machte Deutsch aus, dass die SPÖ 2015 der ÖVP den Landeshauptmann überlassen habe, obwohl sie stärkste Partei war. Zur Ruhe kommen wird die SPÖ mit diesem Ergebnis freilich nicht.

Parteijugend will Sonderparteitag

Als Erster meldete sich der Kärntner SPÖ-Landeshauptmann Peter Kaiser zu Wort. Er forderte von seiner Partei eine Grundsatzdebatte über Inhalte. „Die Sozialdemokratie braucht eine radikale Grundbesinnung“, hieß es in einem Brief, den der stellvertretende Bundesparteivorsitzende an die Vorstände von Bundes-SPÖ und Landesparteien schickte. „Ich habe genug von der Reduktion auf Personaldebatten“, sagte Kaiser, diese seien unnötig. Er forderte von den Genossen mehr „politisches Selbstbewusstsein“.

Am Montag legte dann die Parteijugend mit Kritik nach: Die kürzlich zur Klimabeauftragten ernannte Nationalratsabgeordnete und SJ-Chefin Julia Herr forderte im Interview mit „Österreich“ einen Sonderparteitag in naher Zukunft. Der nächste reguläre Parteitag sei erst in zwei Jahren, „das ist viel zu spät“. Die SPÖ brauche eine Öffnung für „neue Ideen“. Es brauche aber keine Personaldiskussion, sondern eine Themendebatte.

Der ehemalige SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher, ein Steirer, sah sich in seiner Kritik an der SPÖ nach der Nationalratswahl bestätigt. Die Wahl in der Steiermark sei „eine weitere Bestätigung dafür, dass wir dringend einen inhaltlichen und organisatorischen Erneuerungsprozess brauchen“, schrieb Lercher auf Facebook. Die Gründe für das Minus seien „nicht zu trennen von den Problemen in der SPÖ“.

Zeiler will Vorsitz nicht

Zu Wort meldete sich am Montag auch Medienmanager Gerhard Zeiler, der 2016 neben Christian Kern als SPÖ-Chef im Gespräch war. Er sagte bei der Präsentation seines Buches „Leidenschaftlich rot“ über die SPÖ, dass er im Falle eines Rücktritts Rendi-Wagners die Partei nicht übernehmen wolle. Er habe das Buch auch nicht geschrieben, um sich für den Vorsitz oder eine andere Funktion zu bewerben.

Gerhard Zeiler
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Zeiler präsentierte just am Montag sein Buch über die SPÖ

Der Ex-Pressesprecher der früheren SPÖ-Bundeskanzler Fred Sinowatz und Franz Vranitzky verteidigte Rendi-Wagner und betonte, dass sie „die Loyalität der SPÖ verdient“ habe. Er sagte aber auch, dass die SPÖ einen personellen Neuanfang mit ihr brauche. Zeiler riet Rendi-Wagner, nicht nur eine breite inhaltliche Diskussion in Gang zu setzen, sondern auch ein junges, weibliches Team, das die Zukunft der SPÖ repräsentiert, aufzustellen.

Zeiler glaubt, dass sie dabei auch Anleihen bei ÖVP-Obmann Sebastian Kurz nehmen könnte, der vor seiner Wahl ein junges Team um sich geschart habe. Etwaige personelle Konsequenzen in der Bundespartei würde Zeiler Rendi-Wagner überlassen, aber die Bestellung von Deutsch zum Bundesgeschäftsführer hält er für „kein gutes Signal“.

SPÖ in historischem Tief

Die SPÖ steht in der Steiermark nach der Wahl von Sonntag so schlecht wie nie da. Sie erlitt mit mehr als sechs Prozentpunkten ihren zweitgrößten Verlust – und stürzte damit in ein historisches Tief. In insgesamt 251 Gemeinden verlor die Partei Stimmen. Den größten Rückgang musste sie in Hart bei Graz mit minus 15,6 Prozentpunkten verzeichnen. Ihr schwächstes Ergebnis fuhr sie in Großsteinbach mit 8,1 Prozent ein.

Hochrechnung LTW19 Steiermark
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In nur acht Gemeinden hatten die Sozialdemokraten mehr als 50 Prozent, in 53 waren sie noch die stärkste Kraft. Rote Hochburg war Vordernberg mit 70,0 Prozent. Ein Plus gab es in nur 36 Gemeinden, den größten Stimmenzuwachs schaffte die SPÖ in Eibiswald mit plus 16,1 Prozentpunkten (auf 40,8 Prozent) – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Die Detailergebnisse der SPÖ

Dämpfer auch im Bund

Die Landtagswahl bescherte der SPÖ auch im Bund einen schweren Dämpfer: Im Bundesrat verlieren die Sozialdemokraten damit an Gewicht. Bisher hatte die SPÖ nämlich ein Drittel der Abgeordneten in der Länderkammer und konnte Verfassungsänderungen, die in Landeskompetenzen eingreifen, im Alleingang blockieren. Nun verlor die SPÖ das entscheidende Mandat.

Rückblick auf den Wahltag

Landeshauptmann bleibt Hermann Schützenhöfer (ÖVP), seine Anhänger jubelten ebenso die Grünen. Lange Gesichter gab es bei der SPÖ, die Schützenhöfer ablösen wollte.

ÖVP klar voran

Bei der Wahl am Sonntag hatten ÖVP und Grüne die größten Gewinne eingefahren. Mit rund 36 Prozent laut Hochrechnung inklusive Briefwahlprognose konnte Schützenhöfer die SPÖ klar auf den zweiten Platz verweisen. Knapp acht Prozentpunkte gewann die ÖVP dazu. Zweite große Gewinner waren die Grünen mit einem Plus von mehr als fünf Prozentpunkten und insgesamt über zwölf Prozent.

Mandate Hochrechnung LTW19 Steiermark
ORF/SORA

Einen Absturz bescherten die Wählerinnen und Wähler in der Steiermark der FPÖ, die mit einem Minus von mehr als neun Prozentpunkten nur noch auf rund 17 Prozent kam. Freude herrschte hingegen bei der KPÖ, die noch zulegen konnte und mit rund sechs Prozent im Landtag bleibt. Erstmals den Einzug schaffte NEOS mit etwas mehr als fünf Prozent – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Am Montag werden noch fast 90.000 Briefwahlstimmen ausgezählt. Laut den Hochrechnern dürften diese noch ein Mandat von der FPÖ zu den Grünen verschieben und vielleicht auch eines von der KPÖ zur SPÖ. Das wird allerdings nichts an den möglichen Koalitionsvarianten ändern. Einen Symbolsieg könnten zudem mit den Briefwahlstimmen die Grünen einfahren: Die Partei könnte die ÖVP in Graz als stärkste Partei ablösen. Im Urnenergebnis lagen die Grünen nur 449 Stimmen hinter der ÖVP, und traditionell schneidet die Partei bei Wahlkarten gut ab – mehr dazu in steiermark.ORF.at.

Wahlbeteiligung auf Rekordtief

Die Wahlbeteiligung sank auf ein Rekordtief. Auch wenn sie mit Auszählung der Briefwahl laut den Hochrechnern noch auf bis zu 63,3 Prozent steigen wird, ist das der niedrigste Wert seit 1945. Erstmals nutzten weniger als zwei Drittel der Steirerinnen und Steirer ihr Wahlrecht.

Offen ist nun, mit wem die ÖVP regieren will. Rechnerisch möglich und laut Beobachtern wohl auch am wahrscheinlichsten wäre die Fortsetzung der bisherigen ÖVP-SPÖ-Zusammenarbeit, Schwarz-Blau nach dem Grazer Modell oder eine – eher unwahrscheinliche – Dreiervariante von ÖVP, Grünen und NEOS wie in Salzburg. Eine Koalition aus ÖVP und Grünen geht sich nicht aus.