EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hält eine Rede
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Ab 1. Dezember im Amt

Die neue Kommission im Überblick

Die neue EU-Kommission hat am Mittwoch vom EU-Parlament grünes Licht bekommen – damit können EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und ihre 26 Kommissare am 1. Dezember ihre Arbeit aufnehmen. Nachfolgend die Zusammensetzung der neuen Kommission im Überblick.

Angeführt wird die EU-Kommission von der deutschen Christdemokratin von der Leyen. Die 61-Jährige war die Überraschungskandidatin der EU-Staats- und -Regierungschefs und wurde Mitte Juli vom EU-Parlament mit knapper Mehrheit gewählt. In Deutschland war die in Brüssel geborene, mehrsprachige Mutter von sieben Kindern unter anderem Familien-, Sozial- und Verteidigungsministerin (CDU).

Flankiert wird die EU-Kommissionschefin von drei exekutiven Vizepräsidenten: der dänischen Liberalen Margrethe Vestager, dem niederländischen Sozialdemokraten Frans Timmermans und dem lettischen Christdemokraten Valdis Dombrovskis.

Wettbewerb weiter in Vestagers Hand

Die 51-jährige Vestager wollte selbst Kommissionspräsidentin werden – und bekommt nun als „exekutive Vizepräsidentin“ die Zuständigkeit für Digitales und Wettbewerb. Als Wettbewerbskommissarin in der bisherigen Kommission hatte sich die Dänin unter anderem Google, Facebook und Amazon vorgeknöpft. In Dänemark war die studierte Ökonomin vorher Bildungs-, Wirtschafts- und Innenministerin.

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Margrethe Vestager
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In Ursula von der Leyens EU-Kommission gibt es gleich acht Vizepräsidenten und -präsidentinnen, darunter die dänische Liberale Margrethe Vestager
Frans Timmermans
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Neben Vestager ist der niederländische Sozialdemokraten Frans Timmermans ebenfalls exekutiver Vizepräsidenten
Valdis Dombrovskis
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Dritter exekutiver Vizepräsidenten ist der lettische Christdemokrat Valdis Dombrovskis
Josep Borrell
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Dazu kommen noch Vizepräsidenten wie der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell aus Spanien
Margaritis Schinas
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Der ehemalige Kommissionssprecher Margaritis Schinas ist nun Vize-Präsident – und wird als EU-Kommissar „fördern, was Europa ausmacht“
Maros Sefcovic
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Der Slowake Maros Sefcovic leitet als Vizepräsident das Ressort interinstitutionelle Beziehungen
Vera Jourova
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Die tschechische Liberale Vera Jourova ist als Vizepräsidentin für Werte und Transparenz zuständig
Dubravka Suica
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Mit Dubravka Suica stellt auch Kroatien eine Vizepräsidentin. Die 62-Jährige übernimmt zudem das Ressort Demokratie und Demografie.

Wie Vestager strebte auch der 58-jährige Timmermans selbst an die Kommissionsspitze. Nun ist er als Vizepräsident für Klima und Umweltschutz zuständig. Der ehemalige niederländische Außenminister ist schon seit 2014 Erster Vizepräsident. Der Diplomat, der sieben Sprachen beherrscht, war bisher unter anderem für Rechtsstaatlichkeit zuständig.

Der 48-jährige Dombrovskis bekommt das Ressort Wirtschaft. Auch er ist schon seit 2014 Vize, bisher zuständig für den Euro. Vorher war er von 2009 bis 2013 lettischer Regierungschef.

Ex-Kommissionssprecher nun Vizepräsident

Der spanische Sozialdemokrat Josep Borrell (72) wird EU-Außenbeauftragter und ebenfalls Vizepräsident der EU-Kommission. Der Ökonom ist seit Juni 2018 spanischer Außenminister. Zuvor hatte er seit Ende der 1970er Jahre diverse Regierungsposten und war von 2004 bis 2007 Präsident des EU-Parlaments.

Der ehemalige Kommissionssprecher Margaritis Schinas wird als griechischer Vertreter der EU-Kommission nun als Vizepräsident „fördern, was Europa ausmacht“ – zum Beispiel das Prinzip der Gleichheit und Diversität. Zudem soll er die geplanten Projekte in der Migrationspolitik koordinieren. Schinas war EU-Karrierebeamter – unterbrochen von 2007 bis 2009 durch ein Mandat als EU-Abgeordneter der konservativen Nea Dimokratia.

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Grafik zur EU-Kommission
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA
Grafik zur EU-Kommission
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Der Slowake Maros Sefcovic bekommt als Vizepräsident das Ressort interinstitutionelle Beziehungen. Der 53-Jährige ist seit 2009 Mitglied der EU-Kommission. Zuletzt war er für die Energieunion zuständig. Der Jurist mit langjähriger diplomatischer Erfahrung ist formell parteilos, steht aber den Sozialdemokraten nahe.

Jourova wechselt von Justiz zu Transparenz

Die tschechische Liberale Vera Jourova (55) ist als Vizepräsidentin für Werte und Transparenz zuständig. Sie war bisher EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucherschutz und Gleichstellung. Sie setzte sich unter anderem für strengere Regeln für Technologieriesen wie Facebook und für Airbnb ein.

Die Kroatin Dubravka Suica wird die zuständige Vizepräsidentin für Demokratie und Demografie. Die 62-Jährige ist Mitglied der konservativen kroatischen Regierungspartei HDZ, war seit 2013 Europaabgeordnete – also seit dem EU-Beitritt ihres Landes. Zuvor war die Deutsch- und Englischlehrerin lange Bürgermeisterin von Dubrovnik.

Binnenmarkt, Verkehr, Erweiterung

Der frühere Unternehmer und Minister Thierry Breton zieht für Frankreich in die EU-Kommission und übernimmt dort das für den Binnenmarkt zuständige Ressort. Er war bis Ende Oktober Geschäftsführer des französischen IT-Dienstleisters Atos. Von 2002 bis 2005 leitete er den französischen Telekommunikationsriesen France Telecom. Von 2005 bis 2007 war er Wirtschafts- und Finanzminister. Die erste Nominierte, Sylvie Goulard, war wegen laufender Ermittlungen in einer Scheinbeschäftigungsaffäre abgelehnt worden.

Für Rumänien übernimmt Adina Valean als Verkehrskommissarin. Sie war seit 2007 Europaabgeordnete der liberal-konservativen PNL. Die studierte Mathematikerin war vorher Mitglied mehrerer Stiftungen und Verbände, die unter anderem liberale Wirtschaftspolitik fördern. Die erste rumänische Kandidatin, Rovana Plumb, war wegen finanzieller Interessenkonflikte vom Europaparlament gestoppt worden.

Oliver Varhelyi wird Kommissar für Nachbarschaft und Erweiterung. Der ungarische Diplomat gehört zwar nicht der FIDESZ-Partei des ungarischen Regierungschefs Viktor Orban an, gilt aber als loyaler Anhänger Orbans. Einige Abgeordnete befürchteten bei ihm eine zu große Nähe zu Orban. Varhelyi war zum Zeitpunkt seiner Nominierung der ungarische EU-Botschafter. Orbans erste Wahl Laszlo Trocsanyi lehnten die EU-Abgeordneten ebenfalls wegen finanzieller Interessenkonflikte ab.

Justiz, Innovation, Handel

Der Liberale Didier Reynders wird Justizkommissar. Er ist seit 2011 belgischer Außenminister. Zuvor war er viele Jahre Finanzminister und Vizepremier. Bereits 2014 war er als belgischer EU-Kommissar im Gespräch, doch erhielt die Christdemokratin Marianne Thyssen den Vorzug. Zuletzt sondierte Reynders im Auftrag des belgischen Königs für eine mögliche neue Regierung nach der Parlamentswahl vom Mai.

Die bulgarische Christdemokratin Marija Gabriel soll Kommissarin für Innovation und Jugend werden. Sie ist 40 Jahre alt und seit Juli 2017 als jüngstes Mitglied der EU-Kommission unter Juncker für das Ressort digitale Wirtschaft und Gesellschaft zuständig. Zuvor war die Philologin von 2009 bis 2017 Europaabgeordnete. Gabriel gehört zur in Sofia regierenden bürgerlichen Partei GERB.

Der Christdemokrat Phil Hogan, bisher Agrarkommissar, ist nun als Handelskommissar vorgesehen. Anfang der 1980er Jahre hatte der irische Ökonom vorübergehend den Bauernhof seiner Familie geführt, bevor er Parlamentsabgeordneter und später unter anderem Umweltminister wurde.

Österreich weiter von Hahn vertreten

Der Sozialdemokrat Paolo Gentiloni (65) soll Wirtschaftskommissar werden. Er war in Italien mehrfach Minister und schließlich von Ende 2016 bis 2018 Regierungschef. Nach dem Start der Populistenkoalition in Rom blieb er bis zum erneuten Regierungswechsel Abgeordneter der PD. Der Römer hat Politikwissenschaften studiert und spricht fließend Englisch.

Österreichs EU-Kommissar bleibt Johannes Hahn. Der 61-Jährige war bisher Kommissar für Erweiterung und Nachbarschaftsfragen und bekommt nun das Ressort Budget und Verwaltung. Der ÖVP-Politiker war vor der Brüsseler Zeit Wissenschaftsminister.

Der designierte EU-Budgetkommissar Johannes Hahn
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Für Johannes Hahn beginnt die bereits dritte Amtszeit als EU-Kommissar

Die Neulinge

Neue Gesichter kommen indes aus Estland, Finnland, Litauen, Luxemburg, Malta, Polen, Portugal, Schweden, Slowenien und Zypern. Die Estin Kadri Simson (42) wird Energiekommissarin. Die frühere Wirtschaftsministerin von der linksgerichteten Zentrumspartei ist Wunschkandidatin von Regierungschef Jüri Ratas.

Für Finnland übernimmt Jutta Urpilainen das Ressort für internationale Partnerschaften. Sie war früher Vorsitzende der finnischen Sozialdemokraten und Finanzministerin. Doch musste die studierte Pädagogin die Parteiführung 2014 an den heutigen Ministerpräsidenten Antti Rinne abgeben.

Litauen schickt Virginijus Sinkevicius in die Kommission. Der 29-Jährige übernimmt das für Umwelt und Ozeane zuständige Ressort. Der Ökonom und Jurist ist vom Bund der Bauern und Grünen. Er war als jüngster Minister in der Geschichte seines Heimatlandes seit 2017 für Wirtschaft und Innovation zuständig. Seine Partei steht den europäischen Grünen nahe, ist aber eher in der politischen Mitte angesiedelt.

Luxemburg nun von Schmit vertreten

Der Sozialdemokrat Nicolas Schmit wird Kommissar für Arbeitsplätze. Er war Luxemburgs Botschafter bei der EU und von 2009 bis 2018 Arbeitsminister. Im Mai 2019 wurde er ins Europaparlament gewählt. Schmit hätte schon 2014 EU-Kommissar werden sollen, musste aber wegen Jean-Claude Junckers Ernennung zum Kommissionspräsidenten verzichten.

Helena Dalli aus Malta wird Kommissarin für Gleichstellung. Die Sozialdemokratin ist langjährige Abgeordnete im maltesischen Parlament. Von 2013 bis 2017 war die promovierte Soziologin Sozial- und Verbraucherschutzministerin, danach Ministerin für EU-Angelegenheiten und Gleichberechtigung.

Der Pole Janusz Wojciechowski wird Landwirtschaftskommissar. Der 64-Jährige gehört zur rechtskonservativen Regierungspartei PiS. Er war früher Richter und leitete den polnischen Rechnungshof, bevor er 2004 EU-Abgeordneter wurde. Wegen möglicher Unregelmäßigkeiten bei Reisekostenabrechnungen während seiner Zeit im Europaparlament ermittelt die EU-Antibetrugsbehörde OLAF gegen ihn.

Kohäsion und Inneres

Die Portugiesin Elisa Ferreira (64) übernimmt als Kommissarin die Ressorts Kohäsion und Reformen. Sie war zuletzt Vizegouverneurin der portugiesischen Zentralbank. Die Sozialistin war in den 1990er Jahren unter anderem Umweltministerin, später war sie Abgeordnete im nationalen und im EU-Parlament.

Die Sozialdemokratin Ylva Johansson wird Kommissarin für Inneres. Die Schwedin war zuletzt Arbeitsmarktministerin, hatte vorher aber auch schon andere Ministerämter. Nach ihrem Lehramtsstudium in Lund arbeitete sie früher als Mathematik-, Physik- und Chemielehrerin.

Krisenmanagement und Gesundheit

Der slowenische Karrierediplomat Janez Lenarcic (52) wird Kommissar für Krisenmanagement. Er war nicht nur Botschafter seines Landes bei der EU, sondern auch Vertreter bei der OSZE und den Vereinten Nationen. Zwischendurch war er Berater des Außenministeriums und der Regierung.

Das Ressort Gesundheit übernimmt schließlich die zypriotische Konservative Stella Kyriakidou. Die 63-Jährige ist langjährige Parlamentsabgeordnete, zwischen 2017 und 2018 war sie auch Präsidentin der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Die Kinderpsychologin gilt als Vertraute von Präsident Nikos Anastasiades.

Auf einen Kommissar aus dem Noch-EU-Land Großbritannien wird weiter gewartet, die EU-Kommission hat bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen London eingeleitet.