Die Verhandlungsteams unter Führung von Sebastian Kurz und Werner Kogler
APA/Roland Schlager
Koalitionsgespräche

Kurz sieht „sehr entscheidende Phase“

Weiterhin ohne Festlegungen ist am Montag die Zwischenbilanz der Regierungsverhandlungen von ÖVP und Grünen ausgefallen. Es gebe bereits Übereinstimmungen, aber weiterhin auch Punkte, bei denen man weit auseinanderliege, berichteten die Parteichefs Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) am Nachmittag getrennt voneinander.

Die kommenden Wochen seien „sicherlich eine sehr entscheidende Phase“, sagte Kurz – flankiert von seinem Team – in der Sala Terrena des Winterpalais in der Wiener Himmelpfortgasse. Bereits am Dienstag werde weiterverhandelt. Teilweise seien nur die Gruppenleiter am Wort, teilweise weitere Personen. Am Mittwoch ist das nächste Vieraugentreffen der beiden Parteichefs angesetzt.

An den Zielen habe sich auf beiden Seiten nichts geändert, sagte Kurz und nannte für die ÖVP Standort- und Steuerpolitik sowie Migration, für die Grünen Ökologisierung, Kampf gegen den Klimawandel und Transparenzthemen. Wo man sich da bereits gefunden habe, nannte Kurz nicht und erinnerte an die vereinbarte Vertraulichkeit: „Ich möchte Sie da nicht anlügen.“ Wage man einen objektiven Blick auf beide Parteien, dann sei offensichtlich, wo es Gemeinsamkeiten gebe – und wo es Themenfelder gibt, „wo die Positionen wie zu erwarten weit auseinanderliegen“.

Sebastian Kurz (ÖVP) zum Stand der Koalitionsverhandlungen

Die kommenden Wochen seien „sicherlich eine entscheidende Phase bei den Koalitionsgesprächen mit den Grünen“, sagte ÖVP-Chef Kurz.

Kurz: Verhandlungen mit Grünen schwieriger als mit FPÖ

Dass die Koalition bis Weihnachten steht, darauf wollte sich Kurz nicht festlegen. Der ÖVP-Obmann erinnerte neuerlich daran, dass die Verhandlungen mit der FPÖ vor 2017 „extrem zügig“ vorangegangen seien. Die Regierungsbildung sei innerhalb von zwei Monaten erfolgt.

Mit den Grünen habe man gerade einmal zwei Verhandlungswochen hinter sich. „Tempo ist wichtig, Qualität ist wichtiger“, so Kurz. Die Verhandlungen mit den Grünen seien deutlich schwieriger „als mit der FPÖ damals“. Einerseits, weil die ÖVP mehrere Möglichkeiten habe, zum anderen, weil die Parteien inhaltlich deutlich weiter auseinanderlägen.

Kogler: „Für Österreich ist es gut, wenn es gelingt“

Auch Kogler, der nach Kurz vor die Presse trat, wollte sich auf einen Abschluss der Verhandlungen bis Weihnachten nicht festlegen. So schnell wie möglich, aber so lang wie notwendig, laute das Motto, sagte er. „In einigen Bereichen sind stabile Brücken gebaut worden“, sagte Kogler, in anderen Bereichen gebe es aber noch „große Brocken, die weggeräumt werden müssen.“

Grünen-Chef Werner Kogler zu den Gesprächen mit der ÖVP

Die Gespräche über eine Koalition mit der ÖVP kommen laut Kogler voran. In manchen Bereichen gebe es allerdings „große Brocken“ wegzuräumen.

„Mal schauen, wie aus Brocken Brücken werden“, zeigte sich der Grünen-Chef einmal mehr zu launigen Wortspielen aufgelegt. Dass die kommenden zwei Wochen entscheidend seien, wollte er nicht bestätigen: „Die entscheidenden Tage und Wochen sind, wenn Entscheidungen fallen.“

Das Einvernehmen sei jedenfalls weiter gut, sagte Kogler, und zeigte sich regierungsbereit: „Mein Gott, ich glaube, für Österreich ist es gut, wenn es gelingt.“ Es gebe aber auf beiden Seiten die Erwartung, dass das Programm dann auch die jeweilige Handschrift trage. Dass die Arbeit der 33 Fachgruppen mit der nunmehrigen Zwischenbilanz abgeschlossen sei, stimme nicht. Es gebe nach wie vor 33 Themenfelder, die man behandle, so der Bundessprecher der Grünen.

Noch immer alles offen bei den Koalitionsgesprächen

64 Tage sind seit der Nationalratswahl bereits vergangen, und noch immer ist bei den Regierungsverhandlungen zwischen ÖVP und Grünen alles offen.

Van der Bellen will keinen Druck machen

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hofft unterdessen, dass die nächste Regierung genügend Rückhalt hat, um „endlich eine ganze Legislaturperiode“ – die fünf Jahre dauert – zu halten. Mittlerweile habe es zwei vorgezogene Wahlen gegeben, „das sollte nicht zur Regel werden“, sagte er Montag in der ZIB2. Zeitdruck will Van der Bellen weiter keinen ausüben: „Wenn es vor Weihnachten nicht klappt, wird es nach Weihnachten klappen“ – er wollte das aber nicht dahingehend verstanden wissen, dass Türkis-Grün jedenfalls komme.

Denn er wolle „nicht spekulieren“, ob ÖVP und Grüne zusammenfinden. Er merkte, angesprochen auf die 2003 geplatzten schwarz-grünen Verhandlungen, aber an, dass sich die Verhandler auf beiden Seiten seither „deutlich verändert“ hätten und es „allen bewusst ist, was das für eine Chance ist“. In die Verhandlungen mische er sich nicht ein, aber er werde regelmäßig informiert, wo der Prozess steht.