Google-Gründer Larry Pag
AP/Jeff Chiu
Überraschender Machtwechsel

Google-Gründer danken ab

Bei Google endet eine Ära: Die beiden Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin hören als Chefs der Google-Mutter Alphabet auf und übergeben an Sundar Pichai. Er führt bereits seit Längerem die Geschäfte von Google – und zementiert nun mit einem Schlag seine Rolle als eine der mächtigsten Personen des Silicon Valley.

Der Konzern teilte den sofortigen Personalwechsel am Dienstag nach US-Börsenschluss im kalifornischen Mountain View mit. Pichai wird künftig sowohl als Vorstandschef von Alphabet als auch von Google agieren. Damit ist er auch für Alphabets Zukunftsprojekte zuständig. Der 46-jährige Google-Gründer Page war zuletzt Alphabet-Chef, der gleichaltrige Brin hielt im Management einen Posten als „Präsident“ mit einem nicht näher beschriebenen Aufgabenbereich.

Beide behalten ihre Sitze im Verwaltungsrat, der dem Vorstand übergeordnet ist. Sie behalten weitgehend die Kontrolle durch besondere Aktien mit mehr Stimmrechten. Branchenbeobachter spekulierten bereits seit einiger Zeit über die Zukunft von Page, weil er sich kaum noch in der Öffentlichkeit blicken ließ. Gleichzeitig steckte Page Geld und Zeit in die Entwicklung kleiner Flugmaschinen, aus denen eines Tages Flugtaxis werden sollen. Trotzdem komme der sofortige Machtwechsel unerwartet, schrieb etwa das „Wall Street Journal“.

Alphabet als Dachkonzern

Alphabet war 2015 als Konzerndach über Google gesetzt worden. Die Idee war, diverse neue Bereiche als eigenständige Schwesterfirmen neben Google aufzubauen. Zum Dachkonzern gehören zum Beispiel die Roboterautofirma Waymo und der Lieferdrohnenentwickler Wing. Die Einnahmen kommen allerdings nach wie vor hauptsächlich aus dem Werbegeschäft von Google. Die anderen Alphabet-Firmen mit ihren neuen Technologien erzeugen hohe Kosten bei geringen Umsätzen.

So kamen die Google-Geschäftsbereiche im vergangenen Quartal auf Erlöse von gut 40,3 Milliarden Dollar (36,3 Mrd. Euro) – alle restlichen Alphabet-Firmen brachten in dieser Zeit 155 Millionen Dollar Umsatz ein. Dafür kamen bei ihnen operativ rote Zahlen von 941 Millionen Dollar zusammen, während Google fast 10,9 Milliarden Dollar verdiente.

Pichai seit 2004 bei Google

Der 47-jährige Pichai stammt aus dem südindischen Bundesstaat Tamil Nadu. In die USA kam er 1993 mit einem Stipendium für die kalifornische Eliteuni Stanford, um Halbleiterphysik zu studieren. Seine Eltern mussten auf Ersparnisse zurückgreifen, um für das Flugticket 1.000 Dollar zusammenzukratzen. Es war mehr als ihr jährliches Einkommen, wie Pichai dem Magazin „Bloomberg Businessweek“ erzählte. Er wuchs in einfachen Verhältnissen auf.

Google CEO Sundar Pichai
Reuters/Brandon Wade
Pichai ist längst eine der wichtigsten Personen in der Tech-Branche

Bei Google startete Pichai am 1. April 2004 – dem Tag, an dem der E-Mail-Dienst des Internetkonzerns gestartet wurde, was auch er anfangs für einen der üblichen Aprilscherze der Firma hielt. Seine erste Aufgabe war die Arbeit am Google-Suchfenster in Browsern wie Firefox und Microsofts Internet Explorer. Pichais Vorschlag, Google sollte einen eigenen Webbrowser entwickeln, überzeugte die Gründer – und der Erfolg von Chrome war seine Eintrittskarte in die Chefetage. Page war mit der Gründung von Alphabet von der Google-Spitze auf den Chefposten beim neuen Dachkonzern gewechselt. Pichai übernahm die Führung bei Google. Diesen Job wird er auch behalten.

Unter verstärktem politischen Druck

Pichai muss Google und Alphabet durch eine schwierige Zeit navigieren. Der Konzern steht – wie auch andere amerikanische Tech-Schwergewichte – unter verstärktem politischen Druck, unter anderem aufgrund von Steuer- und Datenschutzfragen. Inzwischen nehmen auch die lange wohlwollenden US-Wettbewerbshüter Google ins Visier. In Europa verhängte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager bereits Strafen von mehr als acht Milliarden Euro gegen Google. Der Internetkonzern steckte sie locker weg.

In jüngster Zeit geriet Google aber auch mehrfach auf Kollisionskurs mit seinen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. So lösten Medienberichte, wonach Andy Rubin, der führende Entwickler des dominierenden Mobilbetriebssystems Android, trotz Vorwürfen sexueller Nötigung mit einer Abfindung von 90 Millionen Euro aus der Firma ausgeschieden sei, vor gut einem Jahr Proteste an diversen Google-Standorten aus. Rubin bestritt die Vorwürfe. Viele Mitarbeiter prangerten dennoch Sexismus im Unternehmen an. Auch ein Softwaredeal mit dem US-Militär sorgte intern für Ärger.

Page war in der Anfangszeit Chef von Google, räumte dann den Platz für den erfahrenen Softwaremanager Eric Schmidt und kehrte 2011 an die Google-Spitze zurück. Die Alphabet-Mitteilung machte nun deutlich, dass die beiden Gründer keine Ambitionen haben, irgendwann ins Management zurückzukommen. „Wir gehörten nie zu denen, die sich an Managementpositionen klammern, wenn wir glauben, dass es einen besseren Weg gibt, das Unternehmen zu führen“, verkündeten Page und Brin in einem Blogeintrag. „Google ist keine konventionelle Firma. Wir wollen auch keine werden.“