Archivbild zeigt Spurensicherung am Tatort im Tiergarten in Berlin
APA/AFP/dpa/Christoph Soeder
Georgier in Berlin ermordet

Deutschland weist russische Diplomaten aus

Rund drei Monate nach dem Mord an einem Georgier in Berlin weist Deutschland zwei russische Diplomaten aus. Sie seien mit sofortiger Wirkung zu unerwünschten Personen erklärt worden, teilte das deutsche Außenministerium am Mittwoch in Berlin mit. Die deutsche Regierung zieht damit die Konsequenzen aus einer möglichen Verstrickung des russischen Geheimdienstes.

Am 23. August war ein 40 Jahre alter Georgier mit tschetschenischen Wurzeln in einem kleinen Park in Berlin-Moabit von hinten erschossen worden. Sein Mörder hatte sich ihm auf einem Fahrrad genähert und auf Rücken und Kopf gezielt. Der mutmaßliche Täter, ein 49 Jahre alter Mann mit russischem Pass, war kurz nach der Tat gefasst worden. Seit seiner Festnahme schweigt er.

Mit der Ausweisung der beiden Diplomaten reagiert Deutschland nach Angaben des Außenministeriums darauf, dass die russischen Behörden trotz wiederholter hochrangiger und nachdrücklicher Aufforderungen nicht hinreichend an der Aufklärung mitgewirkt hätten.

Übersichtsfoto über die russische Botschaft in Berlin
Reuters/Fabrizio Bensch
Die russische Botschaft in Berlin

Bundesanwaltschaft übernimmt Ermittlungen

Dabei gebe es Anhaltspunkte, „dass die Tötung entweder im Auftrag von staatlichen Stellen der Russischen Föderation oder solchen der Autonomen Tschetschenischen Republik als Teil der Russischen Föderation erfolgt ist“, heißt es in der Erklärung, der zufolge nach wie vor dringender Tatverdacht gegen den inhaftierten russischen Staatsangehörigen Wadim (Vadim) K. alias Wadim (Vadim) S. bestehe.

Wegen des Verdachts, dass staatliche Stellen in Russland oder in der Teilrepublik Tschetschenien den Mord in Auftrag gegeben haben, übernahm am Mittwoch die Bundesanwaltschaft den Fall. Zuständig ist diese Staatsanwaltschaft nur dann, wenn es den konkreten Verdacht gibt, dass der Geheimdienst einer fremden Macht hinter einer Tat steht. Dann wird in Karlsruhe die Spionageabteilung tätig. Hintergrund ist, dass „geheimdienstliche Agententätigkeit“ die äußere Sicherheit Deutschlands gefährden könnte.

Das Mordopfer hatte nach verschiedenen Medienberichten Anfang der 2000er Jahre auf der Seite muslimischer Tschetschenen gegen Russland gekämpft. Auf den Mann soll es im Mai 2015 in der georgischen Hauptstadt Tiflis schon einmal einen Mordanschlag gegeben haben, den er verletzt überlebte. Nach seiner Flucht aus Georgien stellte der Mann in Deutschland einen Asylantrag. Dort lebte er seit 2016. „Das Tatopfer Tornike K. wurde durch russische Behörden als Terrorist eingestuft und als solcher verfolgt“, teilte die Bundesanwaltschaft dazu am Mittwoch mit.

„Absolut haltlose Spekulation“

Russland wies jede Verwicklung in den Mord von sich. „Das ist eine absolut haltlose Spekulation“, sagte der Sprecher des Kreml, Dimitri Peskow, am Mittwoch. „Dieses Thema wird von den deutschen Medien irgendwie aufgebauscht. Aber das bedeutet nicht, dass die Dinge so gelaufen sind.“ Er glaube nicht, dass es ernsthafte Verdachtsmomente einer Verwicklung der russischen Behörden gebe.

Die Ausweisung der zwei Diplomaten aus Deutschland sei nach Angaben aus dem russischen Außenministerium „unfreundlich und grundlos“. Aus diesem Grund sei Moskau nun gezwungen, „eine Reihe von Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen“.

Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel verteidigte am Rande des NATO-Gipfels im britischen Watford die Vorgangsweise. „Wir haben diese Maßnahmen ergriffen, weil wir nicht gesehen haben, dass Russland uns bei der Aufklärung dieses Mord unterstützt“, so Merkel, der zufolge es „bilateral schon ein Ereignis“ sei, „dass wir von Russland leider keine aktive Hilfe bei der Aufklärung dieses Vorfalls bekommen haben“.