Demo des „Sardine Movement“
APA/AFP/Andreas Solaro
Italien

Tausende „Sardinen“ bei Demo gegen Salvini

Zehntausende Menschen sind am Samstag in Rom gegen Rechtspopulismus auf die Straße gegangen. Die erste Kundgebung in der italienischen Hauptstadt ist der bisherige Höhepunkt der „Sardinen“-Bewegung, die erst vor einem Monat in Italien entstand – und sich gegen den der Chef der rechtspopulistischen Lega, Matteo Salvini, richtet.

Viele der Demonstranten trugen Bilder und Figuren von Sardinen bei sich. Wie viele „Sardinen“ genau auf die Straßen gingen, war am frühen Abend noch unklar, Medien rechneten jedoch mit rund 100.000 Teilnehmern und Teilnehmerinnen auf der Piazza San Giovanni, einem traditionellen Kundgebungsplatz der Gewerkschaften und italienischen Linken.

„Wir wollen eng wie Sardinen zusammenrücken, um zu verhindern, dass Populismus in Italien noch mehr Fuß fasst. Auf Hass und Intoleranz reagieren wir mit Kampf gegen Diskriminierung, mit Beteiligung auf den Plätzen, mit Kreativität und Fantasie“, betonte Mattia Santori, Gründer der Bewegung, in einer Ansprache auf der Bühne. Santori meinte, die Bewegung habe ihr Ziel erreicht. „Wir wollten die Piazza San Giovanni füllen und wir haben es geschafft“, sagte er.

Demo des „Sardine Movement“
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Die Kundgebung in Rom gilt als Höhepunkt der jungen „Sardinen“-Bewegung

Abschaffung der „Sicherheitspakete“

Santori stellte die politischen Ziele der Bewegung vor. Priorität sei die Abschaffung der von Ex-Innenminister und Lega-Chef Matteo Salvini im Parlament durchgesetzten „Sicherheitspakete“, die schwere Strafen für Rettungsschiffe vorsehen, die ohne Genehmigung einen italienischen Hafen anlaufen.

Die Bewegung forderte, dass Regierungsvertreter nur über offizielle Kommunikationskanäle ihre Mitteilungen veröffentlichen und keine Propaganda in Sozialen Netzwerken betreiben sollen. Politik müsse im Umgang mit Sozialmedien transparent sein. Politik dürfe nicht mit Marketingmethoden betrieben werden, so Santori.

Gegen Intoleranz, Nationalismus und Rechtsextremismus

Die „Sardinen“ hatten sich am 14. November als Flashmob in Bologna gebildet, als Salvini dort eine Wahlkampfkundgebung abhielt. Ziel der jungen Organisatoren war es, mehr Menschen zusammenzubringen als Salvini und den größten Platz der Stadt eng gedrängt wie Sardinen zu füllen. Das gelang – und die Sardine wurde zum Symbol der Bewegung.

Die Bewegung richtet sich nach den Worten ihrer Urheber gegen Intoleranz, Nationalismus und Rechtsextremismus. In den vergangenen Wochen gab es Demonstrationen in zahlreichen anderen italienischen Städten.

„Sardinen feiern nicht“

„In Mailand, vor dem Dom, versammelten sich sechzehntausend Menschen. In Parma füllten sie die Piazza, in Reggio Emilia, sogar in Tarent, im äußersten Süden der Halbinsel. In Neapel, auf der Piazza Dante, sollen es mehr als zehntausend Leute gewesen sein. Und auf der Piazza Grande in Modena standen siebentausend Menschen in heftigem Regen“, schreibt etwa die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“). Und weiter: „Sie unterscheiden sich dadurch, dass die ‚Sardinen‘ nicht feiern. Und wenn die Demonstranten sich dort dennoch in Worten artikulieren, dann tun sie es, indem sie ‚Bella Ciao‘ singen, das Lied der Partisanen.“

Kein Kontakt zu Politikern

Sowohl Vertreter der Partito Democratico (PD) als auch Premierminister Giuseppe Conte sprachen der Bewegung zwar bereits Sympathie aus, Santori sagte gegenüber der Zeitung „La Repubblica“ jedoch, dass es noch zu früh sei, in Kontakt mit Politikern zu treten. Salvini sieht hingegen die Sozialdemokraten (PD) hinter der Bewegung. Salvini warf der PD vor, hinter der Bewegung zu stehen. „Kratz’ an einer Sardine und du wirst einen PDler finden“, schrieb Salvini kürzlich auf Twitter.

Auf die Großkundgebung in Rom reagierte er aber gelassen. Es sei zwar unüblich, dass man gegen eine Oppositionspartei demonstriere, aber jegliche demokratische Demonstration sei willkommen, sagte der Ex-Innenminister.

Demo des „Sardine Movement“
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Eng aneinander gedrängt, wie Sardinen im Schwarm, demonstrieren Italiener und Italienerinnen gegen Rechtspopulismus

Salvini forderte Neuwahl

Salvinis Lega ist in Umfragen mit gut 30 Prozent die mit Abstand stärkste Partei in Italien. Nach dem Sieg der Rechten bei der Regionalwahl in Umbrien Ende Oktober hofft der frühere Innenminister auch auf einen Erfolg in der Region Emilia-Romagna Ende Jänner, einer traditionellen Hochburg der Linken.

Für Samstag hatte Salvini kurzfristig einen „No Tax Day“ gegen Steuererhöhungen mit Kundgebungen in mehr als 20 Städten angesetzt. Er selbst trat in Mailand auf und forderte dort eine baldige Neuwahl in Italien. Nach dem von Salvini provozierten Bruch der Koalition mit der Fünf-Sterne-Bewegung koaliert diese nun mit der PD.

Kundgebung als „Reifeprüfung“

Die Kundgebung in Rom galt als „Reifeprüfung“ für die Bewegung, die seit ihrer Gründung bereits 113 Flashmobs in organisiert hat. Laut Santoni wird nach der Demonstration in der Hauptstadt für die „Sardinen“ die „Phase zwei“ beginnen. „In der ersten Phase wollten wir sehen, wie viele Menschen sich uns anschließen. In Phase zwei wollen wir überlegen, wie wir diese Energien, die wir hervorgerufen haben, verwenden können, um eine Politik vorzuschlagen, die seriös, aber auch attraktiv sein kann“, so Santori.

Am Sonntag ist ein Treffen der Aktivisten´und Aktivistinnen verschiedener Städte geplant, um eine Struktur und eine Strategie zu bestimmen. „Wir wollen dabei ein Dutzend Punkte festlegen, um unsere Identität zu strukturieren und uns vor Instrumentalisierung durch andere Gruppierungen zu schützen“, so der 32-Jährige.

Erfolg im Ausland

Überraschend ist für den in Wirtschaftswissenschaften promovierten Sporttrainer der Erfolg der „Sardinen“ im Ausland. Viele Auslandsitaliener und Auslandsitalienerinnen versammelten sich am Samstag in Brüssel, Paris und Wien, um ihre Ablehnung gegenüber Populismus und Rassismus auszudrücken.