Die junge Protagonistin Anna Kemper (professionell dargestellt von der erst neunjährigen Riva Krymalowski) ist die Tochter eines prominenten jüdischen Sozialisten und Theaterkritikers (Oliver Masucci). Freunde warnen den Vater, schon 1933 muss die Familie vor den Nazis fliehen, kurz darauf wird ein Kopfgeld auf ihn ausgesetzt.
Erst in der Schweiz, später in Paris und letztlich in England – gleich dreimal war die Familie der Autorin gezwungen, neu anzufangen. Von den ersten beiden Stationen – 1933 bis 1935 – erzählen Roman und Film. Gemeinsam mit ihrem drei Jahre älteren Bruder Max (Marinus Hohmann) erfährt Anna so schon sehr jung, was es heißt, von einem Tag auf den anderen Heimat und Besitz – darunter auch das titelgebende rosarote Plüschkaninchen – verlassen zu müssen.
Vom noblen Züricher Hotel in die kleine Pariser Absteige
Es sind zu Beginn unbeschwerte Szenen, die die Flucht streckenweise wie einen längeren Urlaub wirken lassen. Anfänglich noch gut betucht steigt man in einem eleganten Hotel in Zürich ab, lässt sich später in einem Berggasthof nieder, wo die Kinder auch wieder zur Schule gehen.
In Paris wird die Lage prekärer, die Ersparnisse sind aufgebraucht, es reicht für eine winzige Wohnung mit Klo am Gang. Die Möglichkeiten des Vaters, als Autor in seiner Muttersprache zu arbeiten, sind beschränkt. Dazu wird die Flucht begleitet von den erschütterten Nachrichten aus der alten Heimat, über das, was Bekannte und Verwandte erleben, weil sie nicht fliehen wollten oder konnten.
Film will Kinder für Geflüchtete sensibilisieren
Kerrs Roman wird für Jugendliche ab zwölf Jahren empfohlen, der Film hat keine eindeutige Altersempfehlung, eignet sich mit Sicherheit aber auch für ein etwas jüngeres Publikum – als ein erstes Heranführen an eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus. Man wolle Kinder zudem sensibilisieren, „wie es sich anfühlt, wenn man von heute auf morgen sein Zuhause und seine Freunde verlassen muss“, fasste Produzent Jochen Laube zusammen. „Es wäre ein schöner Erfolg, wenn nach dem Film Kinder empathischer auf ihre geflüchteten Mitschülerinnen und Mitschüler und deren Geschichten reagieren.“
„Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ stellt die Geschichte der Familie ganz klar in den Fokus, die historischen Ereignisse bleiben rein auf der miterzählten Ebene. Die Flucht als ewiges Abenteuer, an dem sie wachsen und lernen konnte, so beschrieb Kerr stets ihre Kindheit, und so will sie auch der Film zeigen. Dass es dabei auch eine Frage des Überlebens war, demonstrieren Masucci und Carla Juri als liebende, empathische Eltern.
„Wir erleben die Diskriminierung und zunehmende Armut dieser Familie“, beschrieb Regisseurin Link ihren Zugang, „aber auch die Geborgenheit durch die Eltern und die intellektuelle Unterstützung durch den Vater, der seinen Kindern immer wieder eintrichtert: Wer nur darüber klagt, was er verloren hat, dem wird das Neue, das Gute, was ein jeder Wandel mit sich bringt, entgehen.“
Hinweis
„Als Hitler das rosa Kaninchen stahl“ ist ab 25. Dezember im Kino zu sehen.
Happy End mit Bauchweh
Dass das Happy End des Films – die Familie reist mit der Aussicht auf Arbeit für den Vater nach England – nur ein vermeintliches ist, bleibt offen. Es ist 1935, der Krieg und die wahren Gräuel stehen noch bevor. Und auch das Leben der Familie Kerr/Kemper sollte ihnen, obwohl zumindest außer Reichweite der Nazis, noch nicht genug Rückschläge bereitet haben. Aber das beschreibt erst das zweite Buch Kerrs („Warten bis der Frieden kommt“).