Streit um Atomkraft bei nachhaltigen Finanzprodukten

Der Streit um die Einbeziehung der Atomkraft in die EU-Definition für nachhaltige Finanzprodukte geht in die nächste Runde. Die EU-Mitgliedsstaaten verabschiedeten heute mehrheitlich einen Kompromissvorschlag, der die Frage vorerst offen lässt, wie EU-Vertreter und Diplomaten mitteilten. Er soll nun am Abend dem Europaparlament vorgelegt werden.

Der weltweite Markt für grüne und nachhaltige Geldanlagen entwickelt sich rasant. Bislang ist jedoch nicht eindeutig definiert, was als nachhaltig bezeichnet werden kann. Die EU versucht hier, weltweit Standards zu setzen.

Drei Kategorien möglich

Das EU-Parlament und die finnische EU-Präsidentschaft hatten eigentlich bereits Anfang Dezember nach langen Verhandlungen eine vorläufige Einigung erzielt. Künftig soll es drei Kategorien für nachhaltige und annähernd nachhaltige Finanzprodukte geben. Kohle sei demnach nicht nachhaltig, bei Gas hänge es vom Einzelfall und der CO2-Bilanz ab. Die Entscheidung über die Einstufung der Atomkraft wurde auf später verschoben.

Als die Mitgliedsstaaten den Kompromiss vergangene Woche annehmen sollten, stimmten jedoch das stark von Atomstrom abhängige Frankreich und osteuropäische Staaten dagegen. Nach einigen Änderungen am Text schwenkte Frankreich nun um. Die Osteuropäer stimmten laut Diplomaten weiter gegen den Text, weil Atomkraft nicht eindeutig einbezogen wird. Österreich stimmte wiederum dagegen, weil Kernkraft nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird.

Der Atomkraftstreit hatte vergangene Woche auch die Beratungen der EU-Staats- und -Regierungschefs über das Ziel belastet, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Auf Druck Tschechiens, Ungarns, Polens und Frankreichs wurde in die Gipfel-Erklärung schließlich explizit die Atomkraft als mögliche Energiequelle auf dem Weg zur Klimaneutralität erwähnt.