Streikende Bahnarbeiter auf einem Bahnsteig des Pariser Bahnhofs Gare du Nord
Reuters/Benoit Tessier
Frankreich

Tag 13 im Protest gegen Pensionsreform

In Frankreich haben die Gewerkschaften für Dienstag erneut zu landesweiten Streiks und Protesten gegen die Pensionsreform von Präsident Emmanuel Macron aufgerufen. Zug- und Flugreisende müssen mit Ausfällen und Verspätungen rechnen. In Paris und anderen Städten sind Kundgebungen geplant. Es ist der 13. Protesttag in Folge.

Nach Angaben der Bahngesellschaft SNCF wird der Zugsverkehr erneut erheblich gestört: 75 Prozent der TGV-Hochgeschwindigkeitsverbindungen und 95 Prozent der Intercity-Züge fallen aus. Auch Flüge sind betroffen, da das Bodenpersonal die Arbeit niederlegen will. In Paris bleiben die meisten Metros geschlossen, es verkehren nur wenige Vorortzüge und Busse. Die Regierung hat bereits Abstriche an der Pensionsreform gemacht, die Streikenden fordern aber ihren vollständigen Rückzug.

Vor einer Woche beteiligten sich laut Innenministerium rund 340.000 Menschen an den Demonstrationen. Am ersten Tag der Massenproteste am 5. Dezember gingen nach Regierungsangaben über 800.000 Menschen im ganzen Land auf die Straßen – es sind das die bisher größten Proteste in Macrons gut zweieinhalbjähriger Amtszeit. Seitdem kommt es täglich zu Ausständen im öffentlichen Dienst, betroffen sind vor allem die Bahn und der Pariser Nahverkehr.

Ein Mann blickt auf den abgesperrten Zugang einer Pariser Bahnhofsstation
Reuters/Benoit Tessier
Am 13. Protesttag gegen die Pensionsreform haben die Gewerkschaften am Dienstag erneut zu landesweiten Streiks aufgerufen

Am Dienstag will sich nun auch die gemäßigte Gewerkschaft CFDT an den Protesten beteiligen. Mit der Reform will die Regierung von Macron die Zersplitterung in 42 Einzelsysteme im Pensionssystem, von denen einige zahlreiche Sonderrechte und Privilegien mit sich bringen, beenden und Menschen auch dazu bringen, länger zu arbeiten. Gewerkschaften lehnen die Pläne ab.

Macrons Beauftragter muss gehen

Im Streit um die Reform erlitt Macron am Montag indes eine schwere Schlappe: Sein Pensionsbeauftragter Jean-Paul Delevoye trat zurück. Der 72-Jährige hatte verschiedene bezahlte und unbezahlte Tätigkeiten und Mandate nicht offiziell angegeben. Gewerkschaften und Opposition warfen Delevoye deshalb illegale Ämterhäufung und einen Interessenkonflikt vor.

Macron nahm den Rücktritt des Hohen Kommissars für die Rentenreform „mit Bedauern“ an, wie es aus dem Elysee-Palast hieß. Der Staatschef hatte den früheren Minister von Präsident Jacques Chirac im September 2017 berufen, um die Pensionsreform auszuarbeiten. Sie ist eines der zentralen Wahlkampfversprechen Macrons und sieht vor, dass die Franzosen künftig erst mit 64 Jahren abschlagsfrei in Pension gehen können – statt bisher mit 62. Zudem sollen Vorzugsrenten etwa bei der Bahn und beim Pariser Nahverkehr abgeschafft werden.

Überfüllter Bahnsteig am Pariser Gare de Lyon während eines Streiks
Reuters/Charles Platiau
In Paris bleiben die meisten Metrolinien geschlossen, es verkehren nur 20 Prozent der Vorortzüge

Reisende im Unklaren

Doch Delevoye zu ersetzen, dürfte gar nicht so einfach sein, schrieb etwa der „Spiegel“: Er sei der Einzige, der alle Details des komplexen Reformentwurfs kenne. Das sei aber nicht Macrons einziges Problem, hieß es in dem Artikel: „Es geht dabei auch um einen Imageschaden für seine Regierung, den Delevoye mit seinem Rücktritt noch abmildern wollte, wahrscheinlich vergebens: Wie soll man der Bevölkerung erklären, dass ein Rentenplan über alle Schichten und Klassen hinweg solidarisch ist, wenn der Baumeister der Reform nicht glaubhaft ist?“

SNCF will die Reisenden am Dienstag informieren, wie die Lage zu Weihnachten aussieht. Nach Angaben von Verkehrsministerin Elisabeth Borne soll es einen Zug „für alle geben, die bereits ein Ticket gekauft haben“. Wie die Bahn das angesichts der Streikdrohung der Gewerkschaften bewerkstelligen will, ließ sie offen.