Schneeräumung auf Autobahn
APA/Helmut Fohringer
„Merken wir enorm“

Schneeräumung und die Klimakrise

Der heurige Winter ist in Österreich – insbesondere im Osten – bis zur jetzigen Kältewelle recht mild verlaufen. Die aktuellen Schneefälle unterstreichen aber, dass die Klimaerwärmung längst auch für den heimischen Winterdienst ein spürbarer Faktor ist: „Wir merken das enorm“, sagt man dazu in der ASFINAG.

Denn die Klimakrise führt dazu, dass binnen kürzester Zeit oft große Schneemengen fallen. Und dann „kommen wir an unsere Grenzen“, heißt es von der ASFINAG. Die Winter werden im Schnitt milder, die Niederschläge generell weniger, so der für die Autobahnmeistereien zuständige ASFINAG-Manager Heimo Maier-Farkas gegenüber ORF.at. Trotzdem merke man die Klimaveränderung, denn „die Intensität an einem Tag nimmt extrem zu“. Es würden immer öfter Niederschlagsmengen an einem Tag fallen, die früher für „zwei bis drei Tage reichten“.

Langfristige Datenreihen zeigen laut ORF-Wetterredaktion, dass die Niederschlagsmenge im Winter von Jahr zu Jahr deutlich schwankt, in Summe aber eher zunimmt. In den Niederungen ist das freilich immer öfter Regen statt Schnee.

Im Sommer sind die Extremwetterereignisse bei Autobahnen und Schnellstraßen laut ASFINAG in der Regel kein Problem. Der Regen kann abgeleitet werden, Murenabgänge gibt es nicht, und die Bäume sind bewusst weit genug von der Straße weg gepflanzt. Doch im Winter komme auch die ASFINAG bei extremen Wetterereignissen teils an ihre Grenzen. „Ab einer gewissen Schneefallmenge und Intensität des Niederschlags lösen auch mehr Fahrzeuge oder Personal diese Probleme nicht mehr“, so Maier-Farkas.

Schneepflug auf Autobahn
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Mindestens alle zwei Stunden passiert ein Räumfahrzeug der ASFINAG den gleichen Punkt. Diese Umlaufzeit kann bei Bedarf auf etwa 30 Minuten reduziert werden.

Dreistundenprognose und Mikroklima

Das „Um und Auf“ für einen effizienten und auch möglichst umweltschonenden Winterdienst ist eine exakte Wetterprognose, so Maier-Farkas. Die ASFINAG hat deshalb ein eigenes Wetterprogramm. Das Autobahnnetz ist dafür in 240 Wetterabschnitte mit Mikroklimaabschnitten unterteilt, damit die zu erwartenden lokalen Verhältnisse exakt vorhergesagt und die insgesamt 1.200 Mitarbeiter rechtzeitig starten können. Besonders wichtig ist dabei laut dem ASFINAG-Verantwortlichen die Dreistundenprognose. Denn entscheidend ist, dass eine erste Salzsoleschicht aufgebracht wird, bevor der Schnee oder Eisregen fällt.

„Präventive Streuung“

Diese „präventive Streuung“ ist mittlerweile Standard und bedeutet eben, dass ein dünner Salzfilm aufgetragen wird, bevor Schnee fällt. Der Vorteil ist, dass sich der Schnee weniger schnell mit der Straße verbindet und damit leichter wegzuschieben ist.

Auf den Autobahnen und Schnellstraßen verwendet die ASFINAG großteils flüssige Salzsole, der Anteil an festem Salz beträgt meist nur noch 30 Prozent, teils wird zu 100 Prozent flüssig aufgetragen. Der Vorteil: Anders als Salzkörner haftet es auf dem Straßenbelag und wird nicht verweht. Auch die Salzkonzentration pro Quadratmeter wurde laut ASFINAG – im Vergleich zur Streuung vor zehn oder 20 Jahren – schrittweise stark reduziert. Der Gesamtverbrauch pro Saison variiert je nach Winterverlauf stark: 56.000 Tonnen und 128.000 Tonnen waren die Extremwerte im letzten Jahrzehnt, der durchschnittliche Verbrauch lag bei 86.000 Tonnen Salz.

Schneeräumung auf Autobahn
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Wegen der Mautvignette unterliegt die ASFINAG schärferen Haftungsregeln als Landesmeistereien

Bereitschaft für Extremfall auf A21

Aus Sicht der ASFINAG ist grundsätzlich die Allander Autobahn im Winter der neuralgischste Punkt. Die rund 30 Kilometer lange Querverbindung von West- und Südautobahn südwestlich von Wien wird mit einer Steigung rasch zur Falle für Lkws, insbesondere, wenn diese nicht ordnungsgemäß ausgerüstet sind.

Müsse man die Außenringautobahn wegen hängen gebliebener Lkws sperren, befänden sich dann rund 300 Lkws in dem Abschnitt. Wenn dann lediglich zehn Prozent dieser Fahrzeuge abgeschleppt werden müssten, sprechen wir immer noch von 30 Lkws. Das wäre vor allem zeitlich eine unglaubliche Herausforderung.

Nicht nur einmal mussten dort in der Vergangenheit Dutzende Autofahrerinnen und Autofahrer stundenlang bei Kälte im Auto verbringen. Dort stehen daher bei entsprechender Wetterlage mittlerweile eigene Abschleppfahrzeuge bereit, die einen Lkw, sobald er ins Stocken oder Schleudern gerät, sofort hinaufziehen können. Die Abschleppfahrzeuge kreisen dann und kehren immer wieder an die gefährlichsten Abschnitte zurück.

Mitarbeiter der ASFINAG in der Kommandozentrale
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In der Kommandozentrale – hier in Alland – werden die Räumeinsätze koordiniert

Kein Kalziumchlorid mehr

Für Umwelt und Autos – Stichwort: Rostschäden – wichtig ist, dass die ASFINAG seit Jahren kein reines Kalziumchlorid mehr verwendet. Dieses ist besonders aggressiv. Stattdessen kommt Natriumchlorid zum Einsatz, das bei praktisch gleicher Wirkung weniger aggressiv ist.

Einziger Ausnahmefall ist der Einsatz des „Firestorm“ genannten Aufsatzes bei Räumfahrzeugen. Dabei wird eine warme Solelösung – mit geringeren Anteilen von Kalziumchlorid – in einem scharfen Strahl auf die Straße gesprüht. Der Effekt: Eine dickere Eisschneeschicht wird damit regelrecht aufgefräst und kann vom direkt nachkommenden Pflug zur Seite geräumt werden. Der „Firestorm“ wird allerdings nur in Extremfällen eingesetzt, etwa bei an neuralgischen Verkehrspunkten hängen gebliebenen Lkws – und die ASFINAG hat nur zwei Geräte dieser Art im Einsatz.

Nicht zuletzt aus Kostengründen wird im restlichen Straßennetz – für sie sind Länder und Gemeinden zuständig – oft mit billigeren Materialien gearbeitet: Auf Bundes-, Landes- und Gemeindestraßen kommt auch Steinsalz statt Siedesalz zum Einsatz. Steinsalz hat eine gröbere Körnung und ist weniger effektiv, dafür billiger. Weiter in Verwendung ist auch Streusplitt, der wegen des dadurch entstehenden Feinstaubs problematisch ist.

Gefährlich für Bäume

Dringt Auftausalz in den Boden ein, entzieht es Bäumen und Sträuchern Wasser. Sie können dann absterben. Zusätzlich belastet Streusalz das Grundwasser.

Ortsgebiet als Problemzone

Aus Sicht des Verkehrsclubs Österreich (VCÖ) wäre es vor allem wichtig, im Ortsbereich möglichst wenig zu streuen. Denn das in die Erde und ins Grundwasser versickernde Streusalz sei vor allem für Bäume eine Gefahr. Diese seien im Sommer in Städten zur Kühlung angesichts der zunehmenden Hitzetage wichtig.
Die Bäume würden durch das Salz im Winter aber „massiv angegriffen“, so VCÖ-Sprecher Christian Gratzer und macht klar, dass im Ortsgebiet oft einfach zu viel Salz eingesetzt werde. Denn oft „schwimmt es regelrecht“.

Maßnahmen wie eine Schutzzone rund um Bäume – in Wien gilt im Umkreis von 10 Metern rund um unversiegelte Flächen wie Wiesen und Bäume ein Salzstreuverbot – begrüßt der VCÖ. Sie würden aber nur bedingt funktionieren. Gratzer verweist als mögliche Alternative auf die nordischen Länder: Dort werden Straßen oft nur geräumt, aber nicht gestreut. Auf den Schneefahrbahnen wird im Winter dafür die Höchstgeschwindigkeit um 20 km/h gesenkt.