Eisige Kälte und Schneestürme: Marion Greilinger, Meteorologin und Gletscherforscherin an der ZAMG (Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik) ist einiges gewohnt. Wetterphänomene hätten sie immer schon fasziniert, erklärt die Forscherin gegenüber ORF.at. Den Einsatz unter Extrembedingungen nimmt sie daher gerne in Kauf.
In den heimischen Alpen sind die Auswirkungen des Klimawandels deutlich zu erkennen. Die weißen, vereisten Berge werde es in Österreich bald nicht mehr geben, erklärt die Forscherin: „In Österreich gehen wir davon aus, dass bis zum Ende des Jahrhunderts 80 Prozent der Gletscherflächen tatsächlich abgeschmolzen sein werden.“

Ewiges Eis schmilzt rasant
Greilinger beobachtet die Pasterze am Großglockner und die Gletscher Kleinfleißkees und Goldbergkees im Bereich des Hohen Sonnblicks. Durch den Klimawandel ziehen sich die Gletscher massiv zurück und schmelzen ab. Im Durchschnitt verlieren die Berge dabei bis zu einem Meter pro Jahr an Eisdicke.
Die Schneedeckendauer verkürzt sich – mit gravierenden Folgen: Eine weiße Schneedecke reflektiert Sonnenlicht und Energie und schützt dadurch den Gletscher. Durch das Abschmelzen kommen dunkle Flächen wie Altschnee zum Vorschein, die Sonnenlicht und Energie relativ stark absorbieren. Dadurch wird das Abschmelzen der Gletscher noch zusätzlich verstärkt.
So vermisst man einen Gletscher
Greilinger und ihr Team verwenden unterschiedliche Mess- und Forschungsmethoden, um den Zusammenhang zwischen dem Gletscherverhalten und dem Klima zu verstehen. Die Messung der Massenbilanz gehört dabei zu den wichtigsten Methoden, erklärt Greilinger: „Durch sie wird die Akkumulation im Winter, also der Massenzugewinn des Gletschers an Schnee und Eis, mit der Ablation im Sommer, dem Masseverlust, gegenübergestellt.“
Um die Akkumulation zu messen, fährt das Forschungsteam im Winter, wenn die Schneedecke am dicksten ist, auf den Gletscher. Im Zickzack wird der gesamte Gletscher abgerastert und Schneedichte und Schneetiefe werden in regelmäßigen Abständen gemessen. Meterlange Plastikstangen, sogenannte Ablationspegel, werden benutzt, um die Ablation im Sommer zu messen. Sie werden in das Eis gebohrt und schmelzen über die warme Jahreszeit aus dem Eis heraus. So kann an ihnen der Masseverlust abgelesen werden.

Die weißen Gipfel sind Geschichte
Laut der Forscherin kommen Klimaschutzmaßnahmen für die Gletscher zu spät. Die Gletscher könnten sich nur langsam an vorherrschende Klimabedingungen anpassen, erklärt sie gegenüber ORF.at. Sie fügt hinzu: „Selbst wenn es gelingen würde, den Temperaturanstieg jetzt zu stoppen – die Gletscher würden weiter abschmelzen.“
Greilinger sieht das Ziel ihrer Forschungsarbeit darin, aktuelles Wissen der Gesellschaft zugänglich zu machen. Sie fügt hinzu: „Ziel aller wissenschaftlichen Bestrebungen ist es im Grunde, bei Entscheidungsträgern jeglicher Art Gehör zu finden, um gesellschaftliche Weiterentwicklung im positivsten Sinn zu ermöglichen. Ich hoffe zumindest, meinen kleinen Beitrag dazu leisten zu können.“
Regenwaldtiere auf der Flucht
Rund 9.000 Kilometer entfernt im tiefsten Regenwald in Costa Rica forscht Christian Schulze, Biodiversitätsforscher der Uni Wien. Der Esquinas-Regenwald im Südwesten Costa Ricas ist einer der artenreichsten Urwälder Mittelamerikas. Inmitten des Regenwalds liegt die österreichische Tropenstation La Gamba.

Christian Schulze und sein Team haben ein Monitoring-Programm etabliert, in dessen Rahmen Regenwaldtiere wie Vögel oder Reptilien beobachtet werden, um die Auswirkungen der Klimaveränderung auf die Biodiversität zu erforschen.
Wenige Ausweichmöglichkeiten
Er beobachtet, dass sich in den letzten Jahrzehnten die Verbreitungsareale verschiedenster Regenwaldtiere aufgrund des Klimawandels deutlich verschoben haben. Der Forscher geht davon aus, dass die Arten versuchen, ihrem klimatischen Optimum, an das sie jeweils angepasst sind, zu folgen.
Durch die massive Abholzung des Regenwalds in den letzten Jahren ist jedoch ein Teil der Waldflächen verloren gegangen, und übrig bleiben kleine Waldinseln. Die Ausweichmöglichkeiten für die Tiere sind dadurch begrenzt, denn nicht alle Regenwaldarten können weite, offene Landflächen überqueren. Sie bleiben in den Waldinseln gefangen, was im schlimmsten Fall zum Aussterben bestimmter Arten führen kann.

Waldkorridore als Fluchtwege
Genau hier setzt das Forschungsprojekt COBIGA der Tropenstation an. Durch gezielte Wiederbewaldung werden Waldinseln miteinander verbunden. Man spricht dabei von biologischen Korridoren. Diese Landschaftsstrukturen können den Tieren Ausweichmöglichkeiten bieten und somit einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der Artenvielfalt im Regenwald leisten.
Das Ziel in den nächsten Jahren werde sein, die biologischen Korridore zu optimieren und dessen Bedeutung für die Regenwaldarten besser zu verstehen, erklärt Schulze. Dazu würden Individuen einzelner Vogelarten mit Miniatursendern versehen, erklärt der Forscher gegenüber ORF.at. Mit der hohen räumlichen und zeitlichen Auflösung können ihre Bewegungen im biologischen Korridor genau beobachtet und dokumentiert werden.
Tauen von Permafrost hat dramatische Folgen
Von den tropischen Regenwäldern in die Kälte: die Arktis. Eis- und Geröllwüsten, Temperaturen jenseits der Minusgrenze und die karge Tundra. In diesem extremen Lebensraum forscht die Geografin Annett Bartsch.

Sie hat gemeinsam mit einem internationalen Team ein Permafrost-Informationssystem entwickelt, mit dem verschiedenste Informationen über den Permafrost und den Zustand der Landoberfläche, wie er sich in den letzten 15 Jahren bis 2000 zurück verändert hat, gewonnen werden können.
Durch die steigenden Temperaturen erwärmen sich die Landschaftsböden der Arktis. Die Folge: Permafrost taut auf. Permafrostböden sind ganzjährig gefroren und nehmen rund 25 Prozent der Erdoberfläche ein. Durch das Auftauen der Böden werden Mikroorganismen aktiv, die im Boden gespeicherte Kohlenstoffverbindungen in Kohlendioxid und Methan verwandeln – das noch eine 23-mal stärkere Treibhauswirkung hat als CO2.
Karten und künstliche Intelligenz
Bartsch arbeitet mit Temperaturkarten und Zeitreihen, womit sich nicht nur saisonale, sondern auch langfristige Veränderungen nachverfolgen lassen. Um die riesigen Mengen an Daten zu verarbeiten, setzt das Team rund um die Forscherin auf maschinelle Lernverfahren, also Künstliche Intelligenz. Die Systeme können anhand von vorhandenen Datenbeständen und Algorithmen Muster und Gesetzmäßigkeiten erkennen und dadurch Erkenntnisse generieren und Vorhersagen treffen.

Die Polarforschung ist herausfordernd. Internationale und interdisziplinäre Kooperationen seien erforderlich, erklärt Bartsch gegenüber ORF.at. Sie fügt hinzu: „Das Bild, das wir aktuell von den Vorgängen in der Arktis haben, ist unvollständig. Mein Ziel ist es, diese Wissenslücken so weit wie möglich zu schließen und somit zum Verständnis des Klimawandels und dessen Auswirkungen beizutragen.“