Bohrinsel auf dem Leviathan-Gasfeld
APA/AFP/Marc Israel Sellem
Israel

Gasförderung in letzter Minute verschoben

Der geplante Beginn der Förderung von Erdgas auf Israels größtem Gasfeld im Mittelmeer ist am Dienstag in letzter Minute verschoben worden. Eine Sprecherin des israelischen Unternehmens Delek sagte, das Leviathan-Feld solle nun erst in einigen Tagen in Betrieb genommen werden. Das Umweltministerium hatte den Aufschub offenbar angeordnet.

Medienberichten zufolge müssten die Betreiber des Gasfelds zunächst sicherstellen, dass durch die Produktion keine Gesundheitsschäden für Bewohner und Bewohnerinnen der israelischen Küste zu befürchten seien. Es war damit gerechnet worden, dass bei Produktionsbeginn Giftstoffe entweichen könnten. Daher waren an Israels nördlicher Mittelmeer-Küste bereits Häuser geräumt worden.

Leviathan liegt rund 130 Kilometer westlich der Hafenstadt Haifa, in etwa 1.700 Metern Meerestiefe. Die Bohranlage mit Plattform befindet sich zehn Kilometer vor Israels Küste. Teilhaber sind neben dem US-Unternehmen Noble Energy die israelischen Unternehmen Delek und Ratio Oil Exploration (1992). Bereits 2015 wurde das milliardenschwere Gasabkommen von der israelischen Regierung gebilligt. Das Leviathan-Feld gilt als größtes Erdgasreservoir unter dem Mittelmeer und enthält schätzungsweise Reserven von 605 Mrd. Kubikmeter.

Mehrere Petitionen gegen Gasförderung

Die privat finanzierte Entwicklung des größten Energieprojekts in Israels Geschichte kostete bisher mehr als 13 Milliarden Schekel (3,4 Mrd. Euro). Kurz nach Beginn der Gasförderung sollen Exporte etwa nach Ägypten beginnen. 2018 hatte man Lieferungen im Wert von umgerechnet rund zwölf Milliarden Euro vereinbart. Zwei entsprechende Vereinbarungen für insgesamt rund 64 Milliarden Kubikmeter Erdgas liefen über einen Zeitraum von zehn Jahren. Zuvor wurde ein Vertrag über Gaslieferungen nach Jordanien abgeschlossen.

Israel verfügt über weitere Erdgasfelder, die Produktion aus dem Tamar-Feld hatte bereits 2013 begonnen. Mit dem Erdgas will sich das kleine Land, das in der Region viele Feinde hat, seine Energieunabhängigkeit sichern. Es soll Israel außerdem den Kohleausstieg ermöglichen und das Land zum Energieexporteur machen. Davon erhofft sich Israel auch bessere Beziehungen zu seinen Nachbarn. Über eine Pipeline will Israel außerdem von 2025 an Gas nach Europa liefern.

In der vergangenen Woche hatten Kommunen an der Küste Petitionen gegen Arbeiten an der Leviathan-Plattform eingereicht, weil sie das Austreten giftiger Gase befürchten. Das Bezirksgericht in Jerusalem hatte allerdings nach einem kurzen Betriebsstopp zwei Petitionen zurückgewiesen. Die Anhörung einer weiteren Petition wurde nach Angaben des Gerichts vom Sonntag auf Anfang Jänner verschoben.

Umstrittene Vereinbarung schon einmal gekippt

Das Gasabkommen mit der Delek-Group und Noble Energy ist seit Jahren ein Streitthema. Um die Vereinbarung zu ermöglichen, hatte Israels Premier Benjamin Netanjahu im Dezember 2015 in einem taktischen Manöver auch das Amt des Wirtschaftsministers übernommen, weil nur dieser das vom Kartellamt eingelegte Veto überstimmen konnte. Netanjahu setzte sich mit seiner Unterschrift auch über das ablehnende Votum des Wirtschaftsausschusses des Parlaments hinweg.

Israels oberster Gerichtshof hatte Monate später das Gasabkommen gekippt und damit der Regierung unter Netanjahu eine herbe Schlappe beschert. Das Abkommen habe keinen Bestand wegen einer „inakzeptablen“ Stabilitätsklausel, teilte das Gericht im Frühjahr 2016 mit. In dem Abkommen war eine Abänderung der Vereinbarung für ein Jahrzehnt lang ausgeschlossen worden. Das Gericht setzte das Abkommen nun für ein Jahr aus. Damit solle dem Parlament Zeit gegeben werden, es abzuändern.

Zwei Monate darauf hatte die israelische Regierung einer Änderung des weitreichenden Abkommens zugestimmt. Die einklagbare Garantiezusicherung an die Privatunternehmen ist nun durch Absichtserklärungen ersetzt worden. „Am wichtigsten ist jetzt, unverzüglich mit der Erschließung der Vorkommen zu beginnen“, erklärte Netanjahu. Kritiker befürchten, dass Israel ausgebeutet wird.