Geparkte Boeing 737 MAX
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737 Max

Boeing kämpft gegen Vertrauensverlust

Nach dem Absturz zweier Jets des Typs 737 Max kämpft der Flugzeughersteller Boeing offenbar mit einem tiefen Vertrauensverlust. Einer Umfrage zufolge wollen 40 Prozent der Fluggäste nicht mit einer 737 Max fliegen. Mit einer großangelegten Kampagne will Boeing sie wieder überzeugen. Unterdessen tauchten neue belastende Dokumente auf.

Wie die „New York Times“ („NYT“) berichtet, ergab die jüngste Umfrage, die seit dem Absturz der beiden Maschinen Anfang des Jahres regelmäßig im Auftrag von Boeing durchgeführt wird, dass 40 Prozent der regelmäßigen Fluggäste nicht mit der 737 Max fliegen würden.

Mit Hilfe der Fluglinien will Boeing das Vertrauen seiner Kunden nun wieder zurückgewinnen, so die Zeitung unter Berufung auf eine Präsentation des Flugzeugherstellers. So sollen Fluglinien Menschen, die nicht an Bord einer 737 Max gehen bzw. damit fliegen wollen, entweder das Ticket zurückerstatten oder sie durch Pilotinnen oder Piloten beziehungsweise Flugbegleiter davon überzeugen, doch mitzufliegen. Auch eigene Karten mit Argumenten, warum der Flieger sicher sei, gibt es laut Bericht.

Dutzende auf dem Flughafen Grant County International Airport in Moses Lake abgestellte Flugzeuge des Typs Boeing 737 MAX
APA/AFP/Getty Images/David Ryder
Die 737 Max ist seit Mitte März mit Startverboten belegt

Jede Begegnung mit einem besorgten Fluggast biete die Möglichkeit zu zeigen, dass der Hersteller sich um die Sorgen und Ängste kümmere, heißt es in der 40-seitigen Präsentation laut „NYT“. Das gelte für Situationen im Flieger selbst, aber auch für Argumentationen im Netz.

Boeing-Chef Muilenburg zurückgetreten

Nur einen Tag vor Weihnachten sind unterdessen neue Dokumente aufgetaucht, die laut Angaben eines Mitarbeiters im US-Kongress ein „verstörendes“ Bild über Boeings Reaktionen auf die Sicherheitsprobleme seiner 737 Max zeigen sollen. Die Dokumente für eine Untersuchung im US-Kongress sowie die US-Flugaufsicht FAA wurden laut FAA-Angaben nur wenige Stunden, nachdem der bisherige Boeing-Chef Dennis Muilenburg Anfang dieser Woche gehen musste, abgegeben.

Muilenburg war bereits länger mit Rücktrittsforderungen konfrontiert. „Der Vorstand hat beschlossen, dass ein Wechsel in der Führung notwendig ist, um das Vertrauen in das Unternehmen wiederherzustellen, während es daran arbeitet, die Beziehungen zu den Regulierungsbehörden, Kunden und allen anderen Interessengruppen wiederherzustellen“, hieß es vom Konzern am Montag in Chicago. Verwaltungsratschef David Calhoun übernimmt im Jänner.

Seit Monaten in der Krise

Boeing steckt seit Monaten in der Krise. Bei zwei Abstürzen des Passagierjets Boeing 737 Max im Oktober 2018 und März 2019 starben insgesamt 346 Menschen. Muilenburg stand wegen des Krisenmanagements in der Kritik. Der Konzern steht im Verdacht, die Unglücksjets überstürzt auf den Markt gebracht und dabei die Sicherheit vernachlässigt zu haben.

Boeing weist das zwar zurück, räumte aber verschiedene Fehler und Pannen ein. Mitte Dezember gab der Hersteller bekannt, die Produktion des Krisenjets angesichts der hohen Ungewissheit um eine Wiederzulassung ab Jänner vorübergehend auszusetzen. Der Flugzeugtyp, Boeings bestverkauftes Modell, ist seit Mitte März mit Startverboten belegt.

Grafik zum Boeing-Produktionsstopp
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Boeing

Ermittler vermuten, dass die Unglücke in Äthiopien und Indonesien mit dem Stabilisierungssystem MCAS zusammenhängen, das bei einem drohenden Strömungsabriss die Flugzeugnase nach unten drückt. Boeing hatte bereits nach dem Unglück in Indonesien versprochen, die MCAS-Probleme per Softwareupdate zu beheben. Wenig später kam es zum Absturz in Äthiopien. Das Update hat noch immer keine Zulassung der FAA.