Zerstörung nach Autobombe in Mogadischu
Reuters/Feisal Omar
Mogadischu-Anschlag

Terrormiliz entschuldigt sich bei Opfern

Die islamistische Terrormiliz al-Schabab hat sich am Montagabend als Urheber des verheerenden Anschlags mit Dutzenden Toten vom Wochenende in Mogadischu zu erkennen gegeben. Ziel des Anschlags seien die beiden getöteten türkischen Ingenieure und ihre Leibwächter gewesen. Gleichzeitig entschuldigte sich die Terrormiliz bei den Angehörigen der anderen Opfer – zum ersten Mal in ihrer Geschichte.

„Wir bedauern die Opfer, die unserer somalischen muslimischen Gesellschaft zugefügt wurden, und wir sprechen den Muslimen, die ihr Leben verloren haben oder verwundet wurden oder deren Eigentum zerstört wurde, unser Beileid aus“, sagte Sprecher Ali Mohamud Rage auf dem Sprachrohr der Miliz Radio Andalus.

Al-Schabab hatte in der Vergangenheit Anschläge mit vielen zivilen Opfern selten für sich reklamiert. Die Terrorgruppe fürchtet mit solchen Aktionen, mögliche Unterstützung, die sie in Teilen die Bevölkerung vermutet, zu verlieren.

Türkei wichtiger Geldgeber

Dass sich der Anschlag gegen türkische Ingenieure richtete, die im Straßenbau beschäftigt waren, ist damit zu erklären, dass die Türkei zu einer wichtigen Gebernation für Somalia geworden ist und damit die Regierung stützt. Zusammen mit Katar werden Infrastruktur- und Medizinprojekte in dem armen Land finanziert. In Mogadischu hat die Türkei einen Militärstützpunkt eröffnet und bildet dort somalische Soldaten aus. Allerdings rittern daneben auch Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate um Einfluss in Somalia.

Mindestens 83 Tote

Die Zahl der Opfer des Anschlags stieg unterdessen weiter. Das zuständige nationale Notfallkomitee geht nun in einer vorläufigen Bilanz von mindestens 83 Toten und 20 Vermissten aus. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Zahl der Toten entsprechend weiter erhöht, ist groß: Durch die Wucht der Detonation ist die Identifizierung der Opfer schwierig.

Zerstörung nach Autobombe in Mogadischu
Reuters/Feisal Omar
Völlig zerstörte und ausgebrannte Fahrzeuge in Mogadischu

Die Polizei hatte am Wochenende bereits von knapp 100 Toten bei dem Anschlag gesprochen, den auch der UNO-Sicherheitsrat aufs Schärfste verurteilte. In den Krankenhäusern der Stadt wurden 148 Verletzte aufgenommen. Bei einigen gelten die Überlebenschancen als gering.

Sicherheitsbehörden verfolgen Spur ins Ausland

Somalias Sicherheitsbehörden glauben zudem, Hinweise auf ausländische Drahtzieher zu haben. Die Nationale Sicherheitsagentur (NISA) betonte in einem Beitrag auf dem Kurznachrichtendienst Twitter, sie habe der Regierung des ostafrikanischen Landes einen vorläufigen Bericht zu dem Anschlag überreicht, „der von einem ausländischen Land geplant war“. Die Behörde machte jedoch weder den Namen des Landes noch den Bericht öffentlich und betonte: „Um die andauernde Untersuchung zu beenden, werden wir Unterstützung von ausländischen Geheimdiensten suchen.“

US-Drohnen flogen Angriffe

Als Vergeltung für den Anschlag flogen US-Drohnen Luftangriffe auf A-Schabab-Kämpfer. Die US-Kommandozentrale für Einsätze in Afrika (AFRICOM) betonte, die Angriffe seien mit der Regierung des ostafrikanischen Landes abgestimmt. Insgesamt seien bei drei Luftangriffen vier Terroristen getötet worden. Darunter war somalischen Geheimdienstkreisen zufolge ein ranghoher Kommandeur der Miliz.

Al-Schabab heißt übersetzt „die Jugend“. Tatsächlich soll die Miliz aus einer Jugendbewegung der Union islamischer Gerichte hervorgegangen sein, die 2006 kurzzeitig die Kontrolle über Teile Somalias übernommen hatte. Sie will eine strenge Auslegung des islamischen Scharia-Rechts durchsetzen und einen islamischen Staat am Horn von Afrika errichten.

5.000 bis 9.000 Kämpfer

Die Miliz wurde zwar im August 2011 von Truppen der Afrikanischen Union (AU) aus Mogadischu vertrieben, kontrolliert aber nach wie vor Gebiete Somalias und verübt immer wieder Anschläge in der Hauptstadt. Auf ihr Konto soll unter anderem der blutigste Anschlag in der Geschichte des Landes gehen, bei dem im Oktober 2017 in Mogadischu mehr als 500 Menschen getötet wurden. Bis heute bekannte sich die Miliz nicht zu der Tat, die landesweit Entsetzen und Wut auslöste.

Al-Schabab soll über 5.000 bis 9.000 Kämpfer verfügen, ihr Anführer ist seit 2014 Ahmed Umar alias Abu Ubaida. Seit 2012 ist sie offiziell mit dem Terrornetzwerk al-Kaida verbunden; eine kleine Minderheit schloss sich vor Kurzem der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) an.

Somalias Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed erklärte inzwischen den „Kriegszustand“ gegen die radikalislamische Miliz, diese drohte mit einem „gnadenlosen“ Krieg gegen den Präsidenten und seine Regierung. Seit US-Präsident Donald Trump im März 2017 Anti-Terror-Maßnahmen des Pentagons zur Unterstützung von Somalias schwacher Regierung genehmigte, führen die US-Streitkräfte immer wieder Luftangriffe gegen al-Schabab aus. Ungeachtet dessen gehen die Anschläge weiter.

Angriffe auch in Nachbarländern

Zunächst war die Al-Schabab-Miliz nur in Somalia aktiv. Im Juli 2010 bekannte sie sich erstmals zu zwei Bombenanschlägen während des Endspiels der Fußballweltmeisterschaft mit 74 Todesopfern in Uganda – dem wichtigsten Truppensteller der AU-Mission gegen al-Schabab. In Dschibuti, das sich ebenfalls an der AU-Mission beteiligt sowie Militärbasen der USA und Frankreichs beherbergt, verübte die Miliz im Mai 2014 einen Anschlag auf ein Restaurant.

Hauptzielscheibe von al-Schabab außerhalb Somalias ist aber das benachbarte Kenia. Seit der Intervention kenianischer Soldaten 2011 in Somalia verübte die Miliz dort immer wieder blutige Anschläge und Angriffe.