Sebastian Kurz und Werner Kogler
Reuters/Lisi Niesner
Die nächsten Schritte zur Regierung

Nach dem „Traumschiff“ ist vor den Gremien

Nach dem „Traumschiff“ ist vor dem Lauf durch die Gremien: Nachdem Sebastian Kurz (ÖVP) und Werner Kogler (Grüne) nach dem Hauptabendprogramm mit Florian Silbereisen am Neujahrsabend den Aufbruch in eine neue Zeit versprochen haben, sind jetzt die entscheidenden Instanzen am Zug. Das bedeutet: Besuch beim Bundespräsidenten und schließlich Befassung der Parteigremien, bei den Grünen sogar ein Bundeskongress.

Als das „Beste beider Welten“, so bezeichnete ÖVP-Chef Kurz am Neujahrsabend das, was man mit den Grünen in den nicht gerade einfachen Verhandlungen der letzten Wochen zustande gebracht habe. Deutlich mehr als ein „Sich-runter-Verhandeln auf Minimalkompromisse“ sei bei den Verhandlungen mit den Grünen gelungen. Nicht nur er wird Überzeugungsarbeit leisten müssen.

Kogler, dem ja mit dem Wiedereinzug der Grünen ins Parlament nach Eigendefinition „die größte Wiederauferstehung seit Lazarus“ gelungen ist, wird sein Gewicht in die Waagschale werfen, um den grünen Funktionärinnen und Funktionären eine Koalition mit der ÖVP schmackhaft zu machen, bei der die Volkspartei nach ersten Eindrücken so etwas wie eine „overwhelming majority“ bei den Schlüsselressorts behält.

Kurz und Kogler verkünden die Einigung

21.50 Uhr, knapp nach Ende des „Traumschiffs“ verkünden Sebastian Kurz und Werner Kogler die türkis-grüne Einigung. Die gesamten Statements im Wortlaut.

Einer wird besonders überzeugen müssen

„Einstieg zum Umstieg“, „gläserner Staat statt gläserner Bürger“ und eine Heimat, die man nicht spalte, sind Schlüsselworte, die man von Kogler in den kommenden Stunden sicher noch öfters hören wird. Die Grünen würden ihrem Chef folgen, glauben die Kommentatoren, doch der Weg durch den grünen Bundesvorstand am Freitag und schließlich durch den Bundeskongress am Samstag in Salzburg sind alles andere als ein Spaziergang.

Davor ist freilich noch Feinschliff angesagt. Über Nacht wurden, wie es der letzte und wohl neue Kanzler in der Pressekonferenz versprach, die Feinheiten im Regierungsprogramm abgestimmt. Zu Mittag geht es schließlich in die Hofburg zu Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der als Erster über die Details der Zusammenarbeit hinsichtlich Programm und Minister informiert werden soll. Am Nachmittag soll schließlich das 300 Seiten starke Regierungsprogramm und die komplette Liste der Minister vorgestellt werden. Spätestens dann sollten sich die Nebel über verschiedenen Personaldeals lichten. Die großen Überraschungen wird es dabei wohl nicht mehr geben – es geht eben, wie es der künftige Kanzler formulierte, um die Feinheiten.

Kurz und das Koalitionswagnis

Am Freitag sind schließlich die Parteivorstände beider Parteien am Zug. Für Kurz wird es wohl der leichtere Weg sein. Wiewohl, so erinnerte die „profil“-Journalistin Eva Linsinger in der ZIB2 am Mittwochabend, „diese Koalition ein Wagnis ist“. Bei der Aufstellung des Personals sehe man eigentlich die altbekannte ÖVP wieder, so Linsinger, die unterstrich, wie sehr bei der Volkspartei die Bünde als auch die Länder bei der Aufstellung der Minister zum Zug gekommen seien. Das Signal, so Linsinger, sei klar: Kurz wolle sich eine deutliche Zustimmung und eine „Verankerung“ des Programms in den Landesorganisationen holen.

Journalistinnen über die neue Koalition

Eva Linsinger („profil“) und Doris Vettermann („Kronen Zeitung“) diskutieren strategische Schritte, personelle Entscheidungen und inhaltliche Trennlinien von ÖVP und Grünen.

Und tatsächlich scheint ja bei der Aufstellung des ÖVP-Teams von Bauernbund über ÖAAB bis zu Länderbeteiligungen fast niemand vergessen worden zu sein. Würde diese Koalition mit den Grünen scheitern, so Linsinger, dann hätte Kurz nach SPÖ und FPÖ auch eine Zusammenarbeit mit den Grünen gesprengt.

Schlüsseltag in Salzburg

Nach der Vorstellung des Regierungsprogramms beider Parteien wird alles gespannt nach Salzburg blicken. Da tagt ab Samstag der Bundeskongress der Grünen im Konferenzzentrum beim Mirabellgarten. Ohne die mehrheitliche Zustimmung zum Regierungspaket können die Grünen die Koalition und damit ihre erste Regierungsbeteiligung nicht eingehen. Im Prinzip genügt eine einfache Mehrheit.

Aber, so sagte Politikexperte Peter Filzmaier in der ZIB: „Wenn es nicht eine deutliche Mehrheit ist, dann würden ja die Grünen ihren Parteichef Werner Kogler sozusagen fast gegen die Wand knallen lassen.“ Die Mitglieder der Grünen müssten dabei, so Filzmaier, „durchaus große Brocken“ schlucken. Und dafür sind die anberaumten viereinhalb Stunden dann doch eine knapp bemessene Zeit.

Filzmaier über die Herausforderungen für Kogler

Politikwissenschaftler Peter Filzmaier über die politischen Schnittmengen von Türkis und Grün. Und die Hürden für Werner Kogler in Salzburg.

Gibt es das grüne Licht der Grünen aus Salzburg, dann könnte, wie es der Bundespräsident zuletzt sagte, „am Montag angelobt werden“. Das wäre dann der 7. Jänner, einen Tag nach Dreikönig – und gut 100 Tage nach der Nationalratswahl.