Bei der Begrüßung im Bundeskanzleramt gratulierte Bierlein Kurz zur erneuten Kanzlerschaft und fügte hinzu: „Sie wissen, es ist keine leichte Aufgabe.“ Dennoch zeigte sie sich überzeugt, dass die neue Regierung weit über die Grenzen hinaus ein Vorbild sein werde.
Bierlein hob vor allem den hohen Frauenanteil der Regierungsriege positiv hervor. Zum ersten Mal gibt es ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis zwischen den Ministerinnen und Ministern. Und: Die ehemalige erste weibliche Kanzlerin sagte, sie hoffe, dass Kurz die fünfjährige Regierungsperiode diesmal voll ausschöpfen könne, schließlich habe er viel vor, so Bierlein.
Dank an die Übergangsregierung
Kurz, der die scheidende Regierungschefin mit einem Blumenstrauß beschenkte, dankte ihr nicht nur dafür, dass sie sich für das Amt zur Verfügung gestellt habe, sondern auch dafür, wie sie es ausgeübt habe. Sie und ihr Team hätten in einer „herausfordernden Phase“ Verantwortung für die Republik Österreich übernommen.
Er selbst freue sich nun, die Arbeit für Österreich fortsetzen zu dürfen. Man habe sich viele Gesetzesvorhaben mit dem Koalitionspartner vorgenommen – daher werde es sicher eine arbeitsintensive Zeit werden. Als Schwerpunkte nannte der Kanzler eine weitere steuerliche Entlastung ebenso wie eine konsequente Sicherheits- und Integrationspolitik.
Versichert wurde von Kurz noch, dass Österreich auf europäischer und generell internationaler Ebene aktiv auftreten werde. Als „kleines Österreich“ sei es wichtig, in der EU die eigenen Interessen zu wahren, aber auch darauf zu schauen, dass sich die Union weiterentwickelt.
Kogler mit steirischer Blasmusik empfangen
Nach der Amtsübergabe im Kanzleramt folgten die Übergaben in den einzelnen Ministerien. Mit lauten Klängen aus seiner steirischen Heimat wurde Kogler in seinem Ministerium begrüßt. Der neue Vizekanzler sowie Sport- und Beamtenminister wurde von zwei Musikvereinen mit Blasmusik, dem Bürgermeister und dem Vizebürgermeister sowie Geschenken aus St. Johann in der Haide vor dem Infrastrukturministerium in der Radetzkystraße empfangen.
„Ich bin überwältigt“, zeigte sich Kogler gerührt. Er bedankte sich bei jedem Musiker persönlich für den musikalischen Empfang. Nach seiner ersten Amtshandlung gefragt, zeigte sich Kogler zum Scherzen aufgelegt und kündigte ein „Gesetz zu Erlassung allgemeiner Ruhe“ an.
Die offizielle Amtsübergabe nahm der bisherige Minister Eduard Müller, der in der Beamtenregierung von Bierlein als Finanzminister den Sportbereich mit übernommen hatte, vor. Er wünschte Kogler und seiner Staatssekretärin Ulrike Lunacek, die für Kunst und Kultur zuständig ist, ebenfalls alles Gute und zeigte sich überzeugt, dass „die kommenden fünf Jahre spannend, interessant und erfolgreich sein werden“.
Jabloner verurteilt „Niedertracht“ gegen Zadic
Alma Zadic (Grüne) wurde bei der Amtsübergabe im Justizministerium mit warmem Applaus von den Beamten begrüßt. Ihr Vorgänger Clemens Jabloner dankte den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Ministerium und verurteile in einer kurzen Rede auch die „Niedertracht“ gegen Zadic.
Zadic wurde in einem medienrechtlichen Verfahren – nicht rechtskräftig – verurteilt, nachdem sie ein Foto eines Mannes, der ihrer Ansicht nach mit Hitlergruß grüßte, gepostet hatte. Sie hat dagegen Berufung angemeldet. Gerade vonseiten der FPÖ kam deshalb reichlich Kritik. In Sozialen Netzwerden war Zadic zuletzt auch wegen ihrer bosnischen Herkunft und ihres vermeintlichen muslimischen Glaubens zum Teil heftigen Hasspostings ausgesetzt. Die Grünen stellten jedoch erneut klar, dass Zadic nicht muslimischen Glaubens, sondern ohne religiöses Bekenntnis ist.
Nach der Übernahme des symbolischen Schlüssels für das Palais Trautson, in dem sich das Justizministerium befindet, lobte Zadic die Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hauses und die „hohe Expertise“. Sie bedankte sich bei Jabloner und freue sich sehr auf ihre zukünftige Angabe. Es sei eine große Ehre für sie, „dieses Haus leiten zu dürfen“. Sie sehe in der Justizpolitik auch Gesellschaftspolitik, der Grund-, Menschen- sowie Verfassungsrechte zugrunde liegen.
Anschober: „Ministerium des Zusammenhalts“
Der neue Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) will das Thema Pflege zu seinem ersten großen Schwerpunkt machen, wie er bei seiner Amtsübergabe verkündete. Das Sozialministerium bezeichnete er als „tolles Haus“, es warte auf ihn aber eine „große Herausforderung“.
Von der scheidenden Ministerin Brigitte Zarfl bekam Anschober zur Übergabe eine dicke Mappe überreicht. Begründet wurde das damit, dass es sich schließlich ja auch um ein großes Ressort handle. Beide kündigten an, dass man sich am Mittwoch zusammensetzen werde, um die Dinge gemeinsam durchzuarbeiten. Außerdem würden noch mehrere Mappen hinzukommen.
In Sachen Pflege sprach Anschober von einem „akuten Handlungsbedarf“ und von einem „Pflegenotstand“. Er werde sich die Dinge zwar in Ruhe anschauen und keine Schnellschüsse machen. Trotzdem kündigte Anschober an, dass man einen ersten Schritt schon in einer der ersten Ministerratssitzungen machen wolle. Er nehme es mit einer Lösung in diesem Bereich „sehr ernst“, sagte der neue Minister. Er verwies auch darauf, dass es in Sachen Pflege genügend Fachexperten und Fachexpertinnen innerhalb und außerhalb des Ministeriums gebe.
Das Sozialressort will Anschober zu einem „Ministerium des Zusammenhalts“ machen. Es habe in den letzten Jahren viele Spaltungen gegeben. Dieses Ministerium biete die Chance, diese zu überwinden. Die Sozialpolitik ist nach Ansicht Anschobers neben dem Klimaschutz die zweite Säule der grünen Regierungsarbeit. Er betonte, dass der Klimaschutz schließlich auch sozial verträglich sein müsse.
Feierlicher Festakt für Tanner
Im Verteidigungsministerium gab es am Nachmittag einen feierlichen Festakt für die erste Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP). Sie wurde mit Militärmusik empfangen. Ihr Vorgänger Thomas Starlinger warnte in seiner Rede einmal mehr vor einem „besorgniserregenden Zustand des Bundesheeres“ und einer weiteren Unterdotierung des Ressorts.
Eine ähnliche Sichtweise dürfte auch Tanner haben. Sie versprach den Soldaten, das Bundesheer und die Landesverteidigung zeit- und aufgabengemäß weiterzuentwickeln. Aber es „liegt ein schwieriger, steiler Weg vor uns“, so Tanner. Dennoch freue sie sich sehr – es sei eine besondere Ehre, Verteidigungsministerin zu sein.
Die neue Ministerin bezeichnete das Bundesheer als die „Sicherheitsgarantie“ Österreichs. „Daher müssen wir seine Kernkompetenzen weiterentwickeln“, sagte die Ressortchefin und verwies gleichzeitig auf die geplante Überarbeitung der Tauglichkeitskriterien und die Einführung einer „Teiltauglichkeit“. Sie versprach auch eine „ausreichende personelle und materielle Ausstattung der Miliz“.
Schlüssel für Blümel
Indes ging auch im Finanzministerium die Schlüsselübergabe vonstatten. Eduard Müller übergab sein Amt an Gernot Blümel (ÖVP), der damit ab sofort ein Büro in der Johannesgasse im ersten Bezirk bezieht. Er habe das Finanzministerium, als er im Außenministerium unter Michael Spindelegger dort diente, als „harten Verhandlungspartner“ kennengelernt, so Blümel. Das zweite Mal kam er mit dem Haus in seiner Zeit als Regierungskoordinator der ÖVP-FPÖ-Regierung in Berührung. „Damals durfte ich gemeinsam mit Finanzminister Hartwig Löger auf ein ausgeglichenes Budget achten“, so der frischgebackene Finanzminister.
Blümel wies darauf hin, dass er an der Wirtschaftsuniversität eine Diplomarbeit zum Thema „Projektmanagement im öffentlichen Dienst“ verfasst habe. Als wesentlicher Erfolgsfaktor im öffentlichen Dienst habe sich dabei die gute Zusammenarbeit der politischen mit der administrativen Ebene herauskristallisiert, so Blümel, der nachschickte: „Darauf können Sie sich bei mir verlassen.“
Mit dem Rad ins Umweltministerium
Leonore Gewessler (Grüne), die das Ministerium für Umwelt, Energie und Infrastruktur übernimmt, kam mit dem Rad in ihr neues Ministerium, das sie von Andreas Reichhardt (FPÖ) übernahm. Als Talisman übergab Reichhardt eine grüne Schildkröte an Gewessler – ein Symbol für die in der Evolution nötige Anpassungsfähigkeit. Außerdem hätten sie einen Panzer – was nützlich sei, wenn es „in der Politik etwas ruppig“ werde.
Reichhardt bedankte sich bei seinem Team. „Wir können wirklich stolz sein, etwas geleistet zu haben“, sagte er. Die Aufgabe als Minister sei für ihn eine „große Chance und Ehre“ gewesen. Mit „ein paar grauen Haaren mehr“ werde er der neuen Ministerin weiterhin zur Verfügung stehen, kündigte er an.
Gewessler gab sich nicht nur auf dem Fahrrad volksnah, sondern bat auch die bei der Amtsübergabe anwesenden Mitarbeiter gleich ein wenig näher an das Rednerpult. „Das ist kein Medienevent, das ist eine Amtsübergabe vor allem für Sie“, teilte sie ihren künftigen Arbeitskolleginnen und -kollegen mit und bezeichnete sie sogleich als „Herzstück des Hauses“.
Beim ihrem künftigen Ministerium handle es sich um ein „zentrales Ressort“, so Gewessler. Sie stelle sich der Herausforderung „mit großer Demut“, sagte die Umweltexpertin. „Das Regierungsprogramm gibt uns einen klaren Auftrag – und der Auftrag ist kein kleiner.“ Sie strebe eine wissenschaftsbasierte Politik an, stellte Gewessler klar. Das Ziel solle im Vordergrund stehen, nicht parteipolitische Interessen, kündigte sie an. Nur so könne man die Zukunft positiv gestalten, sagte die neue Ministerin.
Nehammer übernahm von Peschorn
Im Innenministerium fand Dienstagnachmittag auch die Amtsübergabe von Wolfgang Peschorn an den am Vormittag neu angelobten Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) statt. In seiner Antrittsrede sprach Nehammer laut Aussendung von Dankbarkeit und Respekt. Er stellte in Aussicht, seiner „klaren und konsequenten Linie“ bezüglich Migration und Sicherheit treu bleiben zu wollen.
Peschorn überreichte Nehammer seinen Übergabebericht, in dem – wie es hieß – vom scheidenden Minister die wesentlichen Entscheidungen und Maßnahmen seiner Regierungszeit samt seinen Überlegungen ausführlich dokumentiert wurden. Ab sofort stehe er dem Innenminister wieder in seiner Funktion als Präsident der Finanzprokuratur jederzeit gerne zur Verfügung, sagte Peschorn.