Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) im Rahmen der Angelobung
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Neue Regierung

Hin und Her bei Ressortkompetenzen

Mit Bildung der neuen ÖVP-Grünen-Regierung verschieben sich auch Zuständigkeiten in den Ministerien. Manche muten recht ungewöhnlich an: Elisabeth Köstinger (ÖVP) etwa wird als Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus auch die Telekom- und Breitbandagenden sowie den Zivildienst innehaben. Und die Frauenagenden übersiedeln in das Integrationsressort.

Mit „Breitbandausbau, Telekom, Post“ fielen „wesentliche Bereiche des früheren Verkehrsministeriums“ in das Portfolio Köstingers, heißt es auf der Website des Ministeriums. Dieses firmiert zurzeit noch unter dem bisherigen Namen „Nachhaltigkeit und Tourismus“, wird künftig aber „Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT)“ heißen. Der Wechsel der Agenden für den Zivildienst vom (ebenfalls ÖVP-geleiteten) Innen- ins Landwirtschaftsministerium wird mit der Bedeutung für den ländlichen Raum erklärt: „Jede Stadt und jedes Dorf braucht Zivildiener!“

„Es bleibt zusammen, was zusammengehört. Und es kommt dazu, was dazupasst“, sagte Köstinger. Somit fällt die Ausschreibung neuer Frequenzen für die nächste Funkgeneration 5G genauso unter Köstingers Kompetenz wie regulatorische Fragen, die bei der Regulierungsbehörde RTR angesiedelt sind. Für die Staatsanteile an den beiden börsennotierten Unternehmen Post AG und Telekom Austria AG sei aber weiterhin der Finanzminister zuständig, hieß es aus dem Büro von Köstinger.

Opposition verwundert

Die Freude Köstingers darüber, dass nun „alle Agenden des ländlichen Raums“ in ihrem Ressort gebündelt seien, teilen nicht alle: „Es entsteht der Eindruck, dass die ÖVP den Zugriff auf staatsnahe Unternehmen und die damit verbundenen Posten sowie lukrative Aufträge mit allen Mitteln behalten will“, sagte der stellvertretende NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak.

Auch der kommunalpolitische Sprecher der SPÖ, Andreas Kollross, übte Kritik: „Köstinger hat bereits in der vorigen Regierungszeit in Sachen Klimapolitik und Umweltschutz bewiesen, dass alles den Bedürfnissen der großindustriellen Landwirtschaft untergeordnet wird und die Zukunftsfragen auf der Strecke bleiben. Es ist zu befürchten, dass mit der Regionalisierung und der Telekommunikation nun selbiges passiert.“

Integrationsministerin Susanne Raab im Rahmen der Angelobung
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Alma Zadic verliert für ihr Ressort den Verfassungsdienst, Susanne Raab ist künftig für Integration zuständig – und für Frauen

Verloren hat Köstinger wiederum ihre früheren Umweltagenden, darum kümmert sich nun Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne). Dadurch, dass ihr aber Sektion III des Infrastrukturministeriums zugesprochen wird, könnte ihr künftig der Verkehrsminister der Übergangsregierung, Andreas Reichhardt (FPÖ), zur Seite stehen, wie das Ö1-Morgenjournal am Mittwoch berichtete – Audio dazu in oe1.ORF.at. Reichhardt leitet diese Sektion jetzt wieder und dürfte sich in einem Ressort unter grüner Führung ohnehin nicht sehr wohl fühlen.

Frauenagenden bei Integrationsministerin

Die Neuverteilung im Landwirtschaftsministerium ist aber nicht die einzige, die für Debatten sorgt. Zwar ist die neue Regierung die weiblichste der Geschichte, ein eigenes Frauenministerium gibt es aber nicht. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) wird die Frauenagenden im Bundeskanzleramt mit betreuen. Schon unter der ÖVP-FPÖ-Regierung waren diese im Bundeskanzleramt angesiedelt. Davor waren die Agenden Teil des Gesundheitsministeriums.

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) erklärte die Verknüpfung von Frauen und Integration am Dienstag im ZIB-Doppelinterview mit dem grünen Vizekanzler Werner Kogler mit „neuen Herausforderungen“: „Das Sicherheitsgefühl von Frauen, gerade in großen Städten, das Aufkommen von Macho-Kulturen, die teilweise nach Österreich importiert worden sind, an manchen Schulen. Teilweise ein falsches Rollenverständnis von manchen Zuwanderern, die es nicht so ernst nehmen mit der Gleichstellung von Mann und Frau.“

Weitere Verschiebungen

Auch weitere Kompetenzverschiebungen in den Ressorts sind geplant: Der Verfassungsdienst wandert von der Justiz unter der grünen Ministerin Alma Zadic wieder ins Kanzleramt, bleibt also bei der ÖVP. Sehr zum Ärger von NEOS: „Die neue grüne Klubobfrau Sigi Maurer hat live im Fernsehen versichert, dass Justizministerin Zadic auf unsere Verfassung aufpassen wird. Das wird nur leider nicht funktionieren, wenn die Verfassung und die Grund- und Freiheitsrechte künftig in der Kompetenz des BKA liegen“, sagte Scherak. Der Datenschutz hingegen verbleibt im Justizressort – was bezüglich des für die Grünen wichtigen Themas Transparenz von Bedeutung ist.

Auch eine andere Umverteilung fällt zulasten der Grünen aus: Rudolf Anschober erhält zwar das Sozialministerium zugesprochen, allerdings leitet er eine abgespeckte Version – die Agenden für den Arbeitsmarkt wurden erstmals ins Familienministerium geschoben. Die umfangreichen Gesundheitsagenden, die in der Vergangenheit oft auch ein eigenes Ressort hatten, bleiben jedoch bei Anschober.