Europäer drohen Iran mit härterer Gangart im Atomstreit

Im Ringen um den Erhalt des Atomabkommens drohen die Europäer dem Iran mit härteren Schritten. Der Iran müsse zur Einhaltung des Vertrages zurückkehren, forderten in der Nacht auf heute die Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens.

Zugleich sagten sie: „Wir behalten uns vor, auf alle in der Vereinbarung vorgesehenen Maßnahmen zurückzugreifen, um diese Vereinbarung zu erhalten und Fragen in Bezug auf Irans Umsetzung seiner Verpflichtungen aus der Vereinbarung zu klären.“

Das lässt sich als Drohung der Europäer lesen, den im Atomabkommen enthaltenen Mechanismus zur Konfliktlösung auszulösen. Dieser Prozess könnte, muss aber nicht in eine Wiedereinsetzung der UNO-Sanktionen gegen den Iran münden.

Seit US-Ausstieg auf der Kippe

Das Atomabkommen aus dem Jahr 2015 steht auf der Kippe, seit die USA 2018 einseitig ihren Ausstieg daraus verkündet und später harte Strafmaßnahmen gegen den Iran verhängt hatten, die die Wirtschaft des Landes existenziell bedrohen.

Als Reaktion darauf hält der Iran seit Juli immer mehr Verpflichtungen aus der Vereinbarung nicht mehr ein. Zuletzt kündigte die Führung in Teheran vor einigen Tagen an, künftig auch die Auflagen zu Menge und Höhe der Urananreicherung nicht mehr zu beachten.

Der Iran befolgt allerdings weiter die Auflage, der internationalen Gemeinschaft Einblick in sein Atomprogramm zu geben. Damit herrscht noch immer weitgehend Transparenz darüber, wie weit das Land mit seinem Atomprogramm voranschreitet.

Moskau und Peking gegen Auslösung von Mechanismus

Die europäischen Unterzeichnerstaaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien („E3“) wollen demnächst entscheiden, ob sie den Streitlösungsmechanismus starten. Das Atomabkommen war Thema beim EU-Außenministertreffen am Freitag in Brüssel und auch am Samstag bei der Begegnung der deutschen Kanzlerin Angela Merkel mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Sowohl Russland als auch China, neben den Europäern die übrigen Unterzeichner des Atomabkommens, stehen einer Auslösung des Streitschlichtungsmechanismus skeptisch gegenüber. Die Führung in Teheran dürfte sehr verärgert reagieren, falls die Europäer diesen Schritt gehen.

Nach dem Atomabkommen kann jeder Vertragspartner die „Gemeinsame Kommission“ anrufen, wenn er glaubt, dass ein anderer Partner gegen die Vereinbarung verstößt. Die Kommission hat dann 15 Tage Zeit, um den Streit zu schlichten. Sie kann diese Frist aber auch ausdehnen, wenn alle Beteiligten dem zustimmen.

Wird sie nicht verlängert, eskaliert der Fall, was am Ende zur Wiedereinsetzung der UNO-Sanktionen gegen den Iran führen kann – falls der UNO-Sicherheitsrat nicht dagegen entscheidet.