Erste Teletext-Seite
ORF
40 Jahre Teletext

Mit Klarheit zum Kultstatus

Vor 40 Jahren flimmerte der ORF Teletext erstmals von den Bildschirmen, analog ausgestrahlt über die sogenannte „Austastlücke“. Das war hip und zukunftsweisend und anfänglich einer Elite von 500 Besitzerinnen und Besitzern entsprechender TV-Geräte vorbehalten. Später wurde der Teletext zum Massenmedium. Heute hat er Kultstatus – und ist längst im digitalen Zeitalter angekommen.

Ein Versuchsprogramm mit 64 Seiten für rund 500 teletextfähige TV-Geräte in ganz Österreich – so begann alles am 21. Jänner 1980 mit dem vom späteren ORF-Generalintendanten Gerhard Weis gegründeten ORF Teletext. Als erste TV-Station auf dem europäischen Kontinent nutzte der ORF 1980 die Möglichkeit, regelmäßig Textinformationen über die Austastlücke des Sendesignals auf den Fernsehbildschirm zu bringen.

Bei der Austastlücke wird nichts abgetastet, sondern eben ausgetastet – und das heißt im Fernsehtechnikerjargon „unterbrochen“. Sehr laienhaft erklärt: Beim analogen Fernsehen wurde das Bild Zeile für Zeile aufgebaut, von links nach rechts, von oben bis unten. Immer wenn die Bildröhre dann von rechts zurück an den Ausgangspunkt geführt wird oder vom Seitenende zurück an den Seitenanfang, wird ihr Elektronenstrahl unterbrochen. Diesen Zeitraum, diese „Unterbrechungslücke“, kann man nutzen, um digitale Daten zu senden – wie den Teletext.

Teletext-Seite aus dem Jahr 1996
ORF
Auf das Wesentliche reduziert: Die Seite 100 des ORF Teletext im Jahr 1996

So wenig wie geht – so viel wie möglich

Im heutigen digitalen Zeitalter wird der ORF Teletext als eigener Datenstrom auf die TV-Bildschirme transportiert, kann in praktisch allen Haushalten empfangen werden und bietet auf über 1.500 Seiten (anwählbare Seiten plus Unterseiten) umfassende aktuelle Information und Service. Die Teletext-Technik selbst ist seit 1980 beinahe unverändert: Es gibt maximal 800 einzeln aufrufbare Seiten, von Seite 100 bis inkl. Seite 899, eine Teletext-Seite besteht aus höchstens 99 Unterseiten. Für Texte, Tabellen und Grafiken stehen pro Seite nur 23 Zeilen mit je 40 Anschlägen zur freien Verfügung, sechs Farben sowie Schwarz und Weiß.

Hinweis

Der ORF Teletext bietet zum Jubiläum einen Blick zurück in die vergangenen 40 Jahre. Zu finden ab Seite 840 und in teletext.ORF.at.

Der ORF Teletext besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen: Service und Nachrichten. Die Serviceseiten werden von der ORF Online und Teletext GmbH & Co KG vom ORF-Zentrum am Küniglberg aus großteils in händischer Kleinstarbeit gefüllt – das Angebot reicht von Konzertterminen bis hin zu regelmäßigen Rezensionen über Bücher, aber auch für die Magazine Leute, Show, Fernsehen, Multimedia sowie den umfangreichen Sportteil und die Untertitelung ist die ORF-Tochterfirma zuständig. Ein Teil der Daten wird von internen und externen Kooperationspartnern automatisiert eingespielt, etwa die Wetterprognosen, Verkehrsdaten des ARBÖ, die Lottozahlen und aktuelle Flugdaten.

Neue Standards in Sachen Tempo

Die Nachrichten werden von einer beim aktuellen Dienst des ORF-Hörfunks im Funkhaus angesiedelten Teletext-Redaktion befüllt. Knapp, trocken, seriös, ohne verbrämten Meinungsjournalismus – ein Image, das sich der Teletext in seinen ersten 40 Jahren erarbeitete. Vor allem aber punktet man mit Schnelligkeit.

Fotostrecke mit 8 Bildern

Erste Teletext-Seite
ORF
Blick in die Vergangenheit: Die Seite 100 des ORF Teletext am 21. Jänner 1980
Teletext-Seite „Bücher“
ORF
Blick ins Jahr 1985, hier auf eine Teletext-Seite mit Büchertipps
Teletext-Seite „Für den Hobbygärtner“
ORF
Neben Nachrichten bot der Teletext immer schon Platz für Lifestyle-Themen – hier Tipps für all jene, die sich zu Hause im Garten austoben
Teletext-Seite „Für Katz’ und Co“ mit dem Bild einer Katze
ORF
Auch für Tierfreundinnen und Tierfreunde hatte der Teletext ein Angebot parat
Teletext-Seite „Kinotips“ mit einem Bild von Charlie Chaplin
ORF
Kinotipps (hier 1997) gehören bis heute zum Angebot des ORF Teletext
Teletext-Seite der interaktiven Zugauskunft
ORF
Ende der 90er Jahre gab es auch einen interaktiven Teletext. Leserinnen und Leser konnten sich dabei etwa ihren persönlichen ÖBB-Fahrplan auf den Fernseher holen.
Teletext-Seite „Lesen statt hören“
ORF
Den gehörlosen Leserinnen und Lesern wurde die Möglichkeit eingeräumt, Kontakt mit der Redaktion aufzunehmen
Teletext-Seite zum Casino Open 1994 in Velden
ORF
Liveberichterstattung (hier von einem Schachturnier im Jahr 1994) war der Redaktion ebenfalls nicht fremd

Erstmals – und das war zur Gründungszeit ein Alleinstellungsmerkmal – musste niemand auf Radionachrichten zur vollen Stunde warten. Man wurde in Echtzeit informiert. Eine Eilmeldung von Nachrichtenagenturen, etwa über ein Erdbeben, konnte ohne Verzögerung veröffentlicht werden.

Spartanisch und übersichtlich

Das können Nachrichtenportale im Internet heute auch. Aber schneller umfassend informiert ist man noch immer beim Teletext, weil aus der Not der geringen Zeichenanzahl, die man pro Bericht verwenden darf, eine Tugend wurde. Auf einem Blatt, also bei einem Bildschirmbild ohne Umblättern, sind maximal 19 kurze Zeilen Text möglich. Da können gerade einmal die fünf Ws des Journalismus beantwortet werden: Wer, was, wann, wo, warum? So kurz und trotzdem noch verständlich zu texten ist eine eigene Kunstform.

Das Ergebnis ist spartanisch, was aber auch bedeutet: Über die Schlagzeilenübersicht auf Seite 111 kommt man zu den rund sechs, sieben wichtigsten Nachrichten – mit denen man locker nach drei Minuten durch ist. In so kurzer Zeit ist man sonst nirgends umfassend über die wichtigsten Ereignisse des Moments informiert. In Zeiten, da viele Menschen nicht längere Texte lesen wollen, als in ein Meme auf Instagram passt, ist das ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

Vom Röhrenschirm zur App

Und so kommt es, dass das eigentlich anachronistische Medium Teletext heute zeitgemäßer wirkt als der auf vielen News-Websites gebotene Mischmasch aus gesponserten Links, Werbung, Gewinnspielen, vermeintlichen Clickbait-Beiträgen („Du wirst nie glauben, was du siehst, wenn du hier klickst“), launigen Kommentaren, Diskussionsforen, Abstimmungen und schließlich Nachrichteneinsprengseln.

Teletext-Seite mit dem Konterfeit von Heinz Christian Strache
ORF
UBERMORGEN, „Good Anus“: Das Werk entstand 2019 im Rahmen des Projekts „ORF Teletext trifft Kunst“

Logische Schritte waren deshalb zuerst 2002 die Website und dann 2016 die App. Gerade junge Menschen – angeblich Nachrichtenverweigerer – sieht man regelmäßig in der U-Bahn beim Teletext-Lesen. Die Nutzung des klassischen ORF Teletext ist zwar in den letzten Jahren weniger geworden, liegt aber noch immer bei einer gewaltigen Million an Leserinnen und Lesern pro Woche bzw. 1,48 Millionen monatlich. Website und App erzielen monatlich 3,9 Millionen Visits – Tendenz steigend.

Die Kunst des „Keep it simple“

Karl Pachner, Geschäftsführer der ORF Online und Teletext GmbH, bescheinigt dem Teletext deshalb, längst nicht nur ein Nostalgie-, sondern vor allem auch ein Zukunftsmedium zu sein: „Auch im Zeitalter des Klickens und Wischens ist der ORF Teletext eines der meistgenutzten Medienangebote Österreichs geblieben. Dafür sorgen seine Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Vertrautheit beim Publikum.“ ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz: „Der ORF Teletext ist 40, und er ist ein Medienphänomen. Gerade in der heutigen, immer schnelllebiger werdenden Zeit werden seine Stärken wieder zum Asset – ein rascher News-Überblick, auf das Wesentliche fokussierte Kurzinfos und sofort verfügbare Serviceinfos.“

Man braucht sich also um den Teletext auch weiterhin keine Sorgen zu machen. Dass er nur kurze Texte zulässt, heißt nicht, dass er nicht reflexionsfähig ist. So gibt es immer wieder Kooperationen mit der Ars Electronica. Künstlerinnen und Künstler schaffen Pixelkunst mit knackigen Aussagen – nicht nur, zuletzt aber auch über das Medium Teletext selbst, ähnlich wie zuvor andere Spielarten von Medienkunst (ASCII-Art, Faxkunst, frühe Netzkunst). Um ein überstrapaziertes Zitat des Medientheoretikers Marshall McLuhan noch einmal zu strapazieren: „The medium is the message.“ Im Fall des ORF Teletext wäre diese Message: Keep it simple.