Ein Versuchsprogramm mit 64 Seiten für rund 500 teletextfähige TV-Geräte in ganz Österreich – so begann alles am 21. Jänner 1980 mit dem vom späteren ORF-Generalintendanten Gerhard Weis gegründeten ORF Teletext. Als erste TV-Station auf dem europäischen Kontinent nutzte der ORF 1980 die Möglichkeit, regelmäßig Textinformationen über die Austastlücke des Sendesignals auf den Fernsehbildschirm zu bringen.
Bei der Austastlücke wird nichts abgetastet, sondern eben ausgetastet – und das heißt im Fernsehtechnikerjargon „unterbrochen“. Sehr laienhaft erklärt: Beim analogen Fernsehen wurde das Bild Zeile für Zeile aufgebaut, von links nach rechts, von oben bis unten. Immer wenn die Bildröhre dann von rechts zurück an den Ausgangspunkt geführt wird oder vom Seitenende zurück an den Seitenanfang, wird ihr Elektronenstrahl unterbrochen. Diesen Zeitraum, diese „Unterbrechungslücke“, kann man nutzen, um digitale Daten zu senden – wie den Teletext.
So wenig wie geht – so viel wie möglich
Im heutigen digitalen Zeitalter wird der ORF Teletext als eigener Datenstrom auf die TV-Bildschirme transportiert, kann in praktisch allen Haushalten empfangen werden und bietet auf über 1.500 Seiten (anwählbare Seiten plus Unterseiten) umfassende aktuelle Information und Service. Die Teletext-Technik selbst ist seit 1980 beinahe unverändert: Es gibt maximal 800 einzeln aufrufbare Seiten, von Seite 100 bis inkl. Seite 899, eine Teletext-Seite besteht aus höchstens 99 Unterseiten. Für Texte, Tabellen und Grafiken stehen pro Seite nur 23 Zeilen mit je 40 Anschlägen zur freien Verfügung, sechs Farben sowie Schwarz und Weiß.
Hinweis
Der ORF Teletext bietet zum Jubiläum einen Blick zurück in die vergangenen 40 Jahre. Zu finden ab Seite 840 und in teletext.ORF.at.
Der ORF Teletext besteht im Wesentlichen aus zwei Teilen: Service und Nachrichten. Die Serviceseiten werden von der ORF Online und Teletext GmbH & Co KG vom ORF-Zentrum am Küniglberg aus großteils in händischer Kleinstarbeit gefüllt – das Angebot reicht von Konzertterminen bis hin zu regelmäßigen Rezensionen über Bücher, aber auch für die Magazine Leute, Show, Fernsehen, Multimedia sowie den umfangreichen Sportteil und die Untertitelung ist die ORF-Tochterfirma zuständig. Ein Teil der Daten wird von internen und externen Kooperationspartnern automatisiert eingespielt, etwa die Wetterprognosen, Verkehrsdaten des ARBÖ, die Lottozahlen und aktuelle Flugdaten.
Neue Standards in Sachen Tempo
Die Nachrichten werden von einer beim aktuellen Dienst des ORF-Hörfunks im Funkhaus angesiedelten Teletext-Redaktion befüllt. Knapp, trocken, seriös, ohne verbrämten Meinungsjournalismus – ein Image, das sich der Teletext in seinen ersten 40 Jahren erarbeitete. Vor allem aber punktet man mit Schnelligkeit.
Erstmals – und das war zur Gründungszeit ein Alleinstellungsmerkmal – musste niemand auf Radionachrichten zur vollen Stunde warten. Man wurde in Echtzeit informiert. Eine Eilmeldung von Nachrichtenagenturen, etwa über ein Erdbeben, konnte ohne Verzögerung veröffentlicht werden.
Spartanisch und übersichtlich
Das können Nachrichtenportale im Internet heute auch. Aber schneller umfassend informiert ist man noch immer beim Teletext, weil aus der Not der geringen Zeichenanzahl, die man pro Bericht verwenden darf, eine Tugend wurde. Auf einem Blatt, also bei einem Bildschirmbild ohne Umblättern, sind maximal 19 kurze Zeilen Text möglich. Da können gerade einmal die fünf Ws des Journalismus beantwortet werden: Wer, was, wann, wo, warum? So kurz und trotzdem noch verständlich zu texten ist eine eigene Kunstform.
Das Ergebnis ist spartanisch, was aber auch bedeutet: Über die Schlagzeilenübersicht auf Seite 111 kommt man zu den rund sechs, sieben wichtigsten Nachrichten – mit denen man locker nach drei Minuten durch ist. In so kurzer Zeit ist man sonst nirgends umfassend über die wichtigsten Ereignisse des Moments informiert. In Zeiten, da viele Menschen nicht längere Texte lesen wollen, als in ein Meme auf Instagram passt, ist das ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.
Vom Röhrenschirm zur App
Und so kommt es, dass das eigentlich anachronistische Medium Teletext heute zeitgemäßer wirkt als der auf vielen News-Websites gebotene Mischmasch aus gesponserten Links, Werbung, Gewinnspielen, vermeintlichen Clickbait-Beiträgen („Du wirst nie glauben, was du siehst, wenn du hier klickst“), launigen Kommentaren, Diskussionsforen, Abstimmungen und schließlich Nachrichteneinsprengseln.
Logische Schritte waren deshalb zuerst 2002 die Website und dann 2016 die App. Gerade junge Menschen – angeblich Nachrichtenverweigerer – sieht man regelmäßig in der U-Bahn beim Teletext-Lesen. Die Nutzung des klassischen ORF Teletext ist zwar in den letzten Jahren weniger geworden, liegt aber noch immer bei einer gewaltigen Million an Leserinnen und Lesern pro Woche bzw. 1,48 Millionen monatlich. Website und App erzielen monatlich 3,9 Millionen Visits – Tendenz steigend.
Die Kunst des „Keep it simple“
Karl Pachner, Geschäftsführer der ORF Online und Teletext GmbH, bescheinigt dem Teletext deshalb, längst nicht nur ein Nostalgie-, sondern vor allem auch ein Zukunftsmedium zu sein: „Auch im Zeitalter des Klickens und Wischens ist der ORF Teletext eines der meistgenutzten Medienangebote Österreichs geblieben. Dafür sorgen seine Schnelligkeit, Zuverlässigkeit und Vertrautheit beim Publikum.“ ORF-Generaldirektor Dr. Alexander Wrabetz: „Der ORF Teletext ist 40, und er ist ein Medienphänomen. Gerade in der heutigen, immer schnelllebiger werdenden Zeit werden seine Stärken wieder zum Asset – ein rascher News-Überblick, auf das Wesentliche fokussierte Kurzinfos und sofort verfügbare Serviceinfos.“
Man braucht sich also um den Teletext auch weiterhin keine Sorgen zu machen. Dass er nur kurze Texte zulässt, heißt nicht, dass er nicht reflexionsfähig ist. So gibt es immer wieder Kooperationen mit der Ars Electronica. Künstlerinnen und Künstler schaffen Pixelkunst mit knackigen Aussagen – nicht nur, zuletzt aber auch über das Medium Teletext selbst, ähnlich wie zuvor andere Spielarten von Medienkunst (ASCII-Art, Faxkunst, frühe Netzkunst). Um ein überstrapaziertes Zitat des Medientheoretikers Marshall McLuhan noch einmal zu strapazieren: „The medium is the message.“ Im Fall des ORF Teletext wäre diese Message: Keep it simple.