Eine Frau blickt erschöpft auf ein Fieberthermometer
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Gesundheit

Grippewelle für Expertin „ungewöhnlich“

Nach dem frühen Ausbruch der Grippewelle in Tirol im Dezember hat diese nun in ganz Österreich begonnen. Zu Wochenbeginn wurde ein starker Anstieg von Influenzavirus-Nachweisen verzeichnet, berichtete das Diagnostische Influenzanetzwerk Österreich (DINÖ) am Mittwoch. Ungewöhnlich ist heuer allerdings, dass es keinen dominanten Virusstamm gibt, so die Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien zu ORF.at.

62 Prozent aller auf Influenza (echte Grippe) getesteten Proben waren nach DINÖ-Angaben positiv. Und: In der Vorwoche gab es alleine in Wien mehr als 6.300 Fälle von Grippeerkrankungen und grippalen Infekten. In der ersten Jänner-Woche waren es laut Daten des Wiener Grippemeldedienstes 4.200. Die aktuellen Zahlen wertete die Expertin – ebenso wie DINÖ – als Signal für den „Beginn der Grippewelle in Österreich“.

In puncto Influenza sind es großteils Influenza-A-Viren, die derzeit zirkulieren. Sowohl die Virusstämme A(H1N1)pdm09 als auch A(H3N2) nehmen laut Redlberger-Fritz seit Montag und Dienstag stark zu. Vereinzelt konnten auch Influenza-B-Viren nachgewiesen werden. Ungewöhnlich ist keiner der in den Dreifach- und Vierfachimpfstoffen beinhalteten Viren, so die Expertin. Ungewöhnlich sei diese Saison aber, dass es weder hierzulande noch europaweit einen dominanten Virusstamm gibt.

Wirbel um Influenzafälle in Tirol

So dominieren in Norwegen Influenza-A(H3N2)-Viren, in Russland und in Portugal Influenza-B-Viren, in Spanien und der Ukraine können hingegen hauptsächlich Influenza-A(H1N1)pdm09-Viren nachgewiesen werden, während in Frankreich Influenza-A- und -B-Viren zu gleichen Teilen zirkulieren. Auch zahlreiche andere europäische Länder wie Lettland, Italien, Griechenland und Großbritannien meldeten indes eine weitere Zunahme der Influenzaaktivität. Erklären lässt sich das laut Redlberger-Fritz nicht, „nur beobachten“.

Grafik zu Influenzafällen
Grafik: ORF.at; Quelle: Zentrum für Virologie, Med. Uni. Wien

„Wir haben jetzt jene Situation von Tirol auch im Osten“, sagte die Virologin. Vor einem Monat sorgte in Tirol das A(H3N2)-Virus für Wirbel. Mitte Dezember mussten wegen der Erkrankung von mehr als 200 Schülerinnen und Schülern in Tirol zwei Schulen geschlossen werden. Überraschend war die Lage in Tirol deshalb, weil der Stamm das letzte Mal vor drei Jahren in Österreich zirkulierte, so Redlberger-Fritz. Somit gibt es aktuell auch drei Geburtenjahrgänge, die noch nie mit dem Virus in Kontakt waren.

Generell gilt unter Fachleuten aber, dass immer doppelt so viele Kinder wie Erwachsene an der Grippe erkranken. Nicht zuletzt, weil Kinder über mehrere Stunden hinweg einen engeren Kontakt miteinander pflegen, als Erwachsene das tun. Auch der Krankheitsverlauf ist bei ihnen meist stärker. Besonders betroffen von der Grippe sind zudem auch betagte und chronisch kranke Menschen.

„Bei Krankheit bitte immer zu Hause bleiben“

Indizien dafür, dass man tatsächlich an einer Grippe leidet, sind neben einem plötzlichen Krankheitsbeginn sowie hohem Fieber ein trockener Husten und Halsschmerzen. Im Gegensatz dazu stehen grippale Infekte, die sich eher schleichend anbahnen und in der Regel unkompliziert verlaufen. Jedenfalls, so die Expertin, sei eine Grippeimpfung auch jetzt zu Beginn der Grippewelle noch sinnvoll. Wenngleich eine Impfung nicht vollkommen schützt, so verläuft die Grippe mit Impfung jedenfalls deutlich milder und kürzer. Vor einem grippalen Infekt schützt sie nicht.

„Im Durchschnitt dauert eine Grippewelle zwischen acht und zwölf Wochen. Der Impfstoff beginnt zwischen sieben und zehn Tagen zu wirken“, so Redlberger-Fritz. Und: „Ich rufe immer dazu auf, bei Krankheit bitte immer zu Hause zu bleiben, dann kann man auch keine anderen Menschen anstecken.“ Denn Influenza ist hochansteckend und wird sowohl durch Tröpfchen, also Husten und Niesen, übertragen als auch über direkten Kontakt mit infizierten Personen.

Verlauf lässt sich laut Fachleuten nicht abschätzen

Über Dauer bzw. Verlauf der aktuellen Grippewelle lässt sich nach derzeitigem Zeitpunkt aber nichts sagen, so die Virologin weiter. Experten lägen im Vorhersagen bezüglich des Verlaufs der Grippewelle „ständig falsch“, man könne nicht sagen, ob die Virusstämme stärker oder schwächer werden, sagte im Dezember auch Reinhard Würzner, Impfexperte des Instituts für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie an der Medizinischen Universität Innsbruck.

Unterschätzt werden sollte die Grippe jedenfalls nicht: In der Influenzasaison 2018/2019 starben laut einer Berechnung der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) gemeinsam mit den Fachleuten des Zentrums für Virologie der MedUni Wien in Österreich etwa 1.400 Menschen an den Folgen der Viruserkrankung. 2017/2018 waren es wegen einer stärkeren Influenzawelle ungefähr 2.800 Opfer.