Künstler Oswald Oberhuber
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1931–2020

Oswald Oberhuber ist tot

Der österreichische Maler, Bildhauer und Ausstellungsmacher Oswald Oberhuber ist in der Nacht auf Freitag verstorben. Das teilte die Familie Freitagfrüh mit. Am 1. Februar wäre er 89 Jahre alt geworden. Oberhuber war Bildhauer, Maler, Kunsttheoretiker, Kunstvermittler, Professor, Poet, Galerieleiter und Ausstellungsmacher.

Der Universalist wurde damit eine der zentralen Persönlichkeiten der österreichischen Kunst nach 1945. Geboren 1931 in Meran, wurde Oberhubers Familie 1940 im Zuge des Abkommens zwischen dem faschistischen Italien und NS-Deutschland nach Nordtirol ausgesiedelt. Von 1945 bis 1949 besuchte Oberhuber dort an der Gewerbeschule in Innsbruck die Abteilung Bildhauerei.

1950 lernte er bei Fritz Wotruba an der Meisterschule für Bildhauerei und an der Staatlichen Akademie in Stuttgart bei Willi Baumeister. Seit 1949 beschäftigte er sich mit informeller Malerei, kreierte die informelle Plastik und schuf „Gerümpelplastiken“.

Oswald Oberhuber mit Kunstwerk
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Oberhuber bei einer Ausstellungseröffnung im Unteren Belvedere 2009

Auch als Ausstellungsmacher erfolgreich

1954 wandte sich Oberhuber der gegenständlichen Malerei zu. Anfang der 60er Jahre entstanden monumentale Selbstporträts und die Zeichenserie „Ich als Kind“. Schrift- und Zeichenbilder ziehen sich durch sein gesamtes Oeuvre. In diese Zeit fällt auch sein legendäres Manifest „Permanente Veränderung in der Kunst“ (1956), das die Ablehnung jeglicher Stilbildung postulierte.

Oswald Oberhuber, Rudolf Leopold und Arnulf Rainer
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Oberhuber mit dem Sammler und Augenarzt Rudolf Leopold und dem „Über“-Maler Arnulf Rainer Ende der 80er Jahre

1972 war Oberhuber gemeinsam mit Hans Hollein dann offizieller Vertreter Österreichs bei der Biennale von Venedig, 1977 und 1983 Teilnehmer an der documenta. Oberhuber war künstlerischer Berater der von Otto Mauer gegründeten Galerie nächst St. Stephan und wurde 1973 schließlich selbst künstlerischer Leiter. In der Galerie nächst St. Stephan präsentierte Oberhuber bis 1978 Joseph Beuys, Lajos Kassak, Jim Dine, Gerhard Richter, A. R. Penck, Friedrich Kiesler, Franz West und Vito Acconci.

Oswald Oberhuber mit Kunstwerk
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Oberhuber vor einem seiner Kunstwerke im Unteren Belvedere 2009

Rektor an der Angewandten

An der Hochschule für angewandte Kunst sorgte er für eine Serie bemerkenswerter Ausstellungen sowie die Einrichtung der Dependance Heiligenkreuzerhof. Seit 1973 war Oberhuber als Professor, von 1979 bis 1987 und von 1991 bis 1995 als Rektor der Hochschule für angewandte Kunst tätig, wo er für nachhaltige Reformen sorgte. Dem Zuwachs an Renommee stand allerdings seine 2000 erfolgte Verurteilung wegen widmungswidriger Verwendung von Stipendiengeldern gegenüber.

Oswald Oberhuber mit Kunstwerk
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Oberhuber vor einer seiner Skulpturen

Streit über Echtheit von Beuys’ „Wiener Werkblock“

Oberhuber war auch maßgeblich in den Streit über den sogenannten „Wiener Werkblock“ des deutschen Aktionskünstlers Joseph Beuys involviert. Laut einem Bericht der Tageszeitung „Der Standard“ von 2001 bestätigte der Oberste Gerichtshof das Urteil gegen Oberhuber in dem vom Kunsthändler Julius Hummel angestrengten Zivilprozess um den als Fälschung inkriminierten „Wiener Werkblock“. Der Fall, mit dem zehn Richter beschäftigt waren, war damit nach acht Jahren abgeschlossen. Aufgrund des Urteils durfte Oberhuber nicht mehr behaupten, er habe die 70 Objekte Hummel nicht übergeben. Und er durfte nicht mehr behaupten, er wäre nicht in der Lage, zur Echtheit der Werke Stellung zu nehmen.

Radio-Hinweis

Ö1 widmet am Samstag um 9.05 Uhr die Sendung „Hörbilder“ der Erinnerung an Oswald Oberhuber – mehr dazu in oe1.ORF.at

„Einfach Ossi“

2004 erhielt Oberhuber das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 1. Klasse, zu seinem 75er ehrten ihn unter anderem die Wiener Secession und das Tiroler Landesmuseum mit einer großen Geburtstagsschau. Im Belvedere gestaltete er 2009 eine zeitgenössische Hommage an Prinz Eugen, im selben Jahr schenkte er dem MAK eine Sammlung von 101 Zeichnungen.

Künstler Oswald Oberhuber vor dem Hintergrund des vom im gestalteten Eisernen Vorhanges in der Wiener Staatsoper
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Oberhuber und der von ihm geschaffene Eiserne Vorhang in der Staatsoper

2016 hatte ihn eine große, 300 Exponate umfassende Ausstellung im 21er-Haus gewürdigt, als „ein erster Schritt, Oswald Oberhuber in der Kunstgeschichte wirklich zu verankern“. Im selben Jahr erhielt er das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst. Die Auszeichnung ist für jene reserviert, „die sich durch besonders hochstehende schöpferische Leistungen auf dem Gebiet der Wissenschaft und der Kunst allgemeine Anerkennung und einen hervorragenden Namen erworben haben“. Seine Schülerin Eva Schlegel fasste sein vielfältiges, sich der Einordnung stets verweigerndes Werk damals in nur zwei Worten zusammen: „Einfach Ossi“.

Oswald Oberhuber gestorben

Der österreichische Künstler Oswald Oberhuber ist tot. Er war ein Universalist: Als Künstler wehrte er sich gegen jeden Stilzwang, als Rektor reformierte er die Hochschule für angewandte Kunst.

Trauer um Oberhuber

Bundespräsident Alexander Van der Bellen würdigte Oberhuber: „Oswald Oberhuber, ein großer Künstler, ein kritischer Geist, ein bewunderter Lehrer hat uns für immer verlassen. Wie nur wenige hat er das Kunstleben unseres Landes nach 1945 geprägt und bei internationalen Ausstellungen vertreten", so Van der Bellen. „Sein hohes Ansehen und sein großes künstlerisches Können haben Oswald Oberhuber zu einer zentralen Persönlichkeit im intellektuellen Leben Österreichs werden lassen“. Österreich verliere mit Oberhuber einen außergewöhnlichen und wertvollen Künstler und Menschen. "Dankbar werden wir uns seiner erinnern. Unser Mitgefühl gehört seinen Angehörigen sowie Freundinnen und Freunden“, so Van der Bellen weiter.

Tief betroffen zeigten sich auch Vizekanzler Werner Kogler und Staatssekretärin Ulrike Lunacek (beide Grüne), beide künftig zuständig für Kunst und Kultur. „Oswald Oberhubers Ableben ist ein großer Verlust für Kunst und Kultur. Er hat nicht nur die künstlerische Ausbildung von Studierenden und SchülerInnen geprägt, sondern gilt mit seinem Gesamtwerk als einer der wichtigsten bildenden KünstlerInnen der Gegenwart“, so Kogler und Lunacek in einer Aussendung.

Auch die SPÖ würdigte Oberhuber. „Mit Oswald Oberhuber verliert Österreich eine seiner zentralen Künstlerpersönlichkeiten der Zweiten Republik“, so SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda. Tief betroffen zeigt sich NEOS-Kultursprecher Sepp Schellhorn: „Wir verlieren einen großartigen Menschen und außergewöhnlichen Künstler, der das österreichische Kulturleben der letzten Jahrzehnte mitgeprägt hat.“