Isabel Dos Santos, Tochter von Angolas Ex-Präsidenten Jose Eduardo dos Santos
Reuters/Toby Melville
Reichste Frau Afrikas

Dos Santos soll Angola „geplündert“ haben

Isabel dos Santos hat lange Zeit als Afrikas Paradeunternehmerin gegolten. Die erste Milliardärin des Kontinents und Tochter des früheren angolanischen Präsidenten – Spitzname „Prinzessin“ – hält Beteiligungen an Unternehmen in ihrer Heimat und auch in Portugal. Doch nun scheint ihr Stern im Sinken, ein Recherchenetzwerk wirft ihr via „Luanda Leaks“ vor, ihr Heimatland „geplündert“ zu haben.

Die ersten Vorwürfe gegen die 46-jährige dos Santos waren vor einigen Wochen aufgetaucht. Ende Dezember fror ein Gericht in Angola laut portugiesischen Medienberichten ihr Vermögen dort ein, die Regierung wolle umgerechnet eine Milliarde Euro von ihr zurückfordern, hieß es. Grund waren Korruptionsermittlungen.

Später folgten weitere schwere Vorwürfe. Zuletzt hieß es nach einer Auswertung Tausender Dokumente durch das Internationale Konsortium Investigativer Journalisten (ICIJ), die am Wochenende veröffentlicht wurde, dos Santos habe Hunderte Millionen Euro auf Konten in Steuerparadiesen transferiert. Sie ist die älteste Tochter von Jose Eduardo dos Santos, zwischen 1979 und 2017 Präsident und lange zugleich Regierungschef Angolas.

Ein Mythos wird demontiert

Internationale Medien sind seit Veröffentlichung der „Luanda Leaks“ – Luanda ist die Hauptstadt des südwestafrikanischen Landes – damit beschäftigt, den Mythos von der „Selfmade-Milliardärin“, die es ganz alleine zu einem riesigen Vermögen gebracht habe, zu durchleuchten. Laut Schätzungen des US-Wirtschaftsmagazins „Forbes“ beläuft sich dieses auf umgerechnet rund 1,4 Mrd. Euro. Sie sei Milliardärin dank ihrer Beziehungen bzw. des Einflusses ihres Vaters, sie habe ihr Heimatland ausgepresst, schrieb die BBC. Die „New York Times“ erörterte am Montag, wie ihr große US-Unternehmen dabei geholfen haben sollen.

Isabel Dos Santos, Tochter von Angolas Ex-Präsidenten Jose Eduardo dos Santos
Reuters/Toby Melville
Dos Santos war mit 40 Jahren Afrikas erste Milliardärin

Sie habe sich die Geschichte, „die die Welt glauben wollte“, ausgedacht, schrieb das ICIJ: ebendie von der „Selfmade-Milliardärin“, die es in einer männerdominierten Geschäftswelt in einem afrikanischen, von jahrelangem Bürgerkrieg und Armut geplagten Land ganz nach oben geschafft habe. Die Realität sehe allerdings anders aus: Dos Santos habe skrupellose Geschäfte, die sie reich und ihr Land arm gemacht hätten, betrieben.

Firmendschungel und Steueroasen

Sie habe zudem ein undurchsichtiges Netzwerk von rund 400 Unternehmen und Subunternehmen in 41 Ländern, die irgendwie mit ihr oder ihrem Ehemann Sindika Dokolo verbunden sind, aufgebaut, fast ein Viertel davon in Steueroasen. Nicht zuletzt habe ihr ein „Kader westlicher Berater“ dabei geholfen, Geld zu verschieben und an der Steuer vorbeizuschleusen, subsumierte das internationale Recherchenetzwerk.

Eingang zur Zentrale von Sonangol in Luanda
APA/AFP/Rodger Bosch
Korruptionsermittlungen drehen sich um die staatliche Erdölgesellschaft Sonangol

Bei den Ende Dezember publik gewordenen Korruptionsermittlungen geht es laut Berichten unter anderem der portugiesischen Nachrichtenagentur Lusa um dubiose Geldtransfers bei der nationalen Erdölgesellschaft Sonangol, als deren Vorstandschefin Isabel dos Santos 2016 – noch von ihrem Vater – eingesetzt wurde. Unter seinem Nachfolger Joao Lourenco musste sie nach dos Santos’ Rücktritt 2017 diesen Chefsessel wieder räumen.

„Politische Agenda“

Angola ist neben Nigeria der größte Erdölproduzent Afrikas, außerdem gibt es Diamantenminen und andere Bodenschätze, unter anderem Uran. Trotzdem liegt das Land auf dem Entwicklungsindex der UNO auf Platz 149 von 189 und ist eines der ärmsten der Welt. Zwischen 1975 und 2002 tobte in Angola – mit Unterbrechungen – ein Bürgerkrieg. Darin verstrickt waren unter anderem auch die USA, die damalige Sowjetunion, das seinerzeitige Zaire (heute Demokratische Republik Kongo) und Kuba. Vor der Unabhängigkeitserklärung 1975 war Portugal Kolonialmacht.

Ex-Präsident von Angola Jose Eduardo dos Santos
APA/AFP/Benoit Doppagne
Vater Eduardo dos Santos regierte Angola fast 40 Jahre lang

Dos Santos und ihr 49-jähriger Ehemann sollen über die Jahre und während der Präsidentschaft ihres Vaters staatliche Unternehmenswerte in „suspekten“ Deals erworben haben, zitierte die BBC aus den Recherchepapieren. Dos Santos weist alle Vorwürfe zurück. Auf Twitter wehrte sie sich in den beiden letzten Tagen massiv und sprach von einer „politischen Agenda“ gegen sie, von gefälschten Dokumenten und falschen Interpretationen. Zu einem Video schrieb sie: „Das ist, was ich tue! Ich baue Firmen und Unternehmen auf, investiere, schaffe Jobs.“ Der US-Sender Fox News meldete, die frühere „First Daughter“ Angolas überlege sogar eine Präsidentschaftskandidatur.

Party mit US-Promis

Die „New York Times“ zeigte am Montag ein Foto, auf dem dos Santos gemeinsam mit (US-)Prominenten, darunter Hotelerbin Paris Hilton, zu sehen ist. Titel sinngemäß: wie US-Unternehmen der reichsten Frau Afrikas dabei halfen, ihr Land zu plündern. Die US-Zeitung nennt Banken und Beratungsunternehmen, die dos Santos’ Aufstieg begleitet haben, beim Namen. Das Fotos stammte von einer Party während des Filmfestivals im französischen Cannes 2017, in einem „opulenten Hotel“. Weitere Gäste: die Hollywood-Stars Antonio Banderas und Leonardo DiCaprio und Supermodel Naomi Campbell.

In der Ex-Sowjetunion geboren

„Forbes“ listet die 46-Jährige auf Platz 13 der Liste der afrikanischen Milliardäre, die nächste Frau belegt mit Folorunsho Alakija aus Nigeria Platz 20. Sie mischt ebenfalls im Erdölgeschäft mit. Das US-Wirtschaftsmagazin hatte sie 2013 als erste Milliardärin des Kontinents vorgestellt und ihr ein ausführliches Porträt gewidmet.

Dos Santos wurde in Baku in Aserbeidschan, damals noch eine Sowjetrepublik, geboren, wo ihre Eltern studiert hatten. Nach deren Trennung zog sie mit ihrer Mutter Tatiana Kukanova nach London und studierte dort Technik am renommierten King’s College. Mit 24 Jahren stieg sie ins Geschäftsleben ein, mit einem Restaurant namens Miami Beach in Luanda. Schon in dem „Forbes“-Porträt hatte es geheißen: Ganz klar sei es nicht, wie sie zu ihrem späteren Vermögen gekommen war.

Das ICIJ ist ein in den USA ansässiger Verband aus über 200 investigativ arbeitenden Journalistinnen und Journalisten aus mehr als 90 Ländern. „Luanda Leaks“ umfasst laut Angaben des Netzwerks rund 700.000 Dokumente aus dem Geschäftsimperium dos Santos’ und ihres Ehemannes. Das ICIJ begibt sich regelmäßig auf Spurensuche in Steueroasen und nimmt die Finanzen prominenter Persönlichkeiten unter die Lupe. Ergebnisse waren bisher etwa die bekannten Panama-Papers.