Eine Burgenland-Fahne
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Burgenland wählt

Rot-Blau auf dem Prüfstand

Das Burgenland wählt am Sonntag einen neuen Landtag. Die türkis-grüne Regierung ist zwar noch nicht lange im Amt, dennoch gilt die Wahl als erster Stimmungstest. Das Muster des Vorjahrs, wonach ÖVP und Grüne bei Landtagswahlen stark zulegten und die SPÖ durch interne Querelen sowie die FPÖ nach „Ibiza“ in Debakel schlitterten, dürfte sich aber im Burgenland weniger stark bzw. nur teilweise abbilden.

So wichtig die Wahl aus bundespolitischer Perspektive als erster Testballon auch ist – tatsächlich auf dem Prüfstand steht die rot-blaue Landesregierung. Laut Prognosen werden sowohl SPÖ als auch FPÖ besser abschneiden als etwa bei den Landtagswahlen in der Steiermark oder in Vorarlberg. Die Mehrheit von Rot-Blau im Landtag scheint – glaubt man den Vorhersagen – zu halten. Jedenfalls wird Hans Peter Doskozil (SPÖ) der Landeshauptmann-Sessel nicht zu nehmen sein.

Seinen Wahlkampf beschreiben Expertinnen und Experten als gespickt mit „klassischen sozialdemokratischen Themenfeldern“ und „migrationskritischem Fundament“, wie OGM-Chef Wolfgang Bachmayer sagte. Eines jener Elemente, mit denen sich Doskozil und die burgenländische SPÖ von der Bundespartei abgrenzt. Politikberater Thomas Hofer ortet entsprechend eine Mischung aus „Rechts- und Linkspopulismus“.

Hans Peter Doskozil (SPÖ) und  Johannes Tschürtz (FPÖ)
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Doskozil (r.) und Tschürtz – trotz möglicher FPÖ-Verluste deutet vieles auf eine Neuauflage hin

Gute Karten für Neuauflage von Rot-Blau

Bachmayer verwies auch darauf, dass Doskozil im Burgenland über „hervorragende Werte“ verfüge, er habe sich mittlerweile auch schon einen Amtsbonus erworben. Die Schwierigkeiten der Bundes-SPÖ dürften auf die burgenländische SPÖ nicht durchschlagen, glaubt der OGM-Chef. Für am wahrscheinlichsten halten sowohl Bachmayer als auch Hofer eine Neuauflage von Rot-Blau, wenngleich die FPÖ nach der „Ibiza-Affäre“ auch im Burgenland mit Verlusten rechnen müsse.

2015 war die FPÖ mit 15,04 Prozent auf ihren Topwert gekommen. Aber selbst bei herberen Verlusten dürfte sich eine Mehrheit mit der SPÖ ausgehen, die in Umfragen auf über 40 Prozent gesehen wird. Für die FPÖ steht Landeshauptmann-Stellvertreter Johann Tschürtz zur Wahl, er will die 15 Prozent halten. Und es herrscht Zuversicht: Die FPÖ will weiterregieren und zweifelt nicht daran, dass sich das ausgehen wird – mehr dazu in burgenland.ORF.at.

ÖVP gibt es als Partnerin nur teurer

Die Prognosen sehen aber Herausforderungen auf den blauen Optimismus zukommen – vier bis sechs Prozent weniger als 2015 drohen demnach. Solange sich eine Mehrheit ausgeht, könnten der SPÖ Verluste des Koalitionspartners recht sein – schließlich würde es einen geschwächten Partner billiger geben. Weniger billig wäre wohl die ÖVP zu haben.

Regina Petrik (Grüne)
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ÖVP-Spitzenkandidat Steiner tritt mit türkisem Rückenwind aus Wien an

Prognosen zufolge dürfen die Türkisen (im Burgenland tatsächlich türkis und nicht schwarz) auf Zugewinne hoffen. Zwei Gründe gibt es dafür: Zum einen hat die Partei 2015 mit 29,08 Prozent ein historisches Minus eingefahren, zum anderen kann Spitzenkandidat Thomas Steiner auf die bereits bekannte Sogwirkung des derzeit stimmenträchtigsten Wahlhelfers – Kanzler Sebastian Kurz – bauen. Das Ziel der ÖVP klingt dafür eher nach Understatement – „ein Dreier vor dem Ergebnis“ scheint machbar, letzte Umfragen lassen die Partei auf 32 Prozent hoffen.

Grüne auf kleinerer Welle?

Apropos Erfolgswelle: Bei den Grünen wird sie wohl weniger hoch ausfallen als zuletzt auf Bundesebene und in anderen Bundesländern. Ein Plus gilt aber als sicher, 2015 landete die Ökopartei auf 6,43 Prozent. Spitzenkandidatin Regina Petrik hofft auf ein zweistelliges Ergebnis, Umfragen geben nur halbwegs Anlass zu grünem Optimismus – sechs bis neun Prozent könnten es demnach werden. SPÖ-Grün ginge sich unter Umständen aus, Doskozil zeigte aber dahingehend keine große Neigung.

Regina Petrik (Grüne)
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Die Grüne Regina Petrik ist die einzige Frau im Feld der Spitzenkandidaten

Hartes Pflaster für NEOS

Für NEOS gilt das Burgenland als Gebiet mit wenigen Ballungsräumen als hartes Pflaster – bei der letzten Wahl 2015 hatte die Partei den Einzug verfehlt. Mit Spitzenkandidat Eduard Posch soll sich das jetzt ändern, die Chancen stehen den Umfragen zufolge nicht besonders gut. Schwer wird der Verbleib im Landtag wohl für das Bündnis Liste Burgenland (LBL) – dennoch gab Spitzenkandidat Manfred Kölly drei Mandate als Wahlziel aus.

Spannung im Lager der SPÖ

Möglicherweise spannender als das Signal an ÖVP und Grüne im Bund wird die Auswirkung des Abschneidens der Landes-SPÖ auf das ohnehin nicht immer friktionsfreie Verhältnis zur Bundespartei. Ein gutes Ergebnis für Doskozil könnte die Lage beruhigen – eine neue Debatte über SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner scheint damit wieder in weiterer Ferne.

Doch ist auch die umgekehrte These nicht ganz auszuschließen – wenn auch etwas unwahrscheinlicher: dass sich Doskozil nämlich, motiviert durch eigene Stimmenzuwächse, erneut stärker in inhaltliche Agenden der Bundes-SPÖ einbringt. Die teilweise andere Ausrichtung der Landespartei führt andererseits auch dazu, dass die Bundes-SPÖ sich wohl nicht leicht tun würde, einen Erfolg im Burgenland glaubhaft für sich zu reklamieren.