Saudi Arabians Kronprinz Mohammed bin Salman und Amazon Chef, Jeff Bezos
APA/AFP/Bandar Al-Jaloud
Saudischer Prinz unter Verdacht

Krimi um angeblichen Hack von Bezos’ Handy

Laut Berichten steht ein bizarrer Verdacht gegen den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman im Raum: Über seinen WhatsApp-Account soll das Smartphone von Amazon-Chef Jeff Bezos gehackt worden sein. Im Hintergrund der möglichen Affäre steht ein komplexer Konflikt rund um den Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi, um eine Erpressung mit Nacktfotos und Verwicklungen einer Trump-nahen Zeitung nach Saudi-Arabien.

Der „Guardian“ hatte am Mittwoch als erstes Medium unter Berufung auf anonyme Quellen berichtet, dass Bezos im Mai eine WhatsApp-Nachricht mit einer Videodatei vom Account des Kronprinzen erhalten haben soll. Diese habe Schadsoftware enthalten. Innerhalb weniger Stunden seien von Bezos Handy große Datenmengen heruntergeladen worden. Bezos und der Kronprinz sollen zuvor in „freundlichem Kontakt“ via WhatsApp gestanden haben.

Die UNO hält die Vorwürfe für plausibel. Menschenrechtsexperten der Vereinten Nationen hätten Informationen erhalten, die nahelegten, dass über den WhatsApp-Account des Prinzen Spionagesoftware auf dem Smartphone von Bezos installiert wurde, teilte das Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte am Mittwoch mit. Der Vorgang müsse untersucht werden.

Khashoggi schrieb für „Washington Post“

Bezos ist nicht nur Amazon-Chef, ihm gehört auch die US-Zeitung „Washington Post“. Brisant ist in diesem Zusammenhang, dass fünf Monate nach dem vermeintlichen Hack der regierungskritische saudische Journalist Khashoggi in der saudi-arabischen Botschaft in Istanbul ermordet wurde. Khashoggi schrieb unter anderem auch für die „Washington Post“. Laut einem UNO-Bericht gebe es „glaubwürdige Beweise“, dass der Kronprinz persönlich hinter dem Mord steckt und versucht hat, die Spuren zu verwischen.

Amazon-Chef Jeff Bezos
Reuters/Joshua Roberts
Bezos gilt als reichster Mensch der Welt

Auch die „Washington Post“ berichtete am Dienstag unter Berufung auf eine anonyme Quelle, dass sich ein am Mittwoch veröffentlichter UNO-Bericht mit dem Bezos-Hack beschäftigen werde. Dieser soll sich laut der Zeitung um eine „komplexe Serie von Konflikten zwischen Bezos, den Saudis, US-Präsident Trump und die Boulevardzeitung ‚National Enquirer‘“ drehen. Laut „Washington Post“ soll Bezos selbst die Vorwürfe gegen Kronprinz Mohammed geäußert haben.

Boulevard-Erpressungsvorwurf im Fokus

Der Konnex zum Trump-nahen „National Enquirer“ ist ein weiterer brisanter Aspekt des mutmaßlichen Hacks. Die damals noch zu dem Medienkonzern American Media (AMI) gehörende Zeitung hatte im vergangenen Jahr eine außereheliche Affäre Bezos’ publikgemacht und dabei auch intime Textnachrichten zwischen Bezos und seiner Partnerin Lauren Sanchez publiziert. Bezos ließ daraufhin auch private Ermittlungen gegen den Medienkonzern einleiten.

Wenig später warf Bezos dem AMI-Chef David Pecker in einem Blogpost Erpressung vor: Der Konzern soll gedroht haben, intime Fotos von Bezos und Sanchez zu veröffentlichen. Für die Zurückhaltung der Bilder soll AMI gefordert haben, dass Bezos und sein in der Causa tätiger Berater Gavin de Becker öffentlich mitteilen, dass sie „keine Kenntnis und keine Grundlage dafür haben, zu behaupten, dass die Berichterstattung von AMI politisch motiviert oder von politischen Kräften beeinflusst ist“. Zudem sollten sie sich dazu verpflichten, in Zukunft Andeutungen bezüglich einer politischen Beeinflussung zu unterlassen.

Ausgabe des New York Post mit Bild von Jeff Bezos
APA/AFP/Getty Images/Stephanie Keith
Die Affäre rund um die intimen Nachrichten und Bilder Bezos’ sorgte im vergangenen Jahr für Schlagzeilen

Politische Verbindungen?

Diese Forderung soll laut Bezos auch mit Recherchen der „Washington Post“ zum Verhältnis zwischen AMI, dem US-Präsidenten Donald Trump und Verbindungen mit Saudi-Arabien zusammenhängen. AMI-Chef Pecker ist ein Freund von Trump, und AMI spielte eine zentrale Rolle in der Schweigegeldaffäre im Zusammenhang mit angeblichen Liebschaften Trumps. Der „Enquirer“ soll sich mehrfach die Rechte an kompromittierenden Geschichten gesichert haben, um sie zugunsten Trumps totzuschweigen. Die Methode ist in den USA als „catch and kill“ bekannt (zu Deutsch etwa: „fangen und vernichten“).

AMI geriet weiters im Vorjahr aufgrund der Veröffentlichung des prosaudischen Hochglanzmagazins „The New Kingdom“ (Dt.: „Das neue Königreich“) in die Kritik. Das Sondermagazin erschien kurz vor einem Besuch des Kronprinzen in den USA und enthielt freundliche Artikel über Saudi-Arabien und den Kronprinzen. Sowohl AMI als auch die saudische Botschaft bestritten damals, dass das Magazin in Kooperation entstand oder dass Geld dafür geflossen sei. Laut der Nachrichtenagentur AP zugespielten Dokumenten soll AMI das Magazin aber an die Botschaft geschickt haben, diese soll laut einer Quelle aber nicht reagiert haben.

Magazin „The New Kingdom“ mit dem saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman auf dem Cover
AP/J. David Ake
Das Magazin erschien in einer Auflage von 200.000 Stück

Saudi-Arabien sieht „absurden“ Vorwurf

In Verbindung mit den Vorwürfen zum gehackten Handy werfen diese Verwicklungen laut US-Medien jedenfalls neue Fragen nach der Herkunft von jenen Daten auf, mit denen Bezos später erpresst wurde. Bisher hatte es geheißen, dass der Bruder von Bezos’ Geliebter Sanchez – ein Trump-Anhänger – die Fotos und Nachrichten verkauft hätte. Der „National Enquirer“ widersprach jedenfalls der Darstellung, dass Saudi-Arabien in die Veröffentlichung der brisanten Bezos-Fotos involviert gewesen sei, ebenso das Königreich selbst.

Saudi-Arabien wies am Mittwoch auch die Hack-Vorwürfe an sich vehement zurück. Außenminister Prinz Faisal bin Farhan Al Saud nannte den Vorwurf „absurd“. „Der Gedanke, dass der Kronprinz Jeff Bezos’ Telefon hacken würde, ist absolut lächerlich“, sagte er der Nachrichtenagentur Reuters am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos. Sein Land werde die Anschuldigungen untersuchen, wenn dazu Beweise vorgelegt werden. Amazon wollte sich nicht zu der Angelegenheit äußern.