Ein Einwohner Pekings mit Atemschutzmaske
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Coronavirus

Peking sagt Neujahrsfeiern ab

Die Ausbreitung des Coronavirus versetzt China zusehends in den Ausnahmezustand. Die Millionenmetropole Wuhan, wo die ersten Fälle aufgetreten waren, ist seit Donnerstag von der Außenwelt abgeschnitten, auch andere Großstädte stellten Verkehrsverbindungen ein und ergriffen Quarantänemaßnahmen. Peking und Macao strichen aus Sicherheitsgründen Großveranstaltungen zum chinesischen Neujahrsfest.

Nach der Zehnmillionenstadt Wuhan stellte am Donnerstag auch das etwa 70 Kilometer östlich gelegene Huanggang den öffentlichen Verkehr ein. Auch der zentrale Markt der rund 7,5 Mio. Menschen zählenden Metropole wurde geschlossen. Ezhou mit über einer Mio. Einwohnerinnen und Einwohnern stoppte den Betrieb auf seinem Hauptbahnhof. Danach folgten Xiantao, Chibi und Lichuan.

In Peking wurden am Donnerstag die Großveranstaltungen zur Feier des chinesischen Neujahrsfests am Wochenende abgesagt. Aus Sicherheitsgründen geschlossen würden auch mehrere Touristenattraktionen, darunter ab Samstag auch die weltberühmte Verbotene Stadt, teilten die Behörden in der chinesischen Hauptstadt mit.

Menschen mit Atemmasken in Peking nahe dem Bahnhof
APA/AFP/Noel Celis
Menschen mit Schutzmasken in den Straßen der Hauptstadt Peking

Die städtische Tourismusbehörde erklärte, dass damit „Ansammlungen von Menschen verringert werden sollen“. Die Anweisung galt ab sofort und betrifft auch die traditionellen Jahrmärkte in den Tempeln der Hauptstadt, die normalerweise während der zwei Wochen dauernden Neujahrsfeierlichkeiten stattfinden.

Auch Macao streicht Veranstaltungen

Die öffentlichen Feierlichkeiten sind seit Donnerstag auch in Macao gestrichen, wie die Tourismusbehörde der chinesischen Sonderverwaltungszone mitteilte, nachdem dort ein weiterer Krankheitsfall bestätigt worden war. Es seien sämtliche von der Stadt geplante Veranstaltungen zwischen Samstag und dem 8. Februar betroffen, hieß es.

Während der chinesischen Neujahrsfeierlichkeiten machen sich traditionell Hunderte Millionen Menschen auf den Weg, um Verwandte und Freunde zu besuchen. Aus Angst vor einer Epidemie wollen die Behörden die Reisetätigkeit einschränken. Bereits gekaufte Bahntickets werden landesweit rückerstattet, wie die staatliche Eisenbahngesellschaft China State Railway Group (CR) mitteilte.

Hongkong richtet Quarantänestationen ein

Hongkong wandelte zwei Ferienanlagen in Quarantänestationen um. Die Einrichtungen, darunter eine ehemalige Militärkaserne, dienten der Isolation von Menschen, die möglicherweise mit dem Krankheitserreger in Kontakt gekommen seien, teilten die Behörden der chinesischen Sonderverwaltungszone am Donnerstag mit. Die Finanzmetropole ist in höchster Alarmbereitschaft wegen des Virus.

Schutzmaskenpflicht und praktisch Ausnahmezustand

Wegen der drastischen Maßnahmen, mit denen die Behörden eine weitere Ausbreitung der vom Coronavirus ausgelösten Lungenkrankheit verhindern wollen, werden Großstädte zu einer Art Sperrzone. In Wuhan wurden nicht nur Flüge, Züge, Fähren, Fernbusse und der Nahverkehr gestoppt, auch die Ausfallstraßen wurden nach und nach gesperrt. Außerdem gilt in der Öffentlichkeit Schutzmaskenpflicht. Wer in Hotels, Restaurants, Einkaufszentren und Parks keine Maske trage, werde bestraft, berichtete die Tageszeitung „China Daily“.

Medizinisches Personal untersucht Menschen in einer Autokolonne in Wuhan
Reuters/China Daily CDIC
Medizinisches Personal bei Schnellkontrollen in Wuhan

Logistikmetropole am Jangtse

Staatliche chinesische Medien berichteten, dass die Autobahnmautstellen in der Nähe von Wuhan geschlossen würden, wodurch die Straßenausfahrten abgeschnitten seien. Menschen drängten sich in Krankenhäusern für Untersuchungen, räumten die Regale der Supermärkte leer. Internationale Fluggesellschaften wie Air France stellten Direktverbindungen in die Millionenmetropole ein.

Wuhan von Außenwelt abgeschottet

Die meisten mit dem neuartigen Coronavirus Infizierten gibt es bisher in Wuhan. Die über zehn Millionen Einwohner zählende Metropole ist seit Donnerstag weitgehend von der Außenwelt abgeschottet.

Wuhan bezeichnet sich als größtes Logistik- und Frachtverteilungszentrum im Landesinneren Chinas. Ein „flexibles, multimodales Transportsystem“ mit Schnellstraßen, Hochgeschwindigkeitszügen und dem Wassertransport auf dem Jangtse-Fluss mache die Stadt zum Knotenpunkt. Obwohl fast 1.000 Kilometer vom Meer entfernt, ist Wuhan auch für Hochseeschiffe erreichbar.

Maßnahmen laut WHO gerechtfertigt

Die Quarantänemaßnahmen seien ohne Rücksprache mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) getroffen worden, hieß es von der UNO-Sonderorganisation mit Sitz in Genf. Sie seien zu begrüßen, sagte WHO-Direktor Tedros Adhanom Ghebreyesus. Massenansammlungen seien ein Risikofaktor für die Verbreitung von Krankheitserregern.

Trotz der rasanten Ausbreitung der neuen Lungenkrankheit in China verzichtete die WHO vorerst auf das – vielfach erwartete – Ausrufen einer „gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite“, lautete die Entscheidung nach langen Beratungen am Donnerstag. Allerdings könnte sich die Situation noch zu einer „Notlage“ entwickeln, sagte Ghebreyesus.

Abgesperrter Bahnhof in Wuhan
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Der von Polizisten abgeriegelte Hankou-Bahnhof in Wuhan

Mit Stand Freitagfrüh wurde das Virus in China laut Behörden bei mindestens 830 Menschen nachgewiesen. Dazu zählten rund 100 schwere Fälle, alle in der Provinz Hubei mit der besonders betroffenen Metropole Wuhan. Nachweisliche Todesursache war das Virus bisher bei 26 Menschen – zumeist ältere mit Vorerkrankungen. Nachgewiesen wurde das Virus etwa auch in Thailand, den USA, Vietnam und Taiwan. Verdachtsfälle gibt es in weiteren Ländern.

Peking verspricht diesmal Transparenz

Im Gegensatz zum Ausbruch des SARS-Virus, das in China seinen Ursprung hatte und in den Jahren 2002 und 2003 fast 800 Menschen tötete, veröffentlicht die chinesische Regierung regelmäßig neue Zwischenstände, um Panik in der Öffentlichkeit zu vermeiden.

Die stellvertretende chinesische Ministerpräsidentin Sun Chunlan sagte staatlichen Medien zufolge während eines Besuchs in Wuhan, dass die Behörden offen im Umgang mit dem Virus und mit dessen Bekämpfung sein müssten. Das neue Coronavirus soll zunächst von Tieren auf einem Markt in Wuhan übertragen worden sein, der mittlerweile geschlossen ist. Zwei neuen Studien zufolge könnten Schlangen und Fledermäuse Überträger sein.