Präsident Donald Trump’s Berater Pat Cipollone zusammen mit Rechtsanwalt Jay Sekulow.
APA/AFP/Getty Images/Drew Angerer
Impeachment-Verfahren

Trump-Verteidiger drehen den Spieß um

Im Amtsenthebungsverfahren gegen US-Präsident Donald Trump haben nach den Demokraten nun Trumps Verteidiger mit ihren Plädoyers begonnen. Und die holten am Samstag zum Gegenschlag aus: Nicht Trump habe sich etwas zuschulden kommen lassen, vielmehr würden die Demokraten „unwahre Dinge“ erzählen und das Ergebnis der Wahl 2016 aufheben wollen. Ein neu aufgetauchtes Video belastete Trump indes schwer.

Die Verteidigung sei bemüht, sich auf „die Fakten“ zu konzentrieren, sagte der oberste Rechtsberater des Weißen Hauses, Pat Cipollone, zum Auftakt der Plädoyers der Verteidigung im US-Senat. Wer auf die Fakten schaue, sehe klar, dass der Präsident nichts falsch gemacht habe, so Cipollone.

Mit Blick auf die Präsentation der Ankläger in den Vortagen kritisierte er: „Sie haben immer und immer wieder Dinge gesagt, die einfach nicht wahr sind.“ Die Demokraten hätten Wesentliches schlicht nicht erwähnt und das Impeachment-Verfahren nur angestrengt, „um die Ergebnisse der letzten Wahlen aufzuheben“.

Pat Cipollone spricht während des Amtsenthebungsverfahrens gegen US Präsident Donald Trump.
AP/Senate Television
Trump-Verteidiger Cipollone übte scharfe Kritik an den Argumenten der Demokraten

„Größte Einmischung in eine Wahl“

Cipollone nannte das Amtsenthebungsverfahren „die größte Einmischung in eine Wahl in der amerikanischen Geschichte“. „Sie verlangen, den Präsidenten ohne den geringsten Beweis abzusetzen“, sagte Cipollone. „Sie rufen Sie dazu auf, alle Stimmzettel in diesem Land zu zerreißen“, fügte er mit Blick auf Trumps Wahlsieg 2016 an die Senatoren gerichtet hinzu.

Das Repräsentantenhaus hatte Trump mit der Mehrheit der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen im Kongress angeklagt. Die Demokraten beschuldigen Trump, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenski in einem Telefonat Ende Juli zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben, um die US-Präsidentschaftswahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen.

Sie sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen die Freigabe von Militärhilfe für Kiew und ein Treffen mit Selenski im Weißen Haus abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles darangesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren.

Rechtsberater: Kein „Quid pro quo“

Mike Purpura, einer der Rechtsberater des Präsidenten und Mitglied des Verteidigerteams, sagte, das Gesprächsprotokoll des Telefonats zwischen Trump und Selenski zeige deutlich, dass der Präsident die Ermittlungen keineswegs an Militärhilfe oder ein Treffen im Weißen Haus geknüpft habe. Die ukrainische Führung habe selbst mehrfach betont, es sei kein Druck auf sie ausgeübt worden und es habe kein „Quid pro quo“ gegeben. Es gebe auch keinen einzigen Zeugen, der ausgesagt habe, dass der Präsident selbst eine Verbindung zwischen den Ermittlungen und der Militärhilfe oder einem Treffen mit Selenski genannt habe.

Der Jurist erklärte weiter, Kiew sei überhaupt erst Wochen nach dem Telefonat zwischen Trump und Selenski darauf aufmerksam geworden, dass die Militärhilfe vorerst gestoppt worden sei. Trump habe diese Hilfe nur deshalb zeitweise zurückgehalten, weil er wegen Korruption in der Ukraine besorgt und wegen einer unfairen internationalen Unterstützung Kiews unzufrieden gewesen sei.

Diese beiden Themen habe der Präsident in dem Telefonat auch offen angesprochen. Die US-Militärhilfe an Kiew habe er dagegen nicht erwähnt. Am Ende – im September – sei die finanzielle Unterstützung an Kiew schließlich auch geflossen. Purpura betonte, der Präsident habe zu jeder Zeit im nationalen Interesse gehandelt und sei seinem Amtseid gefolgt. Den Anwälten Trumps stehen, wie den Anklägern, über einen Zeitraum von drei Tagen 24 Stunden zur Verfügung. Am Samstag hielten sie sich aber kurz und beendeten ihre Ausführungen nach rund zwei Stunden.

Rundumschlag auf Twitter

Auch Trump meldete sich am Samstag zu Wort. In einem Tweet bezeichnete er unter anderem den demokratischen Anklageführer Adam Schiff als „lügenden, betrügenden, kleinen Adam Shifty Schiff“. Auch andere Demokraten sowie den TV-Sender CNN attackierte er scharf. Schiff wiederum schrieb auf Twitter, dass Trumps Anklage von der Wahrheit abzulenken und diese zu verzerren versuche.

„Die Anwälte des Präsidenten präsentieren den Senatoren eine radikal andere Ansicht der Fakten und der Verfassung mit der Absicht, die Vorwürfe der Demokraten gegen sie zu richten, während sie den gesamten Prozess als illegitim abtun“, schrieb die „New York Times“.

Schiff: Nationale Sicherheit „gefährdet“

Die demokratischen Anklageführer hatten am Freitag ihre Beweisführung im Senat abgeschlossen. Dabei bezeichneten sie Trump als eine „Gefahr“ für die Demokratie. „Er ist, wer er ist, und das wird sich nicht ändern, der Präsident der Vereinigten Staaten wird weiterhin seine Macht missbrauchen“, sagte Schiff. Trumps Verhalten „gefährdet unsere nationale Sicherheit“. Der Präsident neige dazu, „seine eigenen Interessen über die des Landes zu stellen“, fügte Schiff hinzu. „Unsere Demokratie steht auf dem Spiel, so einfach ist das.“

Es ist das dritte Impeachment-Verfahren gegen einen Präsidenten in der US-Geschichte. Eine Amtsenthebung Trumps gilt angesichts der Senatsmehrheit seiner Republikaner und der hohen Hürde einer Zweidrittelmehrheit als nahezu ausgeschlossen. Nach den Plädoyers von Anklägern und Verteidigern sollen die Senatoren kommende Woche die Gelegenheit bekommen, schriftlich Fragen zu stellen.

Danach soll entschieden werden, ob zusätzliche Dokumente angefordert oder neue Zeugen geladen werden. Die Republikaner lehnen das bisher ab, was die oppositionellen Demokraten als „Vertuschungsaktion“ brandmarken. Sollte es nicht zu Zeugenvernehmungen kommen, könnte das Verfahren bereits nächste Woche enden.

Video belastet Trump

Am Samstagabend (Ortszeit) kursierte unterdessen ein offenbar verdeckt aufgenommenes Video in US-Medien, das Trump weiter unter Druck setzt. In der Aufnahme von einem Abendessen mit Spendern im April 2018 ist Trump zu hören, wie er nachdrücklich die Entlassung seiner damaligen Botschafterin in Kiew, Marie Yovanovitch, fordert: „Werdet sie los“, ist Trumps Stimme zu hören. „Schafft sie morgen raus.“ Ein Jahr später wurde Yovanovitch von ihrem Posten abberufen.

An dem Spendendinner in einem Hotel nahmen auch der ukrainischstämmige Geschäftsmann Lev Parnas und sein Partner Igor Fruman teil, wie die Aufnahmen zeigen. Die beiden, die seit Oktober der Verstöße gegen die Gesetze zur Wahlkampffinanzierung beschuldigt werden, spielen in der Ukraine-Affäre eine Schlüsselrolle.

„Werdet sie los“

Von den oppositionellen Demokraten bereits zuvor veröffentlichte Dokumente sollen nachweisen, dass Trumps persönlicher Anwalt Rudi Giuliani zusammen mit seinem Geschäftspartner Parnas Druck auf Kiew ausübte, Ermittlungen gegen Biden einzuleiten. Sie sollen gemeinsam mit ukrainischen Vertretern versucht haben, Yovanovitch aus ihrem Amt zu drängen.

Auf dem nun veröffentlichten Video schildert Parnas die US-Botschafterin als Hemmschuh, die den Präsidenten zudem in privaten Gesprächen verunglimpfe. Kurz darauf ist Trumps Stimme zu hören: „Werdet sie los“, sagt er. „Schafft sie morgen raus. Es ist mir egal. Schafft sie morgen raus. Schafft sie raus. Okay? Tut es.“

Das Video wurde von Parnas’ Anwalt Joseph Bondy den Medien zur Verfügung gestellt. Er sagte CNN, er habe es auch an die Ermittler des US-Repräsentantenhauses übergeben. Laut Bondy verfügt Parnas über weitere Videoaufnahmen und Fotos, die er öffentlich machen könnte. In einem Fernsehinterview in der vergangenen Woche hatte Parnas den Präsidenten bereits schwer belastet. Er sagte zu seinen und Frumans Bemühungen in der Ukraine, Trump hätte „genau gewusst, was ablief“. Das nun veröffentlichte Video bestätigt zu großen Teilen seine Aussagen. Unter anderem widerlegt es Versicherungen des US-Präsidenten, er kenne Parnas und Fruman nicht.