John Bolton
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Impeachment

Bolton-Manuskript setzt Trump unter Druck

Ein Manuskript von US-Präsident Donald Trumps ehemaligem Sicherheitsberater John Bolton hat inmitten des Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump Staub aufgewirbelt. Wie die „New York Times“ berichtete, soll Bolton darin die Vorwürfe gegen Trump hinsichtlich der Zurückhaltung von Militärhilfe für die Ukraine untermauern.

Dem Manuskript zufolge soll Trump im August zu Bolton gesagt haben, dass er Militärhilfe für die Ukraine im Ausmaß von 391 Millionen Dollar zurückhalten wolle, bis Kiew bei Ermittlungen gegen Demokraten helfe. Trumps Aussagen finden sich laut der Zeitung in einem unveröffentlichten Manuskript für ein Buch Boltons. Dieses soll in den letzten Wochen unter Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Boltons zirkuliert und für Freigabeprozesse auch an das Weiße Haus geschickt worden sein. Mehrere Personen hätten den Inhalt bestätigt.

Die Veröffentlichung berührt einen zentralen Punkt im Impeachment-Prozess: Trumps Verteidiger hatten erst am Samstag zu Beginn ihres Plädoyers im Senat betont, dass es keinen Zeugen für das angebliche „Quidproquo“ zwischen den USA und der Ukraine gebe. Bolton könnte nun dieser Zeuge sein. Das Bekanntwerden des Dokuments dürfte den Druck auf die den Senat kontrollierenden Republikaner erhöhen, die Einvernahme von Zeugen und Zeuginnen in dem Verfahren zuzulassen. Bolton hatte Anfang Jänner gesagt, er werde im Falle einer verbindlichen Ladung aussagen.

Demokraten fordern Zeugenaussage Boltons

Der demokratische Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, forderte umgehend eine Zeugenladung Boltons im Impeachment-Verfahren. Auch die sieben Anklagevertreter im Verfahren sahen durch den Bericht ihre Argumentation gestärkt. „Es kann jetzt keinen Zweifel mehr daran geben, dass Herr Bolton direkt dem Kern der Verteidigung des Präsidenten widerspricht und deswegen als Zeuge im Amtsenthebungsverfahren aufgerufen werden muss“, schrieben sie am Sonntagabend in einer Aussendung.

Es gebe keinen Grund, auf das Erscheinen von Boltons Buch zu warten, wenn er doch über Informationen verfüge, die von wesentlicher Bedeutung für die Entscheidung der Senatoren über Trump seien. Laut „New York Times“ würden Beobachter befürchten, dass das Weiße Haus eine Veröffentlichung des Buches über den Freigabeprozess verhindern oder verzögern könnte.

John Bolton und Donald Trump
Reuters/Leah Millis
Trumps und Boltons Wege trennten sich im September

Weder Bolton noch das Weiße Haus oder ein Vertreter von Trumps Verteidigungsteam wollten sich zu dem Zeitungsbericht äußern. Bolton hatte seinen Posten im vergangenen September nach Meinungsverschiedenheiten mit Trump verloren. Diese bezogen sich selbst auf die Art und Weise des Ausscheidens Boltons aus dem Amt. Während Trump sagte, dass er Bolton gefeuert habe, gab dieser an, seinen Posten selbst aufgegeben zu haben.

Trump wies die neuen Vorwürfe in der Ukraine-Affäre zurück. Er habe Bolton nie gesagt, dass Militärhilfe für die Ukraine an Ermittlungen gegen Demokraten wie etwa Ex-Vizepräsident Joe Biden geknüpft gewesen sei, twitterte Trump am Sonntagabend. „Wenn John Bolton das gesagt hat, dann nur, um ein Buch zu verkaufen.“

Auch Video belastet Trump

Das Auftauchen des Bolton-Manuskripts ist die zweite schlechte Nachricht für Trumps Verteidigung binnen kürzester Zeit. Am Wochenende war ein offenbar verdeckt aufgenommenes Video von Trump aufgetaucht, in dem er im April 2018 die Entlassung seiner damaligen Botschafterin in Kiew, Marie Yovanovitch, fordert. Ein Jahr später wurde Yovanovitch von ihrem Posten abberufen.

„Werdet sie los!“, ist Trumps Stimme zu hören. „Schafft sie morgen raus!“ An dem Spendendinner in einem Hotel nahmen auch der ukrainischstämmige Geschäftsmann Lev Parnas und sein Partner Igor Fruman teil, wie die Aufnahmen zeigen. Die beiden, die seit Oktober der Verstöße gegen die Gesetze zur Wahlkampffinanzierung beschuldigt werden, spielen in der Ukraine-Affäre eine Schlüsselrolle.

Von den oppositionellen Demokraten bereits zuvor veröffentlichte Dokumente sollen nachweisen, dass Trumps persönlicher Anwalt Rudy Giuliani zusammen mit seinem Geschäftspartner Parnas Druck auf Kiew ausübte, Ermittlungen gegen den demokratischen Präsidentschaftsanwärter Biden einzuleiten. Sie sollen gemeinsam mit ukrainischen Vertretern versucht haben, Yovanovitch aus ihrem Amt zu drängen.

Impeachment wie „Bürgerkrieg“

Das Amtsenthebungsverfahren hatte am Mittwoch mit der Präsentation der Anklage begonnen, seit Samstag sind die Verteidiger Trumps am Wort. Ein Anwalt Trumps verglich das Verfahren am Montag mit einem „Bürgerkrieg“. Das Impeachment eines Präsidenten führe nur zu Bitterkeit und zerreiße das Land, erklärte Verteidiger Kenneth Starr im Senat. „Genauso wie Krieg ist Impeachment die Hölle“, sagte Starr, der als Sonderermittler auch am Amtsenthebungsverfahren gegen den damaligen Präsidenten Bill Clinton beteiligt gewesen war. Clinton war 1999 freigesprochen worden.

Die Demokraten missbrauchten das Verfahren als politische Waffe; juristisch seien ihre Vorwürfe nicht ausreichend für ein Amtsenthebungsverfahren, weil sie keine Verbrechen darstellten, argumentierte Starr. Die Amtsenthebung eines Präsidenten „entspricht einem Bürgerkrieg“, sagte Starr.

Ein weiterer Anwalt Trumps, Jay Sekulow, erklärte, das Impeachment sei nur eine Fortsetzung der seit drei Jahren andauernden Bemühungen, Präsident Trump seinen rechtmäßig erzielten Wahlsieg streitig zu machen. Das vorliegende Impeachment müsse abgewiesen werden, um eine irreversible Politisierung des Verfahrens zu verhindern. „Falls das der neue Standard wird, dann wird die Zukunft sehr anders aussehen“, sagte Sekulow.

Fragen an Anklage und Verteidigung

Die Verteidiger hatten die Vorwürfe gegen Trump am Samstag mit einer zweistündigen Präsentation bereits als Ganzes vehement zurückgewiesen. Ab Dienstag sollten die Senatoren, die in dem Verfahren die Rolle der Geschworenen übernehmen, schriftliche Fragen an Anklage und Verteidigung richten können. Erst dann soll entschieden werden, ob Zeugen geladen und weitere Beweismittel angefordert werden. Beides lehnen die Republikaner bisher ab. Sie möchten das Verfahren, das sie als unbegründet ansehen, rasch beenden.