Infektionsabteilung im Kaiser-Franz-Josef-Spital
APA/Helmut Fohringer
Coronavirus

Drei neue Verdachtsfälle in Österreich

In Wien gibt es im zweiten Coronavirus-Verdachtsfall Entwarnung. Eine chinesische Staatsbürgerin, die Sonntagabend im Spital aufgenommen wurde, ist negativ auf das neue Coronavirus getestet worden. Allerdings gibt es bereits zwei neue Verdachtsfälle. Zwei österreichische Staatsbürger werden nach China-Reisen seit Montagvormittag im Kaiser-Franz-Josef-Spital in Wien behandelt. Auch in Klagenfurt wurde am Montag ein Verdachtsfall gemeldet.

Bei den beiden neuen Verdachtsfällen in Wien handelt es sich um eine Frau und einen Mann. Die beiden österreichischen Staatsbürger begaben sich Montagvormittag unabhängig voneinander und selbstständig in Wiener Spitäler – einmal ins AKH und einmal ins Kaiser-Franz-Josef-Spital. Der Patient vom AKH wurde dann in die 4. Medizinische Abteilung im Wiener Kaiser-Franz-Josef-Spital überstellt, wo auch die Frau ist.

Der Mann und die Frau hätten nach China-Reisen beide die entsprechende Symptomatik mit Fieber und Husten, hieß es aus dem Wiener Krankenstaltenverbund (KAV). Ob sie bei ihren China-Reisen in der hauptbetroffenen Provinz Hubei waren, muss erst geklärt werden. Sie werden beide auf der Isolierstation behandelt. Die auf Diagnose und Behandlung spezialisierte Abteilung im Kaiser-Franz-Josef-Spital hat jahrzehntelange Erfahrung und weist höchsten technischen Standard auf.

Karte von Italien
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

In Klagenfurt wurde eine Person unter Quarantäne gestellt, teilte die Stadtpresse Klagenfurt in einer Erstmeldung mit. Details lagen nicht vor. Zum weiteren Vorgehen hieß es, dass eine Probe eingeschickt wird, das Ergebnis wird Dienstagfrüh erwartet – mehr dazu in kaernten.ORF.at.

Entwarnung bei China-Urlauberin

Entwarnung gibt es indes bei einer anderen Patientin. Die Frau war der zweite negativ getestete Verdachtsfall. Sie lebt in Österreich, war aber im Krisengebiet in China auf Urlaub. Die Patientin wurde auf eine isolierte Station gebracht, Montagvormittag lag das Testergebnis vor. Es war ebenso wie beim ersten Verdachtsfall, einer chinesischen Stewardess, negativ.

Anschober: Grippe aktuell problematischer als Corona

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) rief unterdessen die Risikogruppen dazu auf, sich gegen Grippe impfen zu lassen. Die Grippe sei aktuell in Österreich auch problematischer als das Coronavirus. Während die Wahrscheinlichkeit einer Infektion mit dem Coronavirus in Österreich derzeit gering ist, wiesen Zehntausende Menschen Grippe oder grippeähnliche Erkrankungen auf, so die Aussendung des Ministeriums.

„Die echte Grippe ist aktuell bei uns viel näher und gefährlicher als das Coronavirus, man kann sich aber schützen. Den wirksamsten Schutz bietet die Influenza-Impfung – auch während der Grippesaison“, sagte Anschober. Influenza ist hochansteckend und wird sowohl durch Tröpfchen (Niesen, Husten) als auch über direkten Kontakt von infizierten Personen weitergegeben. In der vorigen Grippesaison starben in Österreich nach Expertenschätzungen über 1.000 Menschen an den Folgen der Grippe.

Expertin: Kein Grund zur Beunruhigung

Beim Coronavirus gebe es hingegen derzeit in Österreich keine bestätigten Fälle, so das Ministerium weiter. Heimische Experten und Expertinnen raten dazu, Ruhe zu bewahren: Wer in Österreich derzeit Fieber bekommt, den hat – wahrscheinlich – die Influenza erwischt. „Wegen des neuen Coronavirus aus China gibt es derzeit in Europa und Österreich keinen Grund zur Beunruhigung“, sagte die Reise- und Tropenmedizinerin Ursula Wiedermann-Schmidt, Vakzinologin an der MedUni Wien, gegenüber der APA.

„Wenn jemand hohes Fieber, also 40 Grad oder so, bekommt, sollte er jedenfalls den Arzt rufen. Sonst heißt es, zu Hause und im Bett bleiben und – mit der Influenza – möglichst niemand anstecken“, sagte die Expertin. „Wir haben derzeit eben eine Influenza-Welle in Österreich. Die Coronavirus-Erkrankungen, auch jene, die jetzt in Europa festgestellt wurden, sind alle mit Reisen nach Wuhan etc. in China in Verbindung zu bringen.“

Übertragung über Tröpfcheninfektion

Um die Kriterien für einen Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus zu erfüllen, müsste man Fieber, Husten oder Atembeschwerden und einen Aufenthalt in einem Risikogebiet aufweisen, erklärte auch Judith Aberle, Expertin für Viruserkrankungen an der MedUni Wien. Mittlerweile besteht der Verdacht, dass sich das Virus per Tröpfcheninfektion übertragen könnte.

Auf dem Flughafen Wien-Schwechat herrschte indes „erhöhte Aufmerksamkeit“. „Wir sind zudem in ständigem Kontakt mit den Behörden“, sagte Flughafen-Sprecher Peter Kleemann am Sonntag. Der Flughafen verfüge über eine medizinische Station, die rund um die Uhr geöffnet ist. Von Wien-Schwechat gibt es keine Direktflüge in die betroffenen Gebiete in China.

Rund 3.000 Österreicher in China

In der Provinz Hubei befinden sich derzeit zwei Österreicher. Die beiden Männer wollen zurück nach Österreich. „Die Reisenden werden bei ihrem Ausreisewunsch von der österreichischen Botschaft unterstützt“, sagte Außenministeriumssprecher Peter Guschelbauer am Montag auf APA-Anfrage.

Die beiden haben laut dem Sprecher „einmal einen beruflichen und einmal einen privaten Background“ für ihre Reise nach China und hielten sich temporär in der Provinz Hubei auf. Die beiden weisen laut Guschelbauer keinerlei Krankheitssymptome auf.

Insgesamt halten sich derzeit rund 3.000 Österreicher in China auf. Davon sind rund 2.300 Auslandsösterreicher und etwa 700 Touristen. Das Außenministerium rät von nicht notwendigen Reisen in die zentralchinesische Provinz Hubei ab. Für Hubei gilt ein hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe drei).

Fast 2.800 Infizierte global

Weltweit waren bis Montagmittag fast 2.800 Infektionen mit dem neuen Virus 2019-nCoV bestätigt, bis auf etwa 50 alle in China. Die Zahl der Toten stieg in China auf 81.

Auch Deutschland erwägt Rückholung

Unterdessen wurde am Montag bekannt, dass die deutsche Bundesregierung erwägt, ausreisewillige Deutsche aus China auszufliegen. Eine mögliche Rückholung der rund 90 in Hubei befindlichen Personen werde in Betracht gezogen, sagte Außenminister Heiko Maas (SPD) am Montag in Berlin. Andere Länder wie Frankreich und die USA haben solche Rückholaktionen bereits in die Wege geleitet. „Wir arbeiten sehr eng mit den europäischen Partnern zusammen“, sagte Guschelbauer in Bezug auf die Heimreise der beiden Österreicher.

Chinas Nachbarland Mongolei ergriff unterdessen Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus. Bis 2. März sollen alle Universitäten und Bildungseinrichtungen geschlossen bleiben, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Montsame unter Berufung auf eine Kabinettssitzung. Außerdem würden mit Montag Grenzübergänge für Pkws und Fußgängerverkehr geschlossen und alle öffentlichen Versammlungen abgesagt.

WHO-Chef in Peking eingetroffen

Der Generaldirektor der Weltgesundheitsorganisation (WHO) traf unterdessen in Peking ein, um sich persönlich über die neuesten Erkenntnisse zum Coronavirus zu informieren. Die Ankunft bestätigte das WHO-Büro in Peking. Tedros Adhanom Ghebreyesus werde Regierungsvertreter und andere Experten treffen, die mit dem Krisenmanagement befasst sind. Die WHO äußerte sich nicht dazu, ob Tedros in die betroffene Region um die Millionenstadt Wuhan reist. In der Demokratischen Republik Kongo war er im vergangenen Jahr mehrfach in den Gebieten, in denen das tödliche Ebola-Virus grassiert.

Tedros hatte vergangene Woche auf Anraten eines unabhängigen Notfallausschusses keine „gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite“ erklärt. Die Experten verwiesen unter anderem auf die geringe Zahl von Fällen im Ausland. Der Ausschuss kann aber jederzeit neu einberufen werden. Die Erklärung einer Notlage würde eine neue Dringlichkeit erzeugen, sich weltweit auf eine Ausbreitung vorzubereiten. Die WHO würde dann weitere Empfehlungen aussprechen.

Schon in Inkubationszeit ansteckend

Trotz Quarantänemaßnahmen der chinesischen Sicherheitsbehörden breitet sich das Virus in China aus. Das Potenzial des Virus werde „stärker“, sagte das Gesundheitsministerium in Peking am Sonntag. Zwar ist das Coronavirus laut chinesischen Experten weniger gefährlich als der SARS-Erreger. Allerdings sei das Virus schon während der bis zu zwei Wochen langen Inkubationszeit ansteckend. Die Wahrscheinlichkeit, sich in dieser Zeit anzustecken, ist laut Experten allerdings als gering einzuschätzen. Die mögliche Ansteckung in der Inkubationszeit erschwere allerdings den Kampf gegen die Krankheit.

Sicherheitskräfte mit Schutzanzügen in einer U-Bahn-Station in Peking
APA/AFP/Noel Celis
China erweiterte am Sonntag die Reisebeschränkungen, um ein Ausbreiten des Virus einzudämmen

Der Bürgermeister von Wuhan, Zhou Xianwang, rechnet mit tausend weiteren Infektionsfällen, da noch über 2.200 Verdachtsfälle in den Krankenhäusern der Stadt seien. Zudem seien noch vor Verhängung der Quarantäne fünf Millionen Menschen aus Wuhan abgereist, zitierte die „South China Morning Post“ („SCMP“) am Sonntag den Bürgermeister.

Fälle in mehreren Ländern

Die Provinzhauptstadt von Hubei, die Millionenmetropole Wuhan, ist besonders stark vom Coronavirus betroffen: Dort war der Erreger vor wenigen Wochen vermutlich auf einem Tiermarkt auf Menschen übergesprungen. In der Metropole mit elf Millionen Einwohnern werden bereits zwei Sonderkliniken für Patienten, die sich mit dem Coronavirus infiziert haben, gebaut. Die nationalen Gesundheitsbehörden schickten mehr als 1.200 Ärzte und anderes medizinisches Personal zur Verstärkung nach Wuhan.

Nach Wuhan steht inzwischen praktisch die gesamte Provinz Hubei unter Quarantäne, betroffen sind rund 56 Millionen Menschen. Vier Großstädte, darunter Peking und Schanghai, sowie die östliche Provinz Schandong setzten den Verkehr von Überlandbussen aus. Fälle wurden neben China auch in Hongkong, Macao, Taiwan, Thailand, den USA, Australien, Kanada, Frankreich, Japan, Malaysia, Nepal, Singapur, Südkorea und Vietnam gemeldet. Todesfälle wurden nur innerhalb Chinas bekannt.