Skifahrer
ORF.at/Christian Öser
Von Ski bis Jacke

Branche sucht die grüne Zukunft

Innovativ, hochfunktional und vor allem eins – nachhaltig: Die Sportartikelbranche will sich wie viele andere Branchen einen grünen Anstrich verpassen. Sie setzt dabei vor allem auf recycelte, kompostierbare sowie natürliche Materialien. Das geht aus Europas führender Sportartikelmesse ISPO in München hervor. Ein Schwerpunkt ist der Wintersport.

Ob Anorak, Turnschuh oder Ski – in der Welt der Wintersportartikel sind synthetische Fasern und Kunststoffe kaum wegzudenken. Doch die Ökobilanz jener Materialien ist schlecht – und dieser Tage somit auch nicht unbedingt gut für das Image. Daher ist es auch wenig überraschend, dass die Branche auf Kritik und den sich ändernden Zeitgeist reagiert.

Es gebe keinen „nennenswerten Aussteller, der das Thema (Nachhaltigkeit, Anm.) auf seinem Stand nicht groß und weithin sichtbar für sich reklamiert“, schreibt die „Süddeutsche Zeitung“. Vor allem die Markenhersteller von Outdoor-Produkten würden offensiv herausarbeiten, wie viele Anoraks und Jacken sie inzwischen aus recyceltem Plastikmüll schneidern oder „wie hoch der Wollanteil anstelle von synthetischem Material bei der Wärmedämmung ist“.

Winterjacken
Getty Images/Oleg_ermak
Anoraks müssen nicht mehr nur funktional, sondern auch nachhaltig sein

Von kompostierbaren Jacken und nachhaltigen Skiern

Tatsächlich werben Hersteller heutzutage neben Funktionalität und Design vor allem mit Nachhaltigkeit. Sportbekleidungshersteller wie Nike, Puma und adidas glauben etwa mit recycelten Polyester die Antwort gefunden zu haben. Letzterer wurde von ISPO für eine Jacke, die aus aufbereitetem Plastikmüll aus den Weltmeeren besteht, mit einem Preis versehen. Hergestellt wurde die Jacke, versichert adidas, unter nachhaltiger Produktion – das heißt wasser- und energiesparend.

Das schwedische Label Klättermusen preist wiederum die erste komplett kompostierbare Daunenjacke an. Der Skihersteller Rossignol wirbt seinerseits mit einem neuen Paar Ski, das zu 30 Prozent aus recycelten Materialien besteht. Auch Rucksäcke aus Biofasern sowie Turnschuhe, die zum Teil aus Zuckerrohr, Bananenöl und Reisabfall bestehen, werden im Zuge der ISPO beworben. Die meisten Hersteller versprechen wie adidas wasser- und energiesparend zu produzieren.

ISPO will „Davos des Sports“ werden

„Nachhaltigkeit ist ein Megatrend, der die Sportbranche immer mehr erfasst. Vor allem im Textilbereich werden dank innovativer Technologien, die die Outdoor-Bekleidung hochfunktional und dabei ökologisch-nachhaltig gestalten lassen, neue Wege beschritten“, sagte Messechef Klaus Dittrich bereits im Vorfeld. An der ISPO nehmen in diesem Jahr 2.850 Aussteller Teil, großenteils Hersteller.

Auch die Messe selbst will sich ihm zufolge einer Imagepolitur unterziehen: Sie will zur globalen Sportplattform werden, die neben dem Geschäft gesellschaftlich sinnvolle Dinge von Gesundheit bis Umweltschutz vorantreibt. Deswegen will die Münchner Messegesellschaft künftig neben Sportartikelindustrie und -händlern vermehrt Wissenschaftler, Politiker und Vertreter anderer Branchen einladen.

Die europäischen Hersteller von Outdoor-Textilien bemühen sich zudem über ihren Branchenverband European Outdoor Group (EOG), mit einer Reihe von Initiativen gegenzusteuern – eine davon ist der Verzicht auf Versandverpackungen aus nicht wiederverwertbarem Plastik. „Es ist sehr klar, dass die Dinge, die Menschen tun, nicht im Interesse des Planeten sind“, sagte EOG-Verbandschef Mark Held.

Die Krux mit der Nachhaltigkeit

Doch alleine schon die Tatsache, dass die Sportartikelbranche boomt, verträgt sich nur schlecht mit dem Nachhaltigkeitsgedanken. So meldete der größte Sporthändler-Einkaufsverbund Intersport für 2019 unlängst ein Umsatzplus von drei Prozent. Konkurrent Sport 2000 wuchs sogar um zwölf Prozent. Auch Sportdiscounter Decathlon wuchs gewaltig. Denn: Je mehr gekauft wird, desto mehr landet letztlich auch wieder im Müll.

Ein Taucher sammelt Plastik
APA/AFP/Vassilis Tsiairis
Laut Greenpeace sind für etwa ein Drittel des Mikroplastiks, das in den Meeren landet, Kunstfasern verantwortlich

Und auch nachhaltige Produkte stellen laut Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace und Global 2000 ein Problem dar. Werden beispielsweise Kleidungsstücke aus Polyester – egal ob recycelt oder nicht – gewaschen, kommt es zum Abrieb winziger synthetischer Fasern, die über das Abwasser in den Ozeanen landen, wo sie Hunderte Jahre im Umlauf bleiben. An diesen Mikro- und Nanopartikeln können sich zahlreiche Schadstoffe anlagern. Fische und andere Meeresbewohner schlucken diese belasteten Partikel.

Dazu kommt, dass nur ein Bruchteil der Kunststoffe überhaupt recycelt wird. Laut Daten von Global 2000 wurden nur neun Prozent des gesamten weggeworfenen Kunststoffs seit 1950 recycelt. „Heute liegt die Recyclingquote von Plastikverpackungen global immer noch bei nur 14 Prozent, wobei es sich überwiegend um ein Downcycling zu minderwertigen Produkten handelt“, heißt es im Plastikatlas 2019, den Global 2000 gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung erstellte. Weitere 40 Prozent enden auf Mülldeponien und 14 Prozent in Verbrennungsanlagen. Die restlichen 32 Prozent gehen in die Umwelt, auf Mülldeponien, in Meere und andere Gewässer.