Blick auf Jerusalem
Reuters/Ammar Awad
Nahost-Konflikt

Trumps Plan sorgt für gemischte Reaktionen

Gleich zu Beginn seiner Amtszeit hat US-Präsident Donald Trump angekündigt, er wolle als Friedensvermittler zwischen Israel und den Palästinensern auftreten. Es folgte die Ausarbeitung eines Nahost-Plans, den Trump nun zusammen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vorstellte – die Rede war von einer „realistischen Zweistaatenlösung“. Die Palästinenser äußerten sich wütend, andere Seiten reagierten gemischt.

Dabei war die gut einstündige Vorstellung des Plans im Weißen Haus am Dienstag stets von frenetischem Jubel und stetigem Applaus der Anwesenden begleitet – hintereinander lobten Trump und Netanjahu den Plan als geschichtsträchtig. Trumps Schwiegersohn Jared Kushner – er hatte die Ausarbeitung des Plans kuratiert – wurde für dessen „harte Arbeit“ gedankt. Dass der Plan einen eigenen Staat für die Palästinenser vorsieht, kam überraschend.

Doch werden die Bedingungen, unter denen das passieren soll, vielfach keinesfalls als Friedenslösung gesehen: 30 Prozent des Westjordanlandes sollen Teil Israels werden – auch die Anerkennung der umstrittenen jüdischen Siedlungen durch die USA wird garantiert. Zudem wird Jerusalem als „unteilbare“ Hauptstadt Israels gesehen, zugleich wird aber Ostjerusalem den Palästinensern zugesichert. Offenbar gemeint sind damit Vororte im Osten der Stadt – etwa Abu Dis.

„Wird im Mistkübel der Geschichte landen“

Das sind nur zwei der aus Sicht der Palästinenser schlicht unmöglichen Vorhaben, die der US-Plan vorsieht. Entsprechend wütend die Reaktion: Der Plan werde „im Mistkübel der Geschichte landen“, wie Palästinenserpräsident Mahmud Abbas sagte. Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas bezeichnete den Plan als Unsinn. „Der ‚Deal des Jahrhunderts‘ ist Nonsens, es ist ein feindlicher Deal“, sagte Chalil al-Haja, ein führender Hamas-Vertreter.

Palestinensische Polizisten demonstrieren mit Flaggen
APA/AFP/Said Khatib
Hamas-nahe Einsatzkräfte bei einer Protestkundgebung in Chan Junis im Gazastreifen

Doch nicht nur die zu erwartende Reaktion der Palästinenser war negativ – auch sonst wird der Plan von vielen Seiten zurückhaltend, skeptisch oder ablehnend beurteilt. Die EU teilte mit, die Vorschläge Trumps „prüfen und bewerten“ zu wollen. Die US-Initiative biete die Gelegenheit, den dringend nötigen Bemühungen um eine ausgehandelte und machbare Lösung für den Konflikt neuen Schwung zu geben, so der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell.

„Werden Plan unter die Lupe nehmen“

Zurückhaltend auch die Reaktion des Kreml. „Wir werden diese Information weiter analysieren und den Plan unter die Lupe nehmen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Bei einem Treffen mit Israels Ministerpräsident Netanjahu soll der russische Staatschef Wladimir Putin am Mittwoch Informationen „aus erster Hand erhalten“. Russland sei gegebenenfalls bereit, weitere Anstrengungen für eine Friedenslösung zu unternehmen.

Grafik zum Nahost-Konflikt
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Die UNO beharrt auf einer Zweistaatenlösung auf Grundlage der Grenzen von 1967 und verwies damit auf verpflichtende Resolutionen: „Die Positionen der Vereinten Nationen zur Zweistaatenlösung wurden über die Jahre definiert durch relevante Resolutionen des Sicherheitsrats und der Vollversammlung“, so UNO-Generalsekretär Antonio Guterres. Die UNO bleibe „verpflichtet“, Palästinenser und Israelis bei der Lösung des Konflikts „auf der Grundlage der Grenzen vor 1967“ zu unterstützten.

Türkei: „Absolut inakzeptabel“

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan verurteilte den Plan als „absolut inakzeptabel“. „Jerusalem ist den Muslimen heilig. Der Plan, Jerusalem an Israel zu übergeben, ist absolut inakzeptabel“, so Erdogan. Das Vorhaben werde nicht zum Frieden beitragen. „Das ist ein Plan, mit dem die Rechte der Palästinenser ignoriert werden und die Besatzung durch Israel legitimiert wird.“

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu US-Präsident Donald Trump
APA/AFP/Mandel Ngan
Israels Ministerpräsident Netanjahu lobte den US-Nahost-Plan und dankte Trump

Die Türkei werde weiterhin die Rechte Palästinas und Jerusalems verteidigen und sich dafür an internationale Institutionen wenden, sagte Erdogan. Bereits am Dienstagabend hatte das türkische Außenministerium erklärt, Trumps Plan sei eine „Totgeburt“. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif nannte den Plan „einen Alptraum für die Region und die Welt“. Ägypten reagierte zurückhaltend auf den Plan, lehnte ihn aber nicht rundweg ab.

Kritik von Arabischer Liga, Lob aus Riad

Die Arabische Liga sieht in dem Plan eine Verletzung legitimer Rechte der Palästinenser. „Jeder ernsthafte Plan, der Frieden erreichen will, muss die Erwartungen beider Seiten erfüllen“, sagte der Generalsekretär der Arabischen Liga, Ahmed Abul Ghait. Ein gerechter und dauerhafter Frieden könne nicht erreicht werden, solange die israelische Besatzung palästinensischer Gebiete ignoriert werde.

Grafik zum Nahost-Konflikt
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Die Außenminister der Arabischen Liga wollen sich am Samstag in einer Sondersitzung mit Trumps Nahost-Plan beschäftigen. In der Organisation sind 22 Mitglieder aus dem Nahen Osten und Nordafrika zusammengeschlossen. Wegen unterschiedlicher Interessen gilt die Staatengemeinschaft jedoch als politisch schwach. Saudi-Arabien als führendes Mitglied würdigte etwa Trumps Bemühungen für einen „umfassenden Plan“.

Sicht auf einen Teil von Ost-Jerusalem und Teil der Mauer
Reuters/Ammar Awad
Ein Teil Ostjerusalems hinter dem Sperrwall – der Plan sieht keine Teilung der Hauptstadt vor

Syriens Mitgliedschaft wurde wegen des Bürgerkriegs ausgesetzt. Kritik äußerte das Regime von Machthaber Baschar al-Assad dennoch: Aus dem syrischen Außenministerium in Damaskus hieß es, der Plan komme einer Unterwerfung unter die „unterdrückerische israelische Besatzung“ gleich, wie die staatliche Agentur SANA meldete. Die US-Politik verfolge einzig und allein das Ziel, Israel zu dienen.

Berlin: Vorschlag wirft Fragen auf

Die deutsche Bundesregierung reagierte äußerst zurückhaltend. „Nur eine für beide Parteien akzeptable, verhandelte Zweistaatenlösung kann zu einem dauerhaften Frieden zwischen Israelis und Palästinensern führen“, so Außenminister Heiko Maas. Er sagte weiter, es sei zwar jeder „Impuls“, der den festgefahrenen Nahost-Friedensprozess wieder in Gang bringt, zu begrüßen. Der US-Vorschlag werfe aber Fragen auf. Diese werde Berlin nun mit den EU-Partnern besprechen.

Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und ÖVP-Außenminister Alexander Schallenberg begrüßten Trumps Plan. In einer Aussendung hieß es: „Wir begrüßen, dass sich die USA und Präsident Trump in einem der schwierigsten Konflikte der internationalen Politik mit konkreten Vorschlägen einbringen.“ Kurz und Schallenberg appellierten „an die Parteien, den US-Plan zum Anlass zu nehmen für eine Wiederaufnahme der Verhandlungen unter US-Führung, um auf dieser Basis zu einem endgültigen Abkommen zu gelangen“.

Paris: Zweistaatenlösung nötig

Frankreich sei überzeugt, dass eine Zweistaatenlösung „in Übereinstimmung mit dem internationalen Recht“ nötig sei, um einen „gerechten und dauerhaften Frieden im Nahen Osten“ zu schaffen, hieß es aus dem Außenministerium in Paris. Paris werde „in diesem Sinne“ weiter mit den USA, seinen europäischen Partnern und „allen, die zur Umsetzung dieses Ziels beitragen können“, zusammenarbeiten, hieß es aus dem Außenministerium. Es müssten sowohl „die berechtigten Erwartungen von Israelis als auch der Palästinenser“ berücksichtigt werden.