Buttigieg kam nach Auszählung von fast drei Vierteln der Stimmbezirke im Bundesstaat Iowa auf 26,8 Prozent der „state delegate equivalents“, von denen sich die Zahl jener Delegierten ableitet, die für den jeweiligen Kandidaten beim Nominierungsparteitag abstimmen werden. Dicht hinter Buttigieg folgt der linke Senator Bernie Sanders mit 25,2 Prozent, wie die Demokratische Partei in Des Moines am Dienstag mitteilte. Die Senatorin Elizabeth Warren rangiert demnach auf Platz drei (18,4 Prozent). Der als einer der Favoriten gehandelte Biden liegt bisher nur auf dem schwachen vierten Platz mit 15,4 Prozent.
Chaos bei der Auszählung hatte die Verkündung von Ergebnissen extrem verzögert. Am Dienstagabend (Ortszeit) war weiterhin offen, wann das Gesamtergebnis der wichtigen Abstimmung veröffentlicht werden würde, die den Auftakt des mehrmonatigen Wahlmarathons zur Benennung des Herausforderers oder der Herausforderin von Präsident Donald Trump darstellte.
„Erstaunlicher Sieg“ für Buttigieg
Buttigieg sprach von einem „erstaunlichen Sieg“ – ganz gleich, was als Nächstes passiere. „Ich habe noch nie so sehr an unsere Kampagne, an unser Team und an unsere Vision geglaubt, die uns an diesen Punkt gebracht hat.“ Buttigieg sprach in Laconia im Bundesstaat New Hampshire. Dort ist am kommenden Dienstag die zweite Vorwahl der Demokraten geplant.
Vom Außenseiter zum möglichen Überraschungssieger
Buttigieg war als Außenseiter in das Präsidentschaftsrennen eingestiegen. Der damalige Bürgermeister der 100.000-Einwohner-Stadt Stadt South Bend im Mittelweststaat Indiana war vor einem Jahr überregional kaum bekannt. Sollte der erst 38-Jährige in Iowa gewinnen, käme das also einer Sensation gleich.
ORF-Korrespondent Christophe Kohl berichtet über die Vorwahl in Iowa
Iowa hatte die Vorwahl bereits am Montagabend abgehalten. Wegen einer schweren technischen Panne bei der Demokratischen Partei zog sich die Veröffentlichung aber ungewöhnlich lange hin.
Wie auch Biden ist Buttigieg ein Vertreter der politischen Mitte. Würde Buttigieg im November zum Präsidenten der USA gewählt, wäre er nicht nur der jüngste in der US-amerikanischen Geschichte, sondern auch der erste in diesem Amt, der offen homosexuell lebt. Die „New York Times“ („NYT“) fragte 2016, ob Buttigieg irgendwann der „erste schwule Präsident“ werden könnte. Die „Washington Post“ („WP“) stellte bereits 2014 fest, dass es sich bei Buttigieg um den „interessantesten Bürgermeister handelt, von dem Sie noch nie gehört haben“.
Vorwahl der US-Demokraten mit Überraschungssieger
Bei der Vorwahl der US-Demokraten in Iowa ist der frühere Bürgermeister Pete Buttigieg in ersten Teilergebnissen überraschend vorn gelegen. Ex-Vizepräsident Joe Biden rangierte nur auf dem vierten Platz.
Der 38-Jährige hat einen Vorzeigelebenslauf. Er studierte an den Universitäten Harvard und Oxford. Danach arbeitete er als Unternehmensberater bei McKinsey, bevor er in die Politik wechselte. Er war bei der Navy und legte 2014 für einen siebenmonatigen Einsatz in Afghanistan eine Pause bei seinem Bürgermeisterjob ein. Zudem hat er bereits seine Memoiren geschrieben und spricht neben Englisch sieben weitere Sprachen – darunter Maltesisch, weil sein Vater aus Malta stammt.
Erst nach Stunden erste Ergebnisse
Iowa hatte die Vorwahl bereits am Montagabend (Ortszeit) abgehalten. Wegen einer schweren technischen Panne bei der Demokratischen Partei zog sich die Veröffentlichung aber ungewöhnlich lange hin. Als Grund für das Chaos nannte die Partei in Iowa schließlich einen Programmierfehler. Die bisherigen Untersuchungen hätten ergeben, dass es bei der Eingabe der Daten aus den einzelnen Bezirken über eine App keine Probleme gegeben habe, hieß es am Dienstag in einer neuen Stellungnahme der Partei, über die US-Medien übereinstimmend berichteten. Schwierigkeiten seien aber bei der Meldung dieser Daten aufgetreten.
Die Präsidentschaftsbewerber reagierten frustriert, enttäuscht und wütend auf die Verzögerung. Bidens Team meldete Zweifel an den Ergebnissen an und beklagte sich über „erhebliche Mängel“ in dem Auszählungsprozess. Der Chef der Demokratischen Partei in Iowa, Troy Price, sagte am Dienstag, was in der Wahlnacht passiert sei, sei „inakzeptabel“. Er bitte dafür zutiefst um Entschuldigung. Die nun vorgelegten vorläufigen Zahlen seien absolut korrekt. Weitere Ergebnisse würden veröffentlicht, sobald sie vorlägen.
Bei Parteiversammlungen stimmten Demokraten und Republikaner in Iowa am Montagabend darüber ab, wen sie für den besten Präsidentschaftskandidaten ihrer Partei halten. Das Prozedere bei diesen Caucus-Treffen ist kompliziert und unterscheidet sich deutlich von Abstimmungen per Wahlzettel.
Die Vorwahlen in Iowa waren die ersten in den USA im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der Parteien. Bei den Demokraten gab es anfangs rund 30 Präsidentschaftsbewerber – 17 sind bereits ausgestiegen, elf sind noch übrig. Auf nationaler Ebene liegt in Umfragen seit Langem in wechselnden Konstellationen ein Führungstrio aus Biden, Sanders und Warren vorn.
Bloomberg „verdoppelt“ Einsatz
Der Milliardär Michael Bloomberg will AP-Angaben zufolge aus dem Iowa-Debakel der Demokraten offenbar Kapital schlagen und kündigte am Dienstag eine Verdoppelung seiner ohnehin schon auf einen hohen dreistelligen Millionenbetrag geschätzten Wahlkampfausgaben an. Nach Angaben der Werbetracking-Firma Advertising Analytics habe Bloomberg bereits über 300 Millionen Dollar (rund 270 Mio. Euro) für TV-, Radio- und Digitalwerbung ausgegeben. Das hat ihm in den letzten Umfragen Auftrieb gegeben, obwohl er in vorzeitig wählenden US-Bundesstaaten wie Iowa und New Hampshire nicht in Konkurrenz zum Rest des demokratischen Feldes steht.
Spott aus Trumps Lager
US-Präsident Donald Trump gewann erwartungsgemäß mit überwältigender Mehrheit die erste Vorwahl der Republikaner. Er hat keine ernstzunehmenden Herausforderer. Entsprechend laut war auch sein Gespött für die Panne der Demokraten. Deren Vorwahl sei ein „völliges Desaster“. „Nichts klappt, genauso wie sie das Land regiert haben“, so Trump auf Twitter.
„Super Tuesday“ am 3. März
Im Wesentlichen ging es bei den Vorwahlen in Iowa nun, neun Monate vor der Präsidentschaftswahl, erst einmal darum, das Feld der Kandidatinnen auszudünnen. Iowa ist mit seinen drei Millionen Einwohnern auf nationaler Ebene kein Schwergewicht. In dem kleinen Staat hat sich aber in der Vergangenheit oft gezeigt, wer am Ende als Kandidat seiner Partei das Rennen macht. Die Signalwirkung ist also groß. Laut der Zeitung „Des Moines Register“ absolvierten die Präsidentschaftsanwärterinnen für 2020 deshalb auch schon 1.200 Auftritte in Iowa – zehnmal so viel wie im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Kalifornien.
Kurz nach Iowa steht am 11. Februar die Vorwahl in New Hampshire an. Am 3. März folgt dann die nächste große Wegmarke: der „Super Tuesday“ mit Abstimmungen in mehr als einem Dutzend US-Bundesstaaten. Die Vorwahlen ziehen sich insgesamt bis Juni hin. Auf großen Nominierungsparteitagen küren Demokraten und Republikaner im Sommer dann endgültig ihre Präsidentschaftskandidaten – die Demokraten im Juli in Milwaukee, die Republikaner im August in Charlotte. Zu diesen Parteitagen werden aus jedem US-Bundesstaat Delegierte geschickt. Die Präsidentschaftswahl selbst steht am 3. November an.