Christian Pilnacek
ORF.at/Roland Winkler
Justizministerium

Opposition will Konsequenzen für Pilnacek

Justizministerin Alma Zadic von den Grünen hat auch innerhalb des eigenen Ministeriums einiges zu tun. Sie erteilte nun der Strafrechtssektion von Christian Pilnacek, einem der einflussreichsten Beamten im Haus, eine Weisung. Er hatte ein Treffen mit Beschuldigten abgehalten – im Ministerium. Für die Oppositionsparteien ein Anlass, Folgen zu fordern, bis hin zur Abberufung als Sektionschef.

Treffen mit Beschuldigten seien in Zukunft zu unterlassen, hieß es laut einem Bericht der „Kronen Zeitung“ vom Dienstag in der Weisung der Ministerin. Hintergrund ist ein Treffen Pilnaceks mit den Aufsichtsräten Walter Rothensteiner und Josef Pröll vor Kurzem in Pilnaceks Büro. Die beiden Casinos-Aufsichtsräte werden in den Ermittlungen um die Postenschacher-Affäre bei den Casinos Austria als Beschuldigte geführt, auch Hausdurchsuchungen gab es bei ihnen. Für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Zadic reagierte mit einer offiziellen Weisung an Pilnaceks Strafrechtssektion. Das Treffen sei nicht in Ordnung gewesen, es solle keine weiteren derartigen Verabredungen geben. „Jeder Anschein einer bevorzugten Behandlung muss vermieden werden“, wird Zadic in dem Bericht zitiert. „Deshalb erging eine allgemeine Weisung an die Strafrechtssektion, dass Treffen mit Beschuldigten künftig zu unterlassen sind.“

Alma Zadic
APA/Hans Punz
Justizministerin Zadic (Grüne)

Pilnacek: „Aus Höflichkeitsgründen“

Pilnacek zeigte sich laut „Krone“ verwundert über die Aufregung. Es sei „absurd“, jemanden im Ministerium zu empfangen, wenn man vorhätte, Beeinflussungen vorzunehmen, so der Beamte. Gegenüber dem Ö1-Mittagsjournal sagte Pilnacek, Rothensteiner habe ihn bei einer rechtspolitischen Veranstaltung um ein Gespräch gebeten. Dem sei er aus Höflichkeitsgründen nachgekommen. Es sei um Prölls und Rothensteiners Gefühlslage als Beschuldigte gegangen, da könne man Konflikte und Emotion aus einem Verfahren nehmen, hieß es.

Es seien keine Bitten an ihn herangetragen worden, so der Sektionschef gegenüber der APA. Rothensteiner und Pröll hätten lediglich loswerden wollen, wie sie sich als Beschuldigte fühlen. Er habe „gewisse Dinge klargestellt“ und die beiden gebeten, abzuwarten, was die Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ergeben würden. „Weitere Dinge“ wurden nicht ausgemacht, so Pilnacek.

„Sie hat dazu einen klaren Standpunkt, was mir aber auch Sicherheit gibt. Weil klar ist, dass solche Gespräche nicht zu führen sind. Damit kann man aber auch Gesprächswünsche sehr klar abschlägig beantworten“, so Pilnacek zu Ö1. Mit Zadic habe er eine „ausgezeichnete Gesprächsbasis“, sagte der Sektionschef. Sie führe das Ressort „mit einem offenen Zugang“, so Pilnacek – Audio dazu in oe1.ORF.at.

Zadic führte „sehr gutes Gespräch“

Die Ministerin sagte gegenüber Ö1, Pilnacek leiste „großartige Arbeit für die Strafjustiz“ und bleibe auf seinem Posten. Am Wochenende habe sie mit Pilnacek „ein sehr gutes Gespräch“ geführt. Dabei hätten es beide für wichtig befunden, „eine allgemeine Weisung an die gesamte Sektion auszustellen“. Eine Beeinflussung des Verfahrens durch das Treffen könne sie aufgrund eines Aktenvermerks „ausschließen“, so Zadic.

„Mir ist es wichtig, dass jeglicher Anschein einer bevorzugten Behandlung, unsachlichen Beeinflussung und möglicher Befangenheit von vornherein vermieden wird. Daher habe ich die Weisung erteilt, dass persönliche Gespräche und Telefonate mit Beschuldigten oder Verdächtigen über laufende Ermittlungsverfahren und/oder Hauptverfahren zu unterlassen sind. Die Weisung schafft Klarheit sowohl nach innen als auch außen und stärkt die Unabhängigkeit der Ermittlungsarbeit der Staatsanwaltschaft“, hieß es zudem in einer weiteren Stellungnahme aus dem Ministerium.

Parlamentarische Anfrage eingebracht

Die Oppositionsparteien reagierten prompt. „Das Geheim-Treffen von ÖVP-Promis und Sektionschef Pilnacek muss dringend aufgeklärt werden. Denn durch dieses Treffen im Justizministerium, das wie ein ÖVP-Spezialservice für Beschuldigte anmutet, wird die Unabhängigkeit der Justiz in Frage gestellt“, so SPÖ-Finanzsprecher Jan Krainer in einer Aussendung. Krainer kündigte auch die Vorladung Pilnaceks vor den „Ibiza“-Untersuchungsausschuss an. „Wir fordern schon lange, Pilnacek die Kompetenzen für aktuelle Strafverfahren zu entziehen“, so Krainer.

Auch NEOS forderte die sofortige Abberufung Pilnaceks als Fachaufseher beim Postenschacher-Verfahren. „Ein Klaps auf die Finger reicht bei einem derartigen Skandal sicher nicht aus“, so Abgeordnete Stephanie Krisper. „Es kann nicht sein, dass Christian Pilnacek, der oberste Aufseher über Strafverfahren im Justizministerium, zwei hochkarätigen Beschuldigten – einer davon ehemaliger ÖVP-Vizekanzler, der andere ebenfalls bestens in der ÖVP vernetzt – in einem aktuellen und politisch hochbrisanten Verschlussverfahren eine Audienz ohne Beisein der zuständigen StaatsanwältInnen gewährt“, so Krisper, die auch eine parlamentarische Anfrage dazu eingebracht hat.

FPÖ will Abberufung

Die FPÖ forderte sogar eine Abberufung Pilnaceks als Sektionschef. Dieser habe bereits mehrfach „in bedenklicher Weise Einfluss auf Ermittlungen genommen“, kritisierte die FPÖ am Dienstag per Aussendung. „In jedem dieser Fälle liegt der Verdacht nahe, dass die Schonung ÖVP-naher Personen ein Motiv gewesen sein könnte“, so Ex-Generalsekretär Christian Hafenecker. „So jemand ist an der Spitze der Strafrechts-Sektion nicht länger tragbar.“ Hafenecker forderte Zadic auf, Pilnacek seiner Funktion zu entheben oder jedenfalls nicht zu verlängern, wenn heuer die neuerliche Ausschreibung ansteht.

Darüber hinaus sei zu ermitteln, worum es in dem Gespräch zwischen Pilnacek und den Casinos-Aufsichtsräten Rothensteiner und Pröll gegangen sei. Die FPÖ werde die Befragung aller drei Personen im Untersuchungsausschuss verlangen, das Treffen solle Gegenstand der Untersuchung werden. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl forderte, Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) müsse Pröll und Rothensteiner "unverzüglich ihrer Funktionen im Aufsichtsrat entheben. Blümel sei als zuständiger Vertreter der Interessen des Miteigentümers an den Casinos, der Republik Österreich, verpflichtet zu handeln, so Kickl.