Kupferdraht-Rollen
Reuters/Kham
Rohstoffe

Coronavirus sorgt für starken Preisverfall

China ist weltweit der wichtigste Akteur auf den Rohstoffmärkten – die Ausbreitung des Coronavirus in der Volksrepublik hat deshalb auch bei den Preisen für wichtige Industriemetalle beträchtliche Auswirkungen. Teils ist der Preisverfall erheblich.

Angesichts der eingeschränkten Produktion und der niedrigeren Nachfrage in China seien die Preise an der Londoner Metallbörse „erheblich gesunken“, erklärte die deutsche Rohstoffagentur (DERA) der deutschen Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) am Dienstag in Berlin.

So sei beispielsweise der Kupferpreis in den letzten beiden Jänner-Wochen um zehn Prozent von 6.244 auf 5.569 Dollar (5.032,5 Euro) je Tonne gesunken. Bei Massenrohstoffen wie Eisenerz seien in den chinesischen Häfen zum Teil noch erhebliche Mengen vorrätig, erklärte die Rohstoffagentur weiter. Bei anderen Rohstoffen wie speziellen Manganprodukten, bei denen Europa stark von chinesischen Importen abhängig sei, sorgten Versorgungsängste dagegen für steigende Preise.

Stahlrollen in einem Werk
Reuters/Wolfgang Rattay
55 Prozent der weltweiten Rohstahlproduktion entfallen auf China

Preis- und Lieferrisiken könnten weiter drohen

Allerdings sei die Hafen- und Transportinfrastruktur des Landes ebenfalls von den Folgen des Coronavirus betroffen. Sollten Produktionsstätten weiter geschlossen und Transportkapazitäten in China über einen längeren Zeitraum eingeschränkt bleiben, sei mit erheblichen Preis- und Lieferrisiken bei einer Vielzahl von Metallen und Industriemineralen zu rechnen.

„China ist der bedeutendste Akteur auf den internationalen Rohstoffmärkten, da das Land sowohl der größte Konsument als auch Produzent von Rohstoffen ist“, erklärte die DERA. Der aktuellen Rohstoffliste der Agentur zufolge nimmt die Volksrepublik bei vielen Bergwerks- und auch Raffinadeprodukten eine führende Rolle ein. So entfallen etwa rund 55 Prozent der globalen Rohstahlproduktion und rund 80 Prozent der weltweiten Raffinadeproduktion seltener Erden auf die Volksrepublik. Diese spielen bei der Produktion zahlreicher Hightech-Produkte wie etwa Handys eine entscheidende Rolle.

Ölpreis erholt sich leicht

Die Ölpreise haben unterdessen ihre Talfahrt der vergangenen Handelstage am Dienstag vorerst gestoppt und zu einer leichten Erholung angesetzt. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete gegen Mittag 54,95 US-Dollar (49,66 Euro). Das waren 50 Cent mehr als am Montag. Der Preis für US-Rohöl der Sorte WTI stieg um 80 Cent auf 50,91 Dollar.

In der Nacht auf Dienstag waren die Rohölpreise noch auf Talfahrt und auf den tiefsten Stand seit gut einem Jahr gerutscht. Zeitweise kostete US-Rohöl erstmals seit Jänner 2019 weniger als 50 Dollar.

Ölförderungsanlage im Irak
Reuters/Essam Al-Sudani
Auch die Ölpreise reagieren auf die Coronavirus-Ausbreitung

Unklarheit über weitere wirtschaftliche Folgen

Ausschlaggebend für den erheblichen Preiseinbruch ist das Coronavirus in China und die Unklarheit über die wirtschaftlichen Folgen für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt. So stehen bereits jetzt in China zahlreiche Betriebe still. Auch die Transportwirtschaft ist ob des Virus heruntergefahren. Weniger Treibstoff wird deshalb benötigt. Ökonomen erwarten in China mittlerweile eine deutliche Wachstumsverlangsamung im ersten Quartal. Die globalen Auswirkungen der Viruskrise gelten als weit ungewisser.

In Wien treffen sich bis Mittwoch Experten der OPEC+, um die Folgen der Coronavirus-Krise für ihr Geschäft zu besprechen. Sie bereiten offenbar ein weiteres Treffen der zuständigen Minister vor: Eine quasi Sondersitzung der OPEC+, der auch Russland angehört, könnte Ende der kommenden Woche stattfinden, wird spekuliert. Fachleute rechnen damit, dass die Förderstaaten ihre Ölproduktion weiter einschränken werden, um einem weiteren Preisverfall den Riegel vorzuschieben.

China denkt an erhebliche Konjunkturspritzen

Angesichts der immer weiter um sich greifenden Auswirkungen des Coronavirus-Ausbruchs will die Führung in China neue Konjunkturspritzen geben. „Wir werden die Stützung der Wirtschaft forcieren“, sagte ein Regierungsberater, der anonym bleiben wollte, der Nachrichtenagentur Reuters.

Gelder sollen unter anderem in die von der Coronavirus-Krise besonders betroffenen Bereiche Einzelhandel, Logistik, Verkehr und Tourismus fließen. Laut den mit den Regierungsplänen vertrauten Personen wird die Notenbank zudem voraussichtlich am 20. Februar den Leitzins kappen und binnen Wochen auch die Reserveanforderungen für die Banken (RRR) weiter lockern. Damit soll mehr Geld für die Kreditvergabe losgeeist werden.

Hunderte Milliarden in Finanzsystem gepumpt

Die Notenbank PBOC hat jüngst bereits Hunderte Milliarden Dollar an Liquidität ins Finanzsystem gepumpt. „Derzeit wird die Geldpolitik gelockert. Doch die Notenbank geht Schritt für Schritt vor und beobachtet die Virus-Situation“, sagte einer der von Reuters befragten Insider.

Die Krise trifft die auch vom Handelskonflikt mit den USA geschwächte Wirtschaft des Landes zusätzlich, die sich vom Turbowachstum früherer Jahre längst verabschiedet hat. Angesichts der abflauenden Konjunktur ist Chinas Zentralbank bereits mehrfach aktiv geworden und hat die Zinsen gesenkt.

Wachstumsziel könnte nach unten korrigiert werden

Intern wird in Peking laut den von Reuters kontaktierten Informanten auch über eine Absenkung des angestrebten Wachstumsziels für 2020 von sechs Prozent diskutiert. Viele Ökonomen halten es ohnehin für nicht mehr haltbar. Wie Insider mitteilten, herrscht in der Führung in Peking die Sorge, dass die Coronavirus-Krise das Wirtschaftswachstum zu Jahresbeginn schwächen wird.

Die Ratingagentur Moody’s erwartet, dass es in den kommenden Monaten zu einem deutlichen Rückgang von Umsätzen und Gewinnen in ganz China vor allem in den Bereichen Verkehr, Konsum, Tourismus und Unterhaltung kommen wird. Auch die US-Notenbank beobachtet die Situation aufmerksam. „Wenn Chinas Wirtschaft sich verlangsamt, spüren wir das“, erklärte Fed-Chef Jerome Powell vergangene Woche.