Bolivien gehört zu den Ländern mit der weltweit größten Artenvielfalt. Besonders in der Yungas-Region am Fuß der Anden finden sich seltene, vom Aussterben bedrohte Insektenarten. Das Fangen oder Halten von wildlebenden Tieren ist seit drei Jahrzehnten verboten, bei Zuwiderhandeln drohen Strafen von bis zu sechs Jahren Gefängnis. Doch der Handel mit exotischen Arten – allen voran Käfern – hält unvermindert an. Experten schätzen, dass jedes Jahr etwa 200.000 Insekten aus Bolivien geschmuggelt werden.
Die Nachfrage aus Asien ist anhaltend hoch, die einheimische Bevölkerung wiederum versucht mit Fang und Handel ihren kargen Lebensunterhalt aufzubessern. Die Überwachung durch die bolivianischen Behörden, insbesondere an der 900 Kilometer langen Grenze zu Peru, gelingt kaum – Verhaftungen oder Geldstrafen wegen Wilderei oder Schmuggels sind folglich kaum zu verzeichnen.
Alles lässt sich verkaufen
Der Entomologe Fernando Guerra Serrudo vom Nationalmuseum für Naturgeschichte in La Paz warnte in einem „National Geographic“-Artikel vor den Folgen: „Durch den illegalen Insektenhandel wird viel Geld bewegt. Man kann sogar Flöhe im Internet anbieten, und es finden sich Käufer. (…) Sollte das kein Ende finden, werden manche Insekten aussterben.“

In Japan stehen die Schleusen offen: Zwar ist die Einfuhr von 148 invasiven Tier- und Pflanzenarten per Gesetz verboten, doch die besonders begehrten Riesenkäfer (Dynastes) aus der Familie der Scarabaeidae, wie etwa Satanas-, Herkules- oder Nashornkäfer, fallen nicht darunter. „Sie sind teuer, also wollen die Japaner sie als Haustiere halten und nicht in die Wildnis entlassen“, zitierte „National Geographic“ das dortige Umweltministerium. Für die seltensten Exemplare werden mitunter einige tausend Euro geboten.
Käfer im Automaten
Käfer – wenn auch nicht ganz so spektakuläre – gibt es auch in Japan zur Genüge. Das Fangen und Halten der Tiere gehört zu den tradierten Beschäftigungen japanischer Kinder im Sommer. Seit vielen Jahren gibt es aber auch Alternativen, ihrer habhaft zu werden: In Supermärkten, spezialisierten Geschäften, selbst in Verkaufsautomaten, stehen lebende Insekten und das passende Zubehör für ihre artgerechte Haltung zum Verkauf.
Die Faszination für Käfer spiegelt sich in Japans Popkultur mannigfach wider – prominentestes Beispiel ist wohl das Pokemon-Universum: Von Schöpfer Satoshi Tajiri ist überliefert, dass ihn die einstige Käferjagd zu seiner Spielidee und deren Figuren bewogen hat. Auch die offiziellen Maskottchen der Olympischen und Paralympischen Spiele, die vergangenen Sommer in Tokio stattfinden sollten, angesichts der Coronavirus-Pandemie aber auf heuer verschoben wurden, gemahnen an riesige Insekten.
Reges Interesse an Ringkämpfen
Das Interesse der Japaner an großen, widerstandsfähigen Käfern geht über die Haltung als Haustiere aber hinaus. Käferkämpfe sind – keineswegs nur bei Kindern – beliebt: „In Tokio gibt es eigene Turniere“, zitierte „National Geographic“ den Chef eines Insektengeschäfts in der Stadt. „Die Gewinner erhalten je nach Anzahl der Teilnehmer viel Geld.“ Auch – zumeist illegale – Wetten auf den Ausgang der Kämpfe sind üblich, insbesondere auf den Ryukyu-Inseln im Süden.
Auf YouTube zeigen japanische Kanäle unzählige Ringkämpfe verschiedener Käferarten. Der Kampf, zumeist auf einem Stück Holz ausgetragen, ist vorbei, wenn ein Käfer den anderen in die Luft hebt, ihn auf den Rücken dreht oder auf den Boden wirft. Kabutomushi (kabuto heißen die Helme der Samurai, mushi steht für Insekt), zu Deutsch Nashornkäfer, sind bei den Kämpfen besonders häufig im Einsatz. Als Waffe dienen ihnen die Hörner, die sie in freier Wildbahn in der Paarungszeit gegen konkurrierende Männchen einsetzen.
Umdenken hat begonnen
Die Halter der Kampfkäfer nehmen ihre Aufgabe ernst: „Ich habe ihn anfangs nur gegen kleinere Käfer kämpfen lassen und habe ihm so das Siegen beigebracht“, gab einer Auskunft. Vor dem Kampf werden die Käfer angestachelt, indem die Besitzer mit Finger oder Pinsel einen potenziellen Gegner mimen – so soll ihre Angriffsbereitschaft erhöht werden. Die Kämpfe selbst, auch wenn sie sich mitunter spektakulär ausnehmen, bleiben meist ohne Folgen für die Insekten, tödliche Ausgänge sind sehr selten.
Auch wenn für die gehandelten Individuen selbst also wenig Gefahr besteht, hat der Käferkult doch einige Arten an den Rand der Existenz gebracht. Biologen suchen nun nach Möglichkeiten, die den Erhalt der Spezies sichern und gleichzeitig eine alternative Einnahmequelle für die Käferjäger in Ländern wie Bolivien sein könnten.
Einige von ihnen hören auch von selber auf – wie Reynaldo Zambrana. „Wir besserten unseren Lebensunterhalt wie alle anderen auch damit auf“, sagte er gegenüber „National Geographic“. Mittlerweile hat die Sorge um die Käfer aber die Oberhand gewonnen. „Mir kommt vor, dass die Schwarzhändler alles nehmen und nichts übrig lassen. Ich habe mich entschlossen, da nicht mehr mitzumachen.“