US-Flaggen auf Sesseln vor einer Wahlveranstaltung
Reuters/Ivan Alvarado
Demokraten-Vorwahl

So nahm das Debakel in Iowa seinen Lauf

Es hätte der spannende Auftakt für das Rennen um die Präsidentschaftskandidatur der US-Demokraten werden sollen – übrig ist letztendlich ein Desaster geblieben, das vor allem den Republikanern nutzte. Durch eine Vielzahl an Fehlern verzögerte sich das Ergebnis der Vorwahlen in Iowa um Tage. Am Ende gab es einen unerwarteten Sieger – wirklich gewonnen hat aber niemand.

Erst in der Nacht auf Freitag veröffentlichten die Demokraten ihr Endergebnis. An erster Stelle steht überraschend der Ex-Bürgermeister Pete Buttigieg, dahinter folgt Bernie Sanders auf Platz zwei – die beiden trennen nur 0,1 Prozentpunkte voneinander. An dritter Stelle folgt Elizabeth Warren. Joe Biden, der als einer der Favoriten auf die Kandidatur gilt, landete nur auf Platz vier. Der knappe Ausgang bietet jedoch Raum für Zweifel.

Schon am Donnerstag schrieb die „New York Times“ („NYT“), dass die „Qualitätssicherung“ bei den Vorwahlen in Iowa nicht gelöst sei. Laut einer Analyse der Zeitung sollen über 100 Wahlbezirke Resultate mitgeteilt haben, die „intern inkonsistent waren, bei denen Daten fehlten oder die nach den komplexen Regeln der Caucuses in Iowa nicht möglich waren“.

„NYT“: Summen falsch, Ergebnisse stimmen nicht überein

In einigen Fällen stimme die Summe der Stimmzettel nicht, in anderen hätten Bezirke die falsche Anzahl von Delegierten den Kandidaten zugewiesen, so die „NYT“. Manchmal stimme auch das von Iowas Demokraten mitgeteilte Einzelergebnis nicht mit jenem des jeweiligen Wahlbezirks überein.

Eine Grafik zeigt das Ergebnis der US-Vorwahlen in Iowa
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA

Das Blatt schätzt den Gesamteffekt dieser Unstimmigkeiten als gering ein – es gebe „keine offensichtliche“ Beeinflussung zugunsten eines der Kandidaten. Dennoch würden diese Fehler Zweifel am Ergebnis zulassen.

Komplexe Regeln als Hürde

Und: „Nicht alle Fehler sind unwesentlich“, so die „NYT“. Viele Vorsitzende in den Bezirken hätten Probleme gehabt, den Regeln des Caucus zu folgen, andere hätten die neuen Anforderungen bei der Mitteilung der Ergebnisse, die 2016 eingeführt wurden, nicht umgesetzt. Die Partei in Iowa habe es darüber hinaus – trotz der Verzögerungen – nicht geschafft, die Ergebnisse vollständig zu verifizieren.

Die neuen Regeln wurden geschaffen, weil es schon im Präsidentschaftsrennen 2016 Kritik an den Ergebnissen des Caucus in Iowa gab – damals von Bernie Sanders’ Wahlkampagne. Die Resultate werden in drei Stufen aufgezeichnet – die „NYT“ bezeichnete diese Regeln als „komplex und umfangreich“.

Stolperstein Dateneingabe

In der ersten Stufe müssen Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Caucus einen Kandidaten unterstützen. Im nächsten Schritt werden die Kandidaten, denen keine Chance eingeräumt wird – solche mit weniger als 15 Prozent Unterstützung –, aussortiert. Im letzten Schritt können sich die Teilnehmer dieser aussortierten Kandidaten einem anderen Kandidaten zuordnen. Dadurch kann der Zuspruch für die aussichtsreichen Kandidaten theoretisch nur wachsen – laut „NYT“ gab es aber über zehn Fälle, bei denen dieser schrumpfte. Außerdem stieg in über 70 Bezirken die Beteiligung über die verschiedenen Stufen des Vorgangs – obwohl das eigentlich nicht möglich sein sollte.

Die „NYT“ mutmaßt nun, dass diese und andere Fehler zum Teil bei der manuellen Dateneingabe entstanden sein könnten. So könnten Ergebnisse in die falsche Spalte eingetragen worden sein, und das könnte zu den beobachteten Diskrepanzen geführt haben.

Für Diskussionen sorgte in den vergangenen Tagen bereits die App, die die Demokraten dieses Jahr erstmals einsetzten. Diese wurde von offizieller Seite als Grund für die Verzögerung genannt. Im Netz wurde über die von der Firma Shadow entwickelte Applikation diskutiert – das Netzkulturmagazin „Wired“ schrieb, dass die App eigentlich nur eine Aufgabe hatte, nämlich die Ergebnisse zu übermitteln. Dass sie dabei versagte, sei ein katastrophaler Fehler.

Demokraten-Chef forderte Neuauszählung

Zweifel am Ergebnis gibt es wohl immer noch: Kurz vor Bekanntgabe der Zahlen am Donnerstag forderte Tom Perez, Parteivorsitzender der Demokraten, eine Prüfung der Resultate. „Genug ist genug“, schrieb Perez auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Um das „Vertrauen der Öffentlichkeit“ in das Ergebnis sicherzustellen, müsse „unverzüglich“ mit einer erneuten Überprüfung begonnen werden.

Noch kein Ende in Sicht

Am Freitag meldeten sich nun die zwei bestplatzierten Kandidaten zu Wort – und reklamierten den Sieg bei den Vorwahlen für sich. Sanders sieht einen „sehr starken Sieg“ seiner Kampagne. Er bezieht sich auf die absoluten Wählerstimmen, von denen er nach eigenen Angaben Tausende mehr bekommen hat als Buttigieg. Buttigieg wiederum bezieht sich auf das von den Demokraten offiziell bekanntgegebene Ergebnis, das auf der Delegiertenzahl basiert.

Klaren Sieger gibt es also keinen – offenbar aber einen klaren Verlierer: Wurde die Vorwahl in Iowa früher als Gradmesser für den restlichen Wahlkampf gesehen, ist das Image nun angekratzt, zumindest aufseiten der Demokraten. Damit sind nun alle Augen auf New Hampshire gerichtet – dort werden bereits am Dienstag Vorwahlen abgehalten.