Jourova warnt vor „Zerstörung“ von Polens Justiz

Angesichts der jüngsten Justizreform in Polen sieht die EU-Kommission den Rechtsstaat des Landes am Scheideweg und warnt in ungewöhnlich scharfem Ton. „Die sogenannte Reform in Polen ist jetzt an einem ganz gefährlichen Moment angekommen, weil sie unumkehrbar zu werden droht“, sagte die zuständige EU-Kommissarin Vera Jourova dem deutschen Nachrichtenmagazin „Spiegel“.

„Das ist keine Reform, das ist eine Zerstörung“, sagte die für Werte und Transparenz zuständige EU-Kommissarin. Es handle sich nicht um gezielte Eingriffe gegen „einzelne schwarze Schafe“, sondern um ein „Flächenbombardement“. Das neue Justizsystem eröffne große Möglichkeiten zur Disziplinierung von Richtern und gefährde daher ihre Unabhängigkeit.

Laufendes Artikel-7-Verfahren

Die nationalkonservative Regierung in Warschau baut das Justizwesen des Landes seit Jahren um. Am Dienstag unterschrieb Präsident Andrzej Duda trotz internationaler Kritik ein Gesetz zur Disziplinierung von Richtern. Es sieht vor, dass Richter mit Geldstrafen, Herabstufung oder Entlassung rechnen müssen, wenn sie die Entscheidungskompetenz oder Legalität eines anderen Richters, einer Kammer oder eines Gerichts infrage stellen. Auch dürfen sie sich nicht politisch betätigen.

Die Beziehungen zwischen der EU-Kommission und Warschau sind seit Langem angespannt. Bei anderen Teilen der Justizreform schritt die Brüsseler Behörde bereits ein und zog mehrfach vor den Europäischen Gerichtshof. Außerdem leitete die EU-Kommission 2017 ein Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge gegen Polen ein. Das Thema Rechtsstaatlichkeit in Polen steht am Dienstag auch auf der Tagesordnung im Straßburger EU-Parlamentsplenum.