Kein Aus für Erdgas: Parlament winkt Förderliste durch

Das EU-Parlament in Straßburg hat heute über einen Entschließungsantrag der Grünen abgestimmt, der darauf abgezielt hat, Erdgas nicht mehr auf die Liste der „Projekte von gemeinsamem Interesse“ (PCI) zu setzen und finanziell zu fördern.

Die Kernaufgabe der PCI-Liste ist es, Europas Energiesystem stärker zu vernetzen. Die EU-Kommission veröffentlicht alle zwei Jahre eine neue Prioritätenliste, die das Europaparlament nur zur Gänze annehmen oder ablehnen kann. Auf der jetzigen vierten PCI-Liste finden sich 32 Gasprojekte.

Laut einer Studie des Forschungsinstituts Artelys, auf die sich die Grünen berufen, sind neue fossile Projekte nicht notwendig, um die Versorgungssicherheit Europas zu gewährleisten. Artelys berechnete, dass diese Investitionen der EU 29 Mrd. Euro kosten dürften.

Fracking als großer Kritikpunkt

443 Abgeordnete stimmten gegen eine Ablehnung der vierten PCI-Liste, 169 dafür, darunter Thomas Waitz von den österreichischen Grünen. „Das Europaparlament kann nicht den Klimanotstand in Europa ausrufen und dann im nächsten Moment grünes Licht für neue Gasprojekte zur Übernahme von US-Frackinggas geben“, so Waitz laut einer Aussendung.

Dabei kritisierte er die ÖVP, die gegen die Ablehnung der Liste gestimmt hatte. „Da fragt man sich schon, ob die ÖVP-Europaabgeordneten das Regierungsprogramm verstanden haben“, so Waitz. Fracking ist besonders in den USA als Methode der Erdgasgewinnung beliebt, wenn auch umstritten, da die Methode Boden und Grundwasser verseuchen und Erdbeben verursachen kann.

„Die durchgewunkene PCI-Liste konterkariert das Pariser Klimaabkommen und versenkt Milliarden an europäischem Steuergeld mit der Finanzierung von Erdgasleitungen, Frackinggas-Terminals, statt es in den Ausbau von erneuerbaren Energien und dem Green Deal zu investieren“, fuhr Waitz enttäuscht fort. Neben den Grünen sprachen sich NEOS und die SPÖ gegen die Förderliste aus.

ÖVP und FPÖ für Liste

ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas verteidigte gestern gegenüber ORF.at die vierte PCI-Liste, wie sie von der EU-Kommission vorgeschlagen wurde. „Die neue Liste der prioritären Energieprojekte ist ein wichtiger Schritt in Richtung eines funktionierenden Energiebinnenmarkts für eine sichere, saubere, leistbare Energieversorgung und Energiewende“, so Karas.

Im „Green Deal“ sehe er Gas als „Brückentechnologie auf dem Weg zur CO2-Neutralität“. Zudem würden sich auf der jetzigen PCI-Liste um 30 Prozent weniger Gasprojekte finden als auf der vorherigen, was die ÖVP positiv werte.

Auch die FPÖ-Abgeordneten lehnten den Antrag ab. Die FPÖ hob gegenüber ORF.at als Grund die „Diversifikation der Gasversorgungsrouten“ hervor, „um Europa nicht vom russischen Gas abhängig zu machen“. „Verglichen mit Kohle und Erdöl ist Erdgas eine umweltfreundliche Variante der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen“, lautete die FPÖ-Stellungnahme.