Pkw-Maut: Deutschland klagt Kapsch und CTS Eventim

Im Streit über finanzielle Forderungen wegen der geplatzten Pkw-Maut greift Deutschland zu zusätzlichen rechtlichen Mitteln. Zur Einleitung eines Schiedsverfahrens wurde gegen die inzwischen gekündigten Betreiber des Mautsystems Schiedsklage eingereicht, wie das Verkehrsministerium heute in Berlin mitteilte.

Damit wolle man feststellen lassen, dass den Betreibern „keinerlei Erstattungs- und Entschädigungsforderungen gegenüber dem Bund zustehen“.

Zunächst waren Versuche einer internen Streitbeilegung mit den Firmen Kapsch und CTS Eventim gescheitert, die 560 Millionen Euro fordern. Zuerst berichteten die Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstag-Ausgaben) darüber.

Kapsch kassiert Gewinnprognose

Nach einem drastischen Gewinneinbruch in den ersten neun Monaten kassierte der börsennotierte Mautsystemekonzern Kapsch TrafficCom erst gestern die Gewinnprognose für das Gesamtjahr 2019/2020. Auf der Bilanz lasten auf EBIT-Ebene Einmaleffekte in Zusammenhang mit der Kündigung der deutschen Mautverträge und mit dem Mautprojekt in Tschechien.

In einer Pflichtmitteilung gab das Unternehmen bekannt, dass das Betriebsergebnis (EBIT) in den ersten drei Quartalen 2019/20 um rund 77 Prozent auf 7,7 Mio. Euro zurückgegangen sei. Darin waren negative Einmaleffekte von rund 10,6 Mio. Euro enthalten.

Forderungen der Firmen zurückgewiesen

Deutschland hatte die Verträge zur Erhebung und Kontrolle der Pkw-Maut 2018 geschlossen, bevor endgültige Rechtssicherheit bestand. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kippte die Maut Mitte Juni 2019, direkt nach dem Urteil kündigte der Bund die Verträge. Der Bund weist die Forderungen der Firmen zurück und macht außerdem Vertragsstrafen unter anderem wegen nicht erfüllter Leistungen geltend.

Im Maut-Untersuchungsausschuss des deutschen Bundestages wird heute der ehemalige Verkehrsministers Peter Ramsauer (CSU) als Zeuge vernommen. Die Opposition erhofft sich einen Beitrag zur Aufklärung des Debakels um die Pkw-Maut. Ramsauer habe zu seiner Zeit als Verkehrsminister (2009 bis 2013) Mautpläne in der Schublade gehabt, allerdings eine „Maut für alle ohne Diskriminierung“, sagte der FDP-Verkehrspolitiker Oliver Luksic.

Ramsauer im U-Ausschuss

Der jetzige Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) war unter Ramsauer Staatssekretär. Ramsauer nahm heute seinen Nachfolger in Schutz. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und der damalige CSU-Chef Horst Seehofer hätten bei den Koalitionsverhandlungen 2013 mit der SPD „sehenden Auges“ eine „europarechtliche Unmöglichkeit“ in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt. „Meine Amtsnachfolger mussten mit dieser Hypothek umgehen, und der Rest ist bekannt“, sagte Ramsauer auf die später geplatzte Pkw-Maut gemünzt.

Die Opposition wirft Scheuer schwere Fehler vor. Laut Angaben der FDP wurden sichergestellte Daten aus Scheuers Diensthandy dem U-Ausschuss zur Verfügung gestellt.