Ungarns Premierminister Viktor Orban
Reuters/Tamas Kaszas
Millionen für Medien

Orban will Einfluss im Ausland ausweiten

In Ungarn hat Ministerpräsident Viktor Orban nahezu alle Medien bereits auf seiner Linie. Über 400 regierungsfreundliche Medienunternehmen stehen dort unter dem Dach einer einzigen Stiftung. Nun wurde bekannt, dass Orban über ihm nahestehende Medienunternehmer seinen Einfluss auch über die Grenzen Ungarns ausweiten möchte.

Allein seit August 2018 sollen aus Ungarn mindestens vier Millionen Euro nach Slowenien geflossen sein und von dort 2,5 Millionen Euro nach Nordmazedonien. Das berichtete das slowenische Nachrichtenportal Necenzurirano.si. Mit diesem Geld wurden offenbar Medien gekauft bzw. finanziert. Laut den Recherchen lässt sich die Millionensumme zu drei regierungsnahen Unternehmen in Ungarn zurückverfolgen.

Im Zentrum stehen die ungarischen Unternehmer Peter Schatz und Agnes Adamik. Beide waren Führungskräfte beim ungarischen Fernsehen MTV. Schatz gehört zudem die regierungsnahe ungarische Boulevardzeitung „Ripost“. Nun beherrschen sie auch slowenische Medienunternehmen, die der konservativen Oppositionspartei SDS des ehemaligen slowenischen Ministerpräsidenten Janez Jansa nahestehen. Jansa gilt als enger politischer Verbündeter Orbans.

Ehemaliger slowenischen Ministerpräsidenten Janez Jansa
APA/AFP/Jure Makovec
Jansa gilt als Verbündeter Orbans. Seiner Partei nahestehende Medien profitieren von den Geldern aus Ungarn.

Orban-Berater als Drahtzieher

Schatz und Adamik sind slowenischen Medienberichten zufolge aber nur „Marionetten“. Eigentlich soll Orbans Berater Arpad Habony die Fäden im Hintergrund ziehen. Habony hatte erst im vergangenen Jahr in London die Nachrichtenagentur V4NA gegründet, die in die Geldtransaktionen verwickelt sein soll. Das Geld soll laut Necenzurirano.si von Schatz’ „Ripost“ sowie von der Bau- und Ingenieurfirma Belfry überwiesen worden sein.

Habony blieb viele Jahre im Hintergrund, avancierte aber zu Orbans wichtigstem Berater, der den langjährigen Ministerpräsidenten darin unterstützte, ein ihm loyales Mediennetzwerk aufzuziehen. Der frühere Kunststudent gelte auch als inoffizieller „Spin-Doktor“, der die Fake-News-Kampagne gegen Flüchtlinge und liberale Eliten entwickelt habe, schrieb Buzzfeed 2018 über den „Steve Bannon von Ungarn“.

Ermittlungen gegen SDS-nahe Medien

Etwa 1,5 Millionen Euro sollen in das SDS-Parteiblatt „Demokracija“, die Boulevardzeitung „Skandal24“ und in den Fernsehsender Nova24TV geflossen sein. Allein für den Fernsehsender dürfte das Geld aus Ungarn eine der wichtigsten Einnahmequellen gewesen sein. Neben den Ungarn hält hier auch die SDS Anteile. Einige Parteimitglieder sitzen im Verwaltungsrat des Fernsehsenders. Die Berichterstattung dieser Medien konzentriert sich meist auf Gefahren durch Flüchtlinge. Auch gegen Homosexuelle, Kommunisten, den US-Milliardär George Soros und der SDS kritisch gegenüberstehende Journalisten und Journalistinnen wendet sich die Linie dieser Medien.

In Slowenien schlägt der ungarische Einfluss auf die Medien und Hilfe für die SDS große Wellen. Der Partei wird wegen der medialen Verbindungen zu Ungarn eine Verletzung der strengen Regeln zur Wahlkampffinanzierung vorgeworfen. Die Oppositionspartei stritt das stets ab. Erst diese Woche wurde aber bekannt, dass eine Sonderpolizeieinheit zur Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität die Finanzierung von SDS-nahen Medien untersucht. Vonseiten der Polizei gab es dazu keinen Kommentar.

Lobbyieren in Nordmazedonien

In Nordmazedonien ging das Geld vor allem an Medien um die größte Oppositionspartei, die nationalistisch-konservative VMRO-DPMNE. Laut Necenzurirano.si sollte diese politisch-mediale Operation den NATO-Beitritt Nordmazedoniens verhindern.

Orban widersetzte sich offen den Lösungsversuchen im langjährigen mazedonisch-griechischen Namensstreit, der den Beitritt zur NATO behinderte. Er lobte auch die Bemühungen der verbündeten VMRO-DPMNE, die Lösung zu blockieren. Erfolg hatte Orban damit nicht. Nordmazedonien unterzeichnete inzwischen – nach Lösung des Namensstreits – ein NATO-Beitrittsprotokoll.

Gericht in Ungarn urteilt gegen Orban

In Ungarn urteilte erst kürzlich das Budapester Stadtgericht, dass die heftig kritisierte Zusammenfassung von 476 regierungsfreundlichen Medienunternehmen unter dem Dach einer einzigen Stiftung vor einem Jahr nicht im Einklang mit dem geltenden Recht stehe. Laut dem Urteil nahm das ungarische Wettbewerbsamt keine substanzielle Überprüfung vor, ob die Fusion mit dem Kartellrecht vereinbar ist. Die Zusammenlegung sei einfach per Bescheid genehmigt worden.

Im November 2018 hatten mehrere von Orban abhängige Oligarchen ihre Medienunternehmen an einem einzigen Tag der neu gegründeten Mitteleuropäischen Presse- und Medienstiftung (KESMA) per Schenkung überlassen. Führung und Beiräte der Stiftung sind mit Personen besetzt, die Orban äußerst loyal sind. Die Stiftung gebietet über ein Imperium von Fernsehsendern, Zeitungen und Nachrichtenportalen. Die Inhalte werden zumeist zentral vorgegeben und sind stets im Einklang mit der Regierungslinie. Gegen das Urteil kann vor dem Obersten Gerichtshof Berufung eingelegt werden.